Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod meiner Schwester

Der Tod meiner Schwester

Titel: Der Tod meiner Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Chamberlain
Vom Netzwerk:
Abenteuer erlebt für diesen Tag.
    Wir waren nicht nur die einzigen Angler am Fluss, sondern fanden auch ein nettes Fleckchen ziemlich dicht am Kanal außerhalb des Verkehrs. Ich stoppte den Motor, und George warf den Anker über Bord, als ob er aus Papier wäre.
    Wanda nahm einen Killi aus meinem Eimer und befestigte ihn an ihrem Haken. “Ist das ein Nancy-Drew-Buch?” Sie deutete mit einer Kopfbewegung auf
Das Geheimnis des Bungalows
, das nun in einer Wasserlache am Boden des Bootes lag.
    “Ja.” Ich hob es auf und legte es auf meine Knie. “Ich weiß nicht, ob man noch drin lesen kann”, befürchtete ich. Ich fühlte mich furchtbar. Grandpop hatte mir das Buch letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt.
    Wir warfen unsere Leinen ins Wasser, und dann fand ich das Fläschchen mit Sonnencreme, das unter meinem Sitz schwamm. George zog sein T-Shirt aus, und er sah so gut aus, dass mir ein paar unreine Gedanken an
ihn
kamen. Ich fragte mich, was mit mir los war, dass sogar ein farbiger Junge solche Gefühle in mir hervorrufen konnte.
    “Kann ich etwas davon haben?”, bat er und deutete auf die Sonnencreme.
    Ich muss sehr überrascht geguckt haben.
    “Was?”, fragte er irritiert. “Glaubst du, schwarze Menschen brauchen keine Sonnencreme?”
    Er zog seine Shorts ein Stück herunter, und ich konnte den Unterschied in der Hautfarbe sehen.
    Wanda schlug ihm gegen die Schulter. “Wir wollen deine hässlichen Unterhosen nicht sehen”, maulte sie.
    Lachend gab ich George die Flasche. Er nahm ein bisschen und gab die Creme dann an Wanda weiter. Danach warf er zu meiner Überraschung sein T-Shirt in die Wasserlache im Boot. Er wartete, bis es sich vollgesogen hatte, wrang es draußen aus und warf es wieder hinein. Ich war ihm dankbar. Ich hätte nicht gewusst, wie ich meinem Großvater das Wasser im Boot hätte erklären sollen.
    Ich öffnete das Buch auf meinem Schoß, doch die Seiten klebten zusammen und wellten sich schon von der Feuchtigkeit. Es war ruiniert.
    “Wenn du es trocknest, bekommst du die Seiten vielleicht wieder auseinander”, hoffte Wanda. Ich merkte, wie leid es ihr tat. Ich mochte sie inzwischen sehr. Sie war eher still, außer wenn sie sich mit ihrem Bruder neckte, und obwohl sie mir nichts aus ihrem Leben erzählt hatte, wusste ich, dass sie es wohl nicht leicht gehabt hatte. Als ich mich eines Tages darüber beklagte, dass mein Vater mich von ihrer Kanalseite fortgeholt hatte, sagte sie nur: “Zumindest hast du einen Vater”, was mich zum Nachdenken brachte. Ich war froh, dass wenigstens Salena sich um die beiden kümmerte.
    Wer auch immer George gesagt hatte, dass die Fische am Fluss besser bissen, hatte recht gehabt. Wir fingen Barsche und Flundern und ein paar dicke Snapper, zogen einen Fisch nach dem anderen aus dem Wasser. Ich fragte mich, wie ich diesen wundersamen Fang meiner Mutter erklären sollte, ohne zu gestehen, wo ich gewesen war. Ich wollte Wanda und George die meisten meiner Fische mitgeben und nur ein paar Flundern für mich behalten.
    “Kann ich mal das Fernglas haben?”, fragte George, nachdem wir eine Zeit lang geangelt hatten.
    Ich nahm es ab und gab es ihm. Er setzte es an die Augen und erkundete die Umgebung, wobei er seine Angel zwischen den Knien hielt.
    Ich brachte gerade einen neuen Köder an, als ich nur wenige Zentimeter vom Boot entfernt etwas Blasses im Wasser schwimmen sah. Ich reichte meine Angel Wanda und fischte mit dem Netz nach dem Gegenstand.
    “Was ist das?”, fragte Wanda, als ich das Netz mit dem Gegenstand aus dem Wasser zog.
    “Eine Puppe, glaube ich.”
    Es war tatsächlich eine Puppe, eine Baby-Puppe, die nicht größer war als mein Finger. Sie war nackt und aus Plastik, mit aufgemaltem braunen Haar und blauen Augen. Ich nahm sie aus dem Netz und säuberte sie von dem Seetang.
    “Was willst du mit dem schäbigen alten Ding machen?”, wollte Wanda wissen.
    Ich zuckte die Achseln. “Ich mag es nicht, wenn Abfall im Wasser liegt.” Selbst Wanda wusste nichts von der Nancy-Drew-Büchse.
    Niemand von uns hatte eine Uhr, doch als die Sonne den Zenit überschritten hatte, fand ich, dass wir nun besser aufbrechen sollten. George holte den Anker ein, und ich zog an der Schnur, um den Motor zu starten. Er spuckte etwas und war dann still. Ich zog noch einmal, und er machte ein zischendes Geräusch. Ich zog immer weiter, wobei das Boot hin und her schwankte, und stellte mir alle möglichen albtraumhaften Szenarien vor – wie wir von der Wasserpolizei

Weitere Kostenlose Bücher