Der Tod soll auf euch kommen
Mis.« Gormán zeigte mit dem Daumen hinter sich. »Die Bergspitzen dort sind nach dem höchsten Berg benannt, dem Sliabh Mis – dem Berg von Mis. Dein Sohn befindet sich in diesem Gebirge.«
Eadulf blieb stehen und sah sich um. Seine Augen blickten auf die Gipfel hinter sich, von denen einige bestimmt tausend Meter hoch waren.
»Irgendwo dort, irgendwo in diesen Bergen ist Alchú«, flüsterte er. »Aber wo? Wie sollen wir einen einzelnen Schäfer in solch einem Gebiet nur finden?«
»Es scheint einen Weg zu geben«, verkündete Gormán. »Hinter uns Richtung Norden befindet sich ein Tal, dessen Zugang durch einen alten, aufrecht stehenden Stein markiert wird. Wir folgen dem Fluß in diesem Tal so lange, bis wir an einer Furt einen weiteren Stein finden, auf dem eine Inschrift in der alten Sprache Ogham steht. Man hat mir gesagt, daß ich dort auf einen alten Mann namens Ganicca treffen kann. Angeblich kennt er die Berge sehr gut. Wir werden ihn fragen.«
Eadulf jauchzte vor Freude. Dann erklärte er dem Arzt, was Gormán erzählt hatte.
»Wohin wirst du reisen, wenn wir von hier aufbrechen?« fragte er ihn dann.
Basil Nestorios dachte eine Weile nach.
»Ohne Bruder Tanaide habe ich niemanden, der mich führt. Mit deiner Erlaubnis, Freund, werde ich bei dir und diesem Krieger bleiben und bei der Suche nach deinem Kind behilfich sein. Später begleite ich euch zurück in eure Hauptstadt Cashel. Dann werde ich sehen, was sich noch ergibt.«
Eadulf klopfte ihm auf die Schulter.
»Es ist gut, daß du bei uns bleibst.«
Sie waren am Tor des Turmes angelangt. Es stand immer noch offen. Davor lagen die Leichen der beiden Krieger von Uaman. Gormán schaute sich um.
»Die würde ich den Bewohnern der Siedlung überlassen, Bruder«, sagte er, als er sah, daß Eadulf sie wegziehen wollte. »Machen wir lieber das, was Vorrang hat.«
»Ich werde in die Räume des Bösen gehen und meine Kiste holen«, sagte der Arzt darauf.
»Und ich gehe mit Gormán zu deiner Zelle. Wir treffen uns später am Stall.« Eadulf zeigte auf die Holzhütte an der Seite des Hofes. Basil Nestorios stimmte zu und verschwand. Eadulf führte Gormán durch den schmalen Gang bis zur Zellentür. Er klopfte an.
»Hörst du mich?« rief er.
Eine gedämpfte Stimme antwortete überrascht. »Ja. Laß mich raus.«
»Das machen wir auch. Aber Widerstand ist zwecklos. Dein Herr ist tot. Verstehst du? Uaman ist tot. Deine Kameraden sind alle tot. Willst du am Leben bleiben?«
Nun herrschte Schweigen.
»Hast du gehört?«
»Ich habe gehört«, sagte die Stimme.
»Die Leute aus der Bergsiedlung werden bald hier sein. Sie wollen diesen Hort des Bösen zerstören. Wir lassen dich frei, geben dir ein Pferd, der Rest ist deine Sache. Hast du verstanden?«
»Ja.«
Eadulf sah Gormán an, der mit gezücktem Schwert bereitstand. Dann zog er die Riegel zurück und stieß die Tür auf.
Einen Moment später trat Uamans Krieger unbewaffnet heraus. Er wirkte erschöpft und müde.
»Folge uns zum Stall, und unternimm nichts, es ist aussichtslos«, sagte Eadulf zu ihm.
»Du hast mein Wort«, knurrte der Mann.
Sie waren zuerst am Stall. Dort standen acht Pferde.
»Nimm dir das Pferd, das dir gehört, und mach dich aus dem Staub, ehe die Leute hier sind.«
Der Krieger sattelte schweigend sein Pferd und führte es in den Hof hinaus. Er zögerte einen Moment, dann sagte er zu Eadulf: »Vielen Dank, Bruder.«
»Danke mir besser, indem du mir etwas über meinen Sohn verrätst, den dein Herr irgendwo hingebracht hat«, erwiderte Eadulf, der gar nicht damit rechnete, etwas Wertvolles zu erfahren. Der Krieger verzog das Gesicht.
»Ich war nicht mit Uaman unterwegs, als das geschah. Ich habe nur gehört, daß er vor ungefähr einer Woche einem Kräutersammler ein Kind abgekauft und es dann selbst ins Gebirge gebracht hat. Am nächsten Tag kehrte er ohne das Baby zurück. Ich habe ihn nicht gefragt, was er damit gemacht hat. Niemand hat sich jemals getraut, Uaman Fragen zu stellen. Darf ich nun gehen, Bruder?«
Eadulf winkte ihn fort. »Wenn du jetzt wegreitest, so denke daran, daß du dein Leben der Gnade der Eóghanacht verdankst, denen du dankbar und ergeben sein solltest.«
Der Krieger schwang sich auf sein Pferd, hob die Hand und ritt schnell durch das Tor und über den Dünenweg davon.
Kurz darauf kehrte Basil Nestorios mit großen merkwürdig gemusterten Satteltaschen zurück. In einer der Taschen befand sich die Kiste mit den Arzneien. Der Arzt
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