Der Tod soll auf euch kommen
wird es kalt. Wo werdet ihr übernachten? In der Dunkelheit werdet ihr kaum weiter durchs Gebirge reiten können.«
»Wir wollten ein Gasthaus oder eine Herberge aufsuchen. Gibt es eine in der Nähe?«
Ganicca schüttelte den Kopf. »Wir leben hier ganz abgeschieden. Es gibt keinen Grund, eine Herberge für Reisende zu betreiben, denn niemand kommt hier durch diese Berge, zumindest solange unser jetziger Herr hier herrscht.«
Ein bitteres Lächeln trat auf Eadulfs Lippen. »Meinst du Uaman?«
Der Alte sah ihn an. »Diesen Namen nimmt keiner gern in den Mund.«
»Mach dir keine Gedanken. Uaman, der Leprakranke, hat letzte Nacht das Zeitliche gesegnet. Als wir heute morgen von seiner Festung aufbrachen, stand sie in Flammen. Uaman wird nicht länger die Pässe dieses Gebirges unsicher machen.«
Der Alte starrte ihn lange und durchdringend an.
»Ich glaube, du sagst die Wahrheit, Eadulf. Nie hätte ich gedacht, so etwas zu hören, bevor ich in die andere Welt gehe. Du mußt mir alles darüber berichten. An meiner Hütte befindet sich ein kleiner Stall, wo ihr eure Pferde unterbringen könnt. Gleich daneben in der Scheune ist Heu für die Tiere. Im Topf kocht eine gute Suppe, ihr könnt es euch heute nacht in meiner Behausung bequem machen. Es ist alles sehr schlicht hier, aber es ist warm, und das ist allemal besser als draußen in der kalten Gebirgsluft.«
Gormán ging hinaus, um sich um die Pferde zu kümmern, während Eadulf dem Alten von ihrem eigentlichen Anliegen berichtete.
»Ich dachte mir schon, daß du mich nicht allein wegen Uamans Tod aufgesucht hast.« Ganicca lachte in sich hinein.
»Uaman hat mir und Fidelma unsägliches Leid zugefügt,vielleicht kannst du uns helfen, unser verschwundenes Kind wiederzufinden.«
Nachdem Eadulf ihm alles erklärt hatte, rieb sich Ganicca nachdenklich das Kinn.
»Dieser Paß führt durchs Gebirge«, sagte er. »Unser Dorf liegt abseits, aber ab und zu kommen Bergbewohner hier entlang, wenn von den Wanderpriestern Eheschließungen vorgenommen und die Kinder gesegnet werden oder Totenfeiern stattfinden. Solange Uaman Herrscher über diese Gegend war, wollte sich bei uns kein Priester ansiedeln. Von jenen Bergbewohnern weiß ich, was selbst an Orten hoch oben in den dunklen Bergspitzen passiert, die kaum einer von uns zu betreten wagt.«
»Gibt es in der Nachbarschaft einen Schäfer?«
Ganicca lachte, aber es klang nicht besonders fröhlich.
»Mein Freund, in dieser Gegend hier gibt es allein sechs Schäfer.« Er bemerkte Eadulfs Enttäuschung und berührte ihn leicht am Arm. »Kopf hoch. Die meisten von ihnen sind verheiratet und mit Kindern gesegnet. Etliche leben allein, zurückgezogen und einsam. Ich hörte allerdings von einem Schäferpaar, das schon lange verheiratet ist, aber bisher kinderlos blieb. Die Frau hatte vor knapp einem Monat eine Totgeburt und war ganz verzweifelt. Man sagte, daß sie und ihr Mann ihre Seelen verkaufen würden, um das Kind wieder zum Leben zu erwecken. Vielleicht solltest du diese Leute aufsuchen. Es ist gut möglich, daß Uaman sie ausgewählt hat. In ihrer Verzweiflung hätten sie ihn sicher nicht gefragt, woher das Kind stammt.«
»Wo leben dieser Schäfer und seine Frau?« fragte Eadulf aufgeregt.
»Flußaufwärts bis zum Ende des Tals, wo das Wasser dieBerghänge herunterstürzt. Auf dem Berg nördlich befindet sich eine Reihe von alten Gräbern, so alt, daß sich niemand mehr erinnern kann, aus welchen Zeiten sie stammen. Südlich steigen die Berge steil an. Ihr müßt östlich über die Berge. Ein Paß führt euch in ein weiteres Tal, das von verschiedenen Bächen und Flüssen durchzogen wird. Auch der breite Strom An Fhionnglaise windet sich dort entlang. Weiter ostwärts werdet ihr auf einer Anhöhe auf zwei Behausungen stoßen. Dieser Ort heißt Gabhlán. Dort fragt ihr nach Nessán dem Schäfer und seiner Frau Muirgen.«
»Und wenn das Baby dort nicht ist?« wollte Eadulf wissen, der immer ein wenig pessimistisch dachte.
»Dann, mein Freund, dann bin ich überfragt«, erwiderte der Alte. »Doch nun berichte mir … Berichte mir alles ganz genau … Wie ist Uaman zu Tode gekommen? Das ist eine Geschichte, die man sich immer wieder und wieder in den Bergen erzählen wird, selbst noch zu einer Zeit, wenn das Kind, das du suchst, schon Kinder und Enkel hat.«
Der Abend verstrich in freundlicher Runde, und gegen Morgengrauen ritt die kleine Gruppe das Gebirgstal weiter hinauf.
Wäre der Weg gerade verlaufen, wäre er
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