Der Tod soll auf euch kommen
bewußt in die Irre führen sollte, um die wahre Herkunft der Nachricht zu verschleiern.
»Warum sollte man das tun?« Finguine schien der Gedanke zu erheitern. »Die Herkunft ist doch klar: es ist eineNachricht im Auftrag der Uí Fidgente. Da läßt sich nichts verschleiern.«
Fidelma legte die Birkenrinde auf den Tisch zurück und blickte in die Runde. »Welchen Beweis haben wir dafür, daß diese Nachricht echt ist?« fragte sie ruhig.
Alle sahen sie überrascht an.
»Du bezweifelst, daß sie echt ist?« fragte Colgú erstaunt.
»Es ist kein Geheimnis, daß mein Kind entführt wurde«, erwiderte Fidelma. »Warum hat man die Forderung erst nach einer Woche gestellt? Es könnte gut sein, daß da jemand nur die Umstände zu seinen Gunsten ausnutzen will.«
Finguine schüttelte den Kopf.
»Würde es um Lösegeld gehen, dann müßte man über so etwas nachdenken. Aber es geht hier um eine politische Forderung. Warum sollte jemand die Freilassung der Fürsten verlangen, wenn er Alchú nicht hätte?«
»Es wäre gefährlich, diese Botschaft für nicht echt zu halten und abzutun«, meldete sich Capa zu Wort. »Das Leben des Kindes steht auf dem Spiel.«
»Ich bin die Mutter des betroffenen Kindes«, fuhr Fidelma wütend dazwischen. Die Andeutung, daß sie sich nicht um Alchú sorgte, brachte sie sehr auf. Entschlossen fügte sie hinzu: »Wir müssen logisch vorgehen.« Bei dem Wort ›lo gisch ‹ durchzuckte sie erneut ihr Schuldgefühl, doch sie sprach weiter und nahm die Birkenrinde wieder in die Hand. »Man verlangt von uns, daß wir drei Stammesfürsten der Uí Fidgente freilassen … Und zwar vor Ablauf zweier Tage …«
»Und dann sollen die drei genügend Zeit haben, über die Grenze in das Gebiet der Dál gCais zu gelangen, und erst danach wird Alchú freigegeben werden, nicht eher«, ergänzte Colgú.
»Das ist eigenartig«, bemerkte Eadulf nachdenklich. »Ich schließe mich eher Fidelmas Meinung an, daß wir erst einen Beweis für das Wohlergehen des Kindes haben müssen. Wenn wir jemandem zutrauen, die günstige Gelegenheit auszunutzen, um ein Lösegeld einzustreichen, so müssen wir ihm auch zutrauen, sie für das Durchsetzen einer politischen Forderung auszunutzen. Macht und Geld sind sich als Motiv nicht so unähnlich.«
Fidelma sah anerkennend zu ihm hin.
»Es ist auch riskant zu hoffen, die Uí Fidgente würden sich wirklich an ihren Teil der Abmachung halten«, sagte sie.
»Diesbezüglich stimme ich dir zu«, meinte nun Finguine.
»Meiner Ansicht nach sollten diejenigen, die uns die Nachricht geschickt haben, wer immer sie auch sein mögen, einen Beweis dafür erbringen, daß Alchú wirklich bei ihnen ist, ehe wir ihnen die Stammesfürsten ausliefern.«
Alle Blicke waren nun auf Eadulf gerichtet, der das ruhig und bedacht geäußert hatte.
»Komm schon, wir reden hier über deinen Sohn«, mahnte ihn Capa, dessen hübsches Gesicht rot wurde. »Wir sollten alle Anstrengungen unternehmen, um ihn zu befreien und nach Cashel zurückzubringen.«
Eadulf drehte sich um und sah Capa direkt in die Augen. Langsam und leise sagte er: »Glaubst du etwa, daß mir nicht klar ist, daß es hier um meinen Sohn geht? Ich hoffe, daß alle im Raum Versammelten darin übereinstimmen, daß ich um sein Wohlergehen genauso besorgt bin wie alle anderen.« Fidelma errötete leicht, alle schwiegen betreten. Sie hatte gerade darlegen wollen, daß Eadulf vom Standpunkt des Gesetzes her unrecht hatte. Unter normalen Umständen waren beide Eltern für das Wohlergehen und das Aufziehen eines Kindesverantwortlich. War der Vater ein Ausländer, also nicht dem Volk der Mutter angehörig, so lag die Verantwortung für das Aufwachsen des Kindes ganz bei der Mutter. Doch jetzt kam es auf solche Dinge nicht an. Eadulf sprach weiter: »Wie Fidelma schon sagte, die Nachricht ist kein Beweis dafür, daß der Verfasser wirklich im Besitz des Kindes ist, auch gibt er keine weiteren Garantien für seine Freilassung. Das ist ziemlich eigenartig für so einen Austausch. Ehe wir etwas unternehmen, sollten wir mehr wissen.«
»Du würdest also das Leben deines Sohnes gefährden?« fragte Capa ganz entgeistert. Die anderen murmelten zustimmend. Fidelma hob eine Hand und verlangte Ruhe.
»Eadulf hat völlig recht«, sagte sie mit fester Stimme. »Da taucht auf einmal aus dem Nichts eine Botschaft mit Forderungen auf. Erpresserischen Forderungen, die möglicherweise dieses Königreich in Gefahr bringen, denn jene Fürsten der Uí
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