Der Tod trägt dein Gesicht
soll. Ich bin sicher, dass er sein Einverständnis gibt. Bisher war er sehr kooperativ und entgegenkommend, uns dabei zu helfen, den Mord an seiner Tochter aufzuklären.”
Dr. Adams zögerte und betrachtete dabei Caseys entschlossenen Gesichtsausdruck. “Sehr schön.” Er griff hinter sich und drückte einen Knopf auf der Gegensprechanlage. “Jolie, bitte hol mir den Vater von Becky Belcamp ans Telefon. Danke.”
Innerhalb von Sekunden klingelte sein Telefon. Ohne sich von seinem Fleck auf dem Schreibtischrand zu bewegen, griff Dr. Adams hinter sich zum Telefon und nahm den Hörer beim ersten Klingeln ab. “Hallo Mr. Belcamp. Hier ist Dr. Adams. Zuerst lassen Sie mich sagen, wie leid es mir tut zu hören, was Becky geschehen ist. Deswegen rufe ich auch an. Hier sitzen gerade zwei Detectives in meinem Büro und …”
Das Telefonat war kurz. Als der Arzt auflegte, sah er Casey an und lächelte. “Es sieht aus, als hätten Sie recht. Mr. Belcamp hat die Erlaubnis gegeben, Ihnen die Krankenakte von Becky Belcamp auszuhändigen. Er sagte, er vertraue Ihnen voll. Das sagt schon einiges. Ich habe den Mann kennengelernt. Er und seine Söhne hatten Becky an dem Morgen begleitet, als sie ihre Operation hatte. Sie sind ihr nicht von der Seite gewichen, bis sie wieder entlassen wurde. Ich habe noch nie eine Familie gesehen, die derart zusammenhält. Wie ich beobachten konnte, ist ihr Vater ein Raubein und lässt sich nicht leicht einnehmen, aber er verfügt über eine hervorragende Menschenkenntnis.”
Casey war es schon immer schwergefallen, Komplimente anzunehmen, die Tatsache, dass diese von einem gut aussehenden Arzt kamen, machte es nicht leichter. Schnell sah sie auf ihren Notizblock hinunter. “Können Sie uns sagen, wie spät es war, als Miss Belcamp Ihre Praxis gestern verließ?”
Als wüsste er genau, wie unangenehm es ihr war, lächelte Dr. Adams Casey an, bevor er antwortete. “Warten Sie. Mein letzter Termin ist um sechzehn Uhr dreißig. Also nehme ich an, dass es zwischen siebzehn Uhr und siebzehn Uhr dreißig gewesen sein muss. Sie können am Empfang fragen. Vielleicht kann Jolie Ihnen die genaue Uhrzeit nennen.”
“Und wo waren Sie heute Morgen gegen Sonnenaufgang?”
“Ich?” Dr. Adams lachte überrascht auf. “Werde ich verdächtigt, Detective?”
“Solange wir keine anderen Anhaltspunkte haben, ist jeder verdächtig.”
“Verstehe. Nun, heute Morgen zwischen vier Uhr dreißig und zehn hatte ich eine Notoperation. Ich habe mich bemüht, das Gesicht eines kleinen Jungen wieder zusammenzusetzen, der in einen Autounfall verwickelt war. Fragen Sie im St. Mary’s Hospital nach. Gestern Nacht waren dort mindestens ein Dutzend Menschen im Dienst, die das bezeugen können.”
“Gut, das werden wir tun.” Casey klappte ihren Notizblock zu und steckte ihn zurück in die Tasche ihres Blazers. So unbefangen wie möglich, schob sie ihren Stuhl zurück und stand auf. Aber immer noch befand sie sich für ihren Geschmack zu sehr in der Nähe des Arztes. Sie konnte tatsächlich die Wärme spüren, die von seinem Körper ausging, und ihr entging nicht der leichte Geruch nach Seife und Desinfektionsmittel … und nach etwas Männlichem.
Sie hätte erwartet, dass er aufgestanden und ihr Platz gemacht hätte oder zumindest zur Seite gerutscht wäre, um sie durchzulassen, aber Dr. Adams bewegte sich nicht von der Stelle. “Danke für Ihre Hilfe, Doktor. Hier ist meine Karte. Wenn Ihnen noch irgendetwas einfällt, rufen Sie mich an.”
Er nahm die Karte in die Hand und schaute drauf. “Ihr Vorname ist Casey. Das gefällt mir. Er passt zu Ihnen.”
“Danke.” Caseys Blick wanderte zu seinen Händen, deren schlanke gepflegte Finger die Karte in den Händen hielten. Seine Fingernägel waren sauber und kurz und, wie sie feststellte, gut manikürt. Obwohl seine Hände groß waren, waren sie sehr schön geformt und elegant – und dennoch sehr männlich. Auf dem Handrücken und auf den Fingergliedern wuchsen vereinzelte kleine seidige schwarze Härchen.
Aus unerfindlichen Gründen ließ nur der Anblick dieser Hände Casey erschauern, und sie spürte, dass ihr Brustkorb enger zu werden schien.
Verdammt noch mal, reiß dich zusammen, ermahnte sie sich, aber sie kam nicht dagegen an. Obwohl es keinen Sinn ergab, erschienen ihr diese großen fähigen Hände das Aufregendste zu sein, was sie jemals gesehen hatte.
“Ich rufe Jolie. Sie macht Ihnen eine Kopie von Miss Belcamps Akte”, bot der Arzt an.
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