Der Tod trägt dein Gesicht
“Sie können sie auf dem Weg nach draußen mitnehmen.”
“Danke sehr.”
Er sah ihr in die Augen und lächelte, als Casey um ihn herumging. “Wenn ich noch weiterhelfen kann, rufen Sie mich einfach an. Ich hoffe, wir sehen uns wieder, Detective.”
Auf dem Weg nach draußen sprachen weder Casey noch Dennis, aber sobald sich die Türen des Aufzuges hinter ihnen schlossen, ließ sie sich an die verspiegelte Wand des Lifts fallen und fächelte sich Luft zu. “Wow! Das ist vielleicht ein heißer Typ!”
Dennis lachte in sich hinein. “Ja, das ist sogar mir aufgefallen. Und augenscheinlich fand er dich auch nicht schlecht.”
“Was?
Ach komm!” Casey sah ihren Partner ungnädig an. “Mach dich nicht lächerlich.”
“Mache ich nicht. Hast du etwa nicht bemerkt, wie er mit dir geflirtet hat? Ich jedenfalls habe es bemerkt.”
“Er hat nicht mit mir geflirtet. Das ist absurd. Warum sollte ein Mann, der so großartig aussieht, mich auch nur ein zweites Mal anschauen?”
Wenn sie einen guten Tag hatte, fand Casey, dass sie irgendwie süß aussah. Das war das höchste der Gefühle. Sie hatte eine lange Mähne mit roten Locken, und obwohl sie helle Haut hatte, befanden sich genau sieben Sommersprossen auf ihrer Nase, die mit keinem Mittel der Welt wegzubekommen waren. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, hatte sie feine Gesichtszüge und große blaue Augen, die von langen Wimpern umrahmt waren und immer schrecklich unschuldig wirkten. Das hatte sich bisher auch nicht geändert, obwohl sie auf die dreißig zuging.
Ich denke über mein Aussehen nach, dachte Casey und seufzte. Sie wusste, dass sie zu streng mit sich war, aber es fiel ihr schwer, das nicht zu sein. Sie war mit ruppigen älteren Brüdern aufgewachsen, die sie immer geärgert hatten, wenn auch auf liebevolle Weise. So war Casey zu einer rauflustigen unabhängigen Erwachsenen geworden, die sich selbst aber nicht als eine attraktive und begehrenswerte Frau empfand.
Nicht nur hatte sie schon vor ihrer Pubertät ihre Größe von ein Meter siebzig erreicht, sondern sie war auch noch ein Spätentwickler. Brüste oder feminine Formen hatte sie erst mit achtzehn bekommen. Aber als wollte Mutter Natur ihre Versäumnisse wettmachen, hatte sie Casey mit einem großen Busen gesegnet, mit langen Beinen und einer Taille, die die meisten Männer mit den Händen umspannen konnten.
Sollte das allerdings jemand versuchen, würde sie ihn natürlich umhauen, und zwar bevor er sich umdrehen konnte.
Bis Casey erwachsen geworden war, waren Will, Brian, Ian und Aiden zur Polizei in Mears gegangen und von zu Hause ausgezogen. Wie es für große Brüder typisch war, hatte keiner von ihnen irgendwelche Veränderungen an ihrer kleinen Schwester wahrgenommen. Bis zum heutigen Tag nannten sie alle Casey bei ihrem Teenagerspitznamen, den sie bekommen hatte, als sie in die Höhe geschossen war: “Stretch”.
Sie liebte ihre Brüder viel zu sehr, um sich darüber zu beschweren, wenn sie aber die Wahl hatte, wurde sie am liebsten mit ihrem Vornamen angesprochen. Da aber jedermann sie mit einem Spitznamen bedenken zu wollen schien, hatte sie sich an “Tiger” gewöhnt, wie Dennis sie nannte. Sie mochte diesen Namen. Die meisten Detectives riefen sie so.
Nachdem sie aus dem Aufzug ausgestiegen waren, ging Casey mit großen Schritten durch die Empfangshalle und stieß die riesigen Glastüren auf, bevor Dennis sie für sie aufhalten konnte. “Außerdem”, erklärte sie, als sie auf den Streifenwagen zugingen, “hast du nicht die Schönheiten gesehen, die im Wartezimmer des Doktors seiner harrten? Die hatten praktisch schon alle verstärkten Speichelfluss.”
“Sei nicht so hart zu dir, Tiger.” Dennis lief neben ihr her, die Hände in den Taschen und ein dickes Grinsen im Gesicht. “Vertrau mir. Ein Mann weiß, wann ein anderer Mann an einer Frau interessiert ist. Und der Doc hat definitiv Interesse an dir.”
Casey rümpfte ihre Nase und machte ein verächtliches Geräusch.
4. KAPITEL
W ährend sie Becky Belcamps Sachen in Kisten packten und zum Revier schleppten, lungerte dort schon ein Haufen lärmender Journalisten am Empfang herum.
Sergeant Bartowski, der wachhabende Beamte, war rot angelaufen. Er wusste offensichtlich nicht weiter. Die Medienleute schoben einander weg, um den besten Platz am Tresen zu ergattern, alle schrien ihre Fragen durcheinander.
“Ist das letzte Opfer auch vergewaltigt worden?”
“Wurde sie auch erschossen?”
“Haben
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