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Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Titel: Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Niedlich
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für mich alles stehen und liegen lassen oder gar sterben?“
    „Ich kann mir gerade kein Szenario vorstellen, bei dem du in Gefahr kommen könntest.“
    „Nicht direkt Gefahr, aber …“
    „Aber?“
    „Aber was wäre, wenn ich zum Beispiel deine Hilfe bräuchte und du dafür auf deine ‚Freunde‘ hier verzichten müsstest. Deine Eltern. Die Schule.“
    „Auf die Schule könnte ich verzichten“, sagte ich.
    „Die Frage war durchaus ernst gemeint.“
    Ehrlich gesagt, wusste ich nicht, was ich dazu sagen sollte.
    „Kann ich darüber nachdenken?“
    Tod schaute mich mit leicht zusammengekniffenen Augen an.
    „Wenn du erst darüber nachdenken musst, dann heißt das, dass du es nicht sofort ohne Überlegung tun würdest. Ein echter Freund müsste darüber nicht nachdenken.“
    Plötzlich fühlte ich mich schlecht.
    „Ich … ich … schätze, ich bin kein guter Freund.“
    Plötzlich pikte Tod mir den Kescher in die Seite.
    „Ich veräpple dich doch nur. Wir sehen uns Montag in der Schule“, sagte Tod, und ehe ich noch was erwidern konnte, war er wieder einmal verschwunden.
    Ich saß noch einen Moment dort und starrte auf das Wasser hinaus, bis ich mich schließlich aufraffte und zu den anderen zurückging. Die saßen bereits in der Ecke und machten sich über die Döner her.
    „Mann, wo warst du, ich hab dich gesucht, Mann.“
    Andreas schien von Jahr zu Jahr die Häufigkeit des Wortes „Mann“ in seinen Sätzen erhöhen zu wollen.
    „Ich hab hinten auf einer der schwimmenden Stationen gesessen. Musste nur kurz über was nachdenken.“
    Die anderen schauten Andreas an.
    „Was? Ehrlich, ich war da hinten und hab nach ihm gesucht.“
    „Vielleicht solltest du das nächste Mal beim Suchen etwas ordentlicher sein. Wenn du bei einer Taucherkette ebenso aufmerksam bist, na dann, gute Nacht“, sagte einer meiner Kameraden.
    „Mann, hast du dich versteckt, Mann?“, sagte Andreas zu mir, und ich schüttelte nur meinen Kopf, während ich den letzten Döner nahm und auswickelte.
    „Na ja, ist ja auch egal, Mann.“
    Dann herrschte nur noch gefräßiges Schweigen.

Kapitel 15
    „Du willst mit mir ausgehen?“, fragte Tod.
    „Ins Kino“, erwiderte ich.
    „Warum?“
    „Weil ich mir seit Tagen darüber Gedanken gemacht habe, was Freunde so miteinander machen. Unter anderem gehen sie ins Kino, und da dachte ich … lass uns mal ins Kino gehen.“
    „Die Logik ist bestechend. An was hattest du denn gedacht?“
    „Also, es läuft der neue Star-Trek-Film …“
    Tod schnaubte.
    „… dann so ein Film mit Bruce Willis, wo er einen Pfadfinder oder so spielt …“
    Tod gähnte oder tat zumindest so.
    „Robin Williams als Peter Pan, irgendwas mit einem sabbernden Hund, worauf ich allerdings keine Lust habe, und so ein sonderbarer französischer Film.“
    Tod saß auf meinem Schreibtischstuhl und sah wenig begeistert aus. Er drehte den Stock des Keschers, wie immer, wenn er nachdachte. Ich beobachtete ihn vom Bett aus.
    „Zeig mal her“, sagte Tod und nahm mir die Seite aus der Zeitung ab, auf der die Spielzeiten der Filme abgedruckt waren.
    „Den schauen wir“, sagte er schließlich und tippte auf eine Stelle, mit einem ganz besonders sonderbaren Poster.
    „Der französische Film also. ‚Delicatessen‘. Nicht unbedingt ein Film, den ich ausgesucht hätte.“
    „Ich hab so ein Gefühl, dass du den mögen wirst.“
    Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass ich mich bald zur Haltestelle begeben musste, wenn ich den Bus noch bekommen wollte.
    „Dann lass uns gehen.“
    „Wir haben es nicht eilig“, entgegnete Tod.
    „Na ja, wenn wir weiter so trödeln, dann verpassen wir den Bus und kommen zu spät zur Vorstellung.“
    „Wir brauchen ihn nicht.“
    „Vielleicht brauchst du den Bus nicht, aber ich muss da auch irgendwie hinkommen.“
    „Du kommst mit mir.“ Er stand auf. „Bereit?“
    Als Tod plötzlich aufsprang, tat ich automatisch dasselbe.
    „Vielleicht sollte ich mir erst mal Schuhe anziehen.“
    „Du hast doch Hausschuhe an.“
    „Na ja, aber …“
    „Wir sind doch dort auch in einem Haus, oder?“
    „Schon, aber …“
    Ich blickte Tod in die Augen, als er blinzelte.
    ***
    Es war, als wäre die Welt um mich herum nur aufgemalt und jemand hätte eine Lösung auf die Wände gespritzt, die alles zerfließen ließ. Während sich das Zimmer vor meinen Augen auflöste und in eine Pfütze Matsch zu meinen Füßen verwandelte, die schließlich restlos verschwand, schien jemand mit

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