Der Tod und der Dicke
nicht direkt jedenfalls. Sondern mit einem anderen Beamten, einem Zeugen im Mill-Street-Fall. Aber mehr weiß ich auch nicht.«
Und Peter würde ihr sagen, dass sie noch nicht einmal das hätte sagen sollen. Doch im Vergleich zu dem, was sie nicht sagte – dass ihr verrückter Ehemann mit einem Haufen schwerbewaffneter Irrer durch den Kielder Forest stiefelte –, war diese Indiskretion nicht der Rede wert. Und was oder wer immer Kentmore auch sein mochte, er war jedenfalls kein Undercover-Reporter der Voice! Seine Hand lag noch immer auf ihrer. Er drückte sie anscheinend noch einmal wie zum Abschied, schenkte weiteren Kaffee ein und fragte, wie es Tig und Rosie nach ihrem Triumph beim Dorffest ginge.
Als sie zusammen das Lokal verließen, sagte Ellie: »Danke für das Essen. Ich habe es sehr genossen.«
»Heißt das, Sie würden wieder kommen, falls ich Sie noch einmal anrufen würde?«
»Falls? Das ist nicht sehr schmeichelhaft.«
»Es heißt nur, dass ich viel zu altmodisch bin, um ein präsumtives ›wenn‹ zu gebrauchen.«
Das klang ein wenig gestelzt. Oder vielleicht klang altmodisches Flirten eben so.
»In diesem Fall, auf Wiedersehen. Oder au revoir«, sagte sie und streckte ihm die Hand hin.
Auch sie konnte sich gestelzt geben.
Er nahm ihre Hand. Diesmal allerdings schüttelte er sie nicht mit festem Griff, sondern zog Ellie zu sich heran und ließ seine Lippen über ihre Wange streichen.
»Es hat mir wirklich gefallen«, murmelte er. »Danke.«
Einen Augenblick lang glaubte sie, seine Lippen würden ihren Mund suchen. Dann entdeckte sie über seiner Schulter, gespiegelt in der Scheibe eines der Pubfenster, auf der anderen Straßenseite eine halb von einem geparkten Wagen verdeckte Gestalt, die sie kannte.
»Da ist ja Kilda«, sagte sie und riss sich los. »Sie ist gekommen.«
Sie drehte sich um, winkte der Frau zu, während sie dabei eine Miene aufsetzte, deren Ausdruck sie nicht sofort zu bestimmen imstande war. Dann fiel es ihr ein. Der Blick großäugiger Unschuld, den sie sich angewöhnt hatte, wenn immer ihre Mutter sie bei der Lektüre einer Zeitschrift ertappte, die nicht das Siegel elterlicher Zustimmung trug.
Mein Gott!, dachte sie sich und zwang sich zu einer neutralen Maske. Ist doch nicht so, dass ich meine Hand vorn in der Hose des Typen gehabt hätte!
Eine Sekunde lang rührte sich die Frau hinter dem Wagen nicht. Ellie glaubte schon, sich getäuscht zu haben. Oder die Frau hatte vielleicht ein paar intus und es interessierte sie nicht, sich mit ihr zu treffen.
Dann aber kam sie über die Straße auf sie zu.
Wenn sie zu tief ins Glas geschaut hatte, dann war davon nichts zu bemerken, weder in ihrem Äußeren noch in ihrer Redeweise. Sie warf Ellie ein kurzes, formelles Lächeln zu und sagte: »Maurice, es hat nicht so lange wie erwartet gedauert, ich dachte also, ich könnte dich hier noch treffen.
Hallo, Ellie.«
»Hallo«, sagte Ellie. »Wir haben uns soeben verabschiedet.«
»Das klingt, als wäre es sehr endgültig«, sagte die Frau. Ellie entdeckte darin einen Anflug von amüsierter Befriedigung, die sie provokant fand.
»Eigentlich nicht«, sagte sie. »Ich wollte Maurice gerade fragen, ob er Lust hat, am Wochenende zu uns zum Essen zu kommen. Peter wird bis dahin wieder zurück sein, und ich weiß, er bedauert es, Sie hier verpasst zu haben. Sie sind natürlich auch eingeladen, Kilda.«
Das hast du nun davon, meine Liebe, dachte sich Ellie, als sie wieder die Kontrolle über die Situation zu haben glaubte. Nun wollen wir doch mal sehen, wie besitzergreifend du bist!
Die Kentmores sahen sich an und schienen untereinander auszumachen, wer die Absage formulieren sollte.
Dann sagte Maurice: »Es müsste aber Samstag sein, damit ich kommen könnte.«
»Wunderbar.«
»Das wäre sehr schön. Nicht wahr, Kilda?«
»Toll«, antwortete die Frau.
»Gut«, sagte Ellie. »Ich freue mich auf Sie beide. Sagen wir so um zwölf Uhr? Und nochmals vielen Dank für das Essen, Maurice.«
»Danke, dass Sie gekommen sind. Es hat mir sehr gefallen. Dann bis Samstag.«
Die beiden entfernten sich, Seite an Seite, ohne sich zu berühren. Sobald sie außer Hörweite waren, begannen sie eine lebhafte Unterhaltung, die nicht unbedingt etwas Freundliches an sich hatte.
Wie sah nun deren Beziehung aus?, fragte sich Ellie, während sie ihnen hinterherblickte.
Und wie zum Teufel sollte sie Peter erklären, dass sie die beiden zum Essen eingeladen hatte?
2
Beförderung
In der
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