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Der Tod und der Dicke

Der Tod und der Dicke

Titel: Der Tod und der Dicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Keldale!
    Erst jetzt fiel ihr ein, sie hatte gar nicht erwähnt, dass sie allein erscheinen würde. Na gut, eine nette Überraschung für ihn. Hoffte sie. Warum hoffte sie das? Weil sie annahm, dass er ihre Gesellschaft suchte, nicht die von Peter.
    Weswegen?, hörte sie ihren Ehemann fragen. Wegen deiner sprühenden Konversation? Oder deines lilienweißen Körpers? »Woher soll ich das wissen!«, sagte sie zu ihrem Bild im Spiegel. Okay, aber du solltest wenigstens wissen, warum du zugesagt hast , kam die Erwiderung. »Weil er anscheinend erwartet hat, ich würde absagen«, antwortete sie barsch, als sie vor dem Schrank stand und sich überlegte, was sie anziehen sollte. Aber könnte es nicht sein, dass er genau diese Reaktion provozieren wollte ?, fragte ihr Ehemann. Männer; wie du von Zeit zu Zeit klarstellst, können verschlagene Dreckskerle sein, vor allem, wenn sie jemanden ins Bett kriegen wollen. »Du redest von dir selbst«, gab sie zurück. Und wünschte sich sehnlichst, er wäre da, um genau das zu tun.
    Sie schloss den Schrank und betrachtete sich in der Spiegeltür. Gab es für ein zwangloses Essen in einem Pub an ihren M&S-Jeans und ihrer karierten Bluse irgendetwas auszusetzen?
    Nein, kam die Antwort.
    Überhaupt nicht.
     
    Der Saracen’s Head war eine alte Poststation, wo sich Peter und Ellie häufig zum Mittagessen trafen. Das Gebäude war alt und dunkel und hätte etwas zärtliche Fürsorge seitens eines aufgeschlossenen Malers benötigen können, der Speisesaal aber war sauber und weiträumig mit gut geschrubbten Tischen zum Kartenspielen, die nicht zu dicht gedrängt standen, und einer kurzen Speisekarte mit einfachem Essen, das frisch zubereitet wurde. Ein weiterer Vorteil lag darin, dass es gut zwei Kilometer vom Black Bull entfernt lag, dem Lieblingslokal des CID, so dass kaum die Gefahr bestand, dass es von Polizisten überlaufen wurde.
    Als Ellie auf das altertümliche Schild zuging, das seit mindestens zwei Jahrhunderten über den Pflastersteinen der Little Hen Street knarrte, kam ihr der Gedanke, dass die Wahl des Lokals angesichts Kentmores trauriger Familiengeschichte vielleicht nicht unbedingt von hoher Diplomatie zeugte.
    Das Schild zeigte den eponymen Kopf mit vielleicht ein wenig zu großen, hervortretenden Augen, was allerdings nicht überraschen konnte, wurde er doch soeben von seinem angestammten Leib getrennt.
    Ein liberal-demokratischer Stadtrat mit mehr Sensibilität als Verstand hatte eine Kampagne angeleiert mit dem Ziel, das Schild zu entfernen, da nicht christliche Glaubensgruppen sich in ihrer Würde verletzt sehen könnten. Die örtliche Zeitung hatte einen Leitartikel veröffentlicht, der die Kampagne zu unterstützen schien, bis man den letzten Absatz erreichte, in dem weitere öffentliche Schilder aufgelistet wurden, die der Stadtrat auf seine Abschussliste setzen könnte, wie zum Beispiel das Männerpiktogramm an öffentlichen Toiletten (sexistisch), das Schild der Seniorenhilfe über einem Secondhandladen für wohltätige Zwecke (Diskriminierung der Alten), Floristikshops (blumendiskriminierend) und die St. George’s Church (drachendiskriminierend).
    Ellie hatte lachen müssen, obwohl sie mit dem Stadtrat befreundet war. Auch sie hatte eine Weile gebraucht, um einzusehen, dass Einsicht besser ist als Prinzipienreiterei.
    Kentmore war bereits da.
    Konnte es wohl kaum erwarten, dachte sich Ellie, als er sich von seinem Stuhl erhob und zur Begrüßung auf sie zukam.
    Sie war auf alles vorbereitet, auf einen angedeuteten Kuss bis zur Berührung seiner warmen Lippen, aber er bot ihr nur einen schroffen Handschlag. Sie setzten sich. Der Tisch war nur für zwei gedeckt. Hieß das, er hatte angenommen oder schlichtweg geraten, dass Peter nicht kommen würde? Pass auf deinen lilienweißen Körper auf, Mädel!, ermahnte sie sich, während sie einen Salat mit pochiertem Lachs und ein kleines Glas Weißwein bestellte. Er tat das Gleiche. Er sagte, er sei zum ersten Mal hier, und fragte, ob sie ihm irgendetwas über die Geschichte des Lokals erzählen könne.
    Eine ehemalige Dozentin begrüßt jeden Vorwand, dozieren zu dürfen, also tat sie es und achtete dabei sorgfältig auf die ersten Anzeichen eines glasigen Blicks, konnte aber nichts entdecken.
    »Das Gebäude stammt aus dem siebzehnten Jahrhundert«, schloss sie, »der Name allerdings könnte von einem mittelalterlichen Pub geerbt worden sein, das sich am gleichen Ort befunden hatte. Könnte natürlich auch sein, dass

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