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Der Tod und der Dicke

Der Tod und der Dicke

Titel: Der Tod und der Dicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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darüber hinwegflog, zog sie feindliches Feuer auf sich. Normalerweise hätte man in einem Fall wie diesem einige Raketen reingeschossen und ein Tornado gerufen; doch die Möglichkeit, dass dort die Besatzungsmitglieder gefangen gehalten wurden, verbot dies. Shacks Patrouille war weniger als eine Stunde Fußmarsch entfernt. Sie wurden angewiesen, sich vorsichtig zu nähern, die Feindpositionen zu erkunden und, falls möglich, die Anwesenheit der Gefangenen zu bestätigen.
    Pascoe begann allmählich wegzudämmern, noch immer aber lauerten im hintersten Winkel seines Geistes die Ereignisse des Tages, weshalb er ein Gähnen unterdrückte und mit dem nächsten Kapitel begann.
    Zehn Minuten später war er so hellwach, wie er es den ganzen Tag über gewesen war.

15
    Nächtlicher Anruf
    Es war dunkel, als wir das Dorf erreichten.
    Über Operationen hinter den feindlichen Linien ist ein Haufen Blödsinn geschrieben worden.
    In Wahrheit gab es hier gar keine feindlichen Linien. Man konnte einen ganzen Tag damit zubringen, irgendwo in der Ödnis rumzuhängen, wie wir es gerade getan hatten. Aber wenn man über ein Dorf stolperte, spielte es keine Rolle, was auf der Karte dazu eingezeichnet war. Manchmal schlenderte man einfach rein, setzte sich im Café an einen Tisch, bestellte was zu trinken und sah zu, wie die Einheimischen Saddam-Plakate von der Wand rissen und dir zu Ehren in Brand setzten. Und manchmal war der ganze verschissene Ort ein Rattennest, das die Jungs von der fliegenden Truppe erst ausräuchern mussten, bevor wir überhaupt rein konnten.
    Ein Halbmond stand am Himmel, in dessen geisterhaftem Licht der Ort fast etwas Malerisches an sich hatte. Wir brauchten unsere Kite-Lights gar nicht, um zu wissen, dass Abdul hier war; schließlich unternahm er keinerlei Anstalten, sich zu verstecken. Der Grund dafür war: Sie packten schon wieder zusammen und wollten abhauen. Viele waren es nicht, nur zwei Laster, die beladen wurden, und zwei Jeeps, die vor dem einzigen größeren Haus im Dorf standen.
    Wir gingen näher ran. Die Wachen, die sie vielleicht mal aufgestellt hatten, mussten für den Rückzug schon wieder abgezogen worden sein.
    Meine Aufgabe lautete, herauszufinden, ob sie hier irgendwo Gefangene hatten. Sollte ich zu dem Schluss kommen, dass das nicht der Fall war, würde ich warten, bis sich die Laster in Bewegung gesetzt hatten, dann deren Position an die Jungs von der Luftwaffe durchgeben, damit sie sie auf der Straße ausschalten konnten. Ergebnis: Abdul hinüber, das Dorf sauber und wir schon wieder unterwegs, ohne dass jemand erfuhr, dass wir überhaupt da gewesen waren. So mochten wir das.
    Die Soldaten stiegen auf die Laster. Bislang hatten wir nichts gesichtet, was auf Gefangene hingewiesen hätte. Wenn Abdul Gefangene hatte, scheute er sich meistens nicht, sie auch herzuzeigen. Diese Leute gingen nämlich davon aus, dass sie damit die Wahrscheinlichkeit für einen Luftangriff verminderten.
    »Shack«, sagte dann Ginger, »dort ist ein Typ mit einem Fliegerhelm auf dem Kopf.«
    Ich griff mir mein Fernglas. Er hatte recht. Da stolziert doch so ein Achmed wie ein Biggies mit Vollbart durch die Gegend. Hatte sich eine nette Trophäe geklaut, mit der er vor den Huris angeben konnte. Aber noch immer nicht die geringste Spur von dem armen Kerl, dem er ihn abgenommen hatte.
    »Vielleicht sind sie noch im Haus«, sagte Ginger.
    Das Gleiche hatte ich mir auch schon gedacht.
    Wenn sie dort drin waren und in den nächsten Minuten nicht rausgeholt wurden, konnte es nur zweierlei bedeuten. Lebende Gefangene, das wusste ich ganz sicher, würden diese Scheißkerle nicht zurücklassen. Also waren sie schon tot oder standen kurz davor.
    Alle Jungs waren zur gleichen Schlussfolgerung gelangt, sie sahen mich an und warteten auf Befehle.
    Nun, ich hatte einen Befehl: Observieren, keinen Feindkontakt herstellen.
    Ich wusste, ich hätte warten müssen, bis klar war, dass sie keine Gefangenen abtransportierten, dann die Luftwaffe anfordern, damit sie die Kolonne unterwegs angriff, während wir das Dorf durchsuchten.
    Aber ich war mir zu neunzig Prozent sicher, dass ich in dem Fall nur noch Leichen finden würde.
    Ich sagte: »Ginger, drei Minuten, dann nehmt ihr die Laster hops. Die anderen mit mir.«
    Wie ließen sie hinter ihren Panzerabwehrraketen zurück und gingen vor.
    Es war unmöglich, sich zu nähern, ohne von den Einheimischen gesehen zu werden. Aber diejenigen, die uns entdeckten, zogen sich sofort zurück und

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