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Der Tod und der Dicke

Der Tod und der Dicke

Titel: Der Tod und der Dicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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hergemacht hatte. Drei Computer waren an der gegenüberliegenden Wand auf einem Zeichentisch aufgebaut. Von den Stromkabeln war nicht ein überflüssiger Zentimeter zu sehen. An eine Pinnwand waren sechs Fotos geheftet, drei zeigten die in den Ruinen der Mill Street gefundenen menschlichen Überreste, jedes einzelne davon war mit dem Kopfbild eines Mannes verbunden, von denen zwei charakteristisch südasiatische Gesichtszüge aufwiesen, der dritte weniger. Unter jedem Foto stand ein Name. Umar Surus, Ali Awan und Hani Baraniq.
    »Surus und Awan sind eindeutig identifiziert«, sagte Glenister. »Wir haben Zahnaufzeichnungen und, in Awans Fall, eine DNA-Bestimmung. Bei Baraniq sind wir uns lediglich zu achtzig Prozent sicher.«
    »Sie haben Hector diese Bilder vorgelegt?«
    »Natürlich. Dieser ›so irgendwie Schwarze‹ könnte Awan gewesen sein und der andere möglicherweise Baraniq, aber hier hat er sich noch vager geäußert. Ich habe versucht, ihn zu einer etwas konkreteren Aussage als irgendwie komisch, aber nicht so ein Schwarzer‹ zu drängen, ohne Erfolg. Ich hoffe, wir müssen den armen Hector niemals in den Zeugenstand rufen.«
    Sie unterstrich das Gesagte mit einem Lächeln.
    Zwei Minuten in ihrem Revier, dachte sich Pascoe, und schon machte sie die gleichen Witze.
    »Hören Sie«, sagte er, »vieles sieht Hector nicht. Aber was er sagt, das hat er auch gesehen, darauf können Sie sich verlassen. Seine Unzulänglichkeiten sind verbaler, nicht optischer Natur.«
    Das war nicht nur eine reflexhafte Hector-ist-vielleicht-ein-Idiot-aber-er-ist- unser -Idiot-Reaktion. Pascoe hatte einst Hector auf einer Parkbank sitzen sehen, auf dem Schoß einen Notizblock, den Blick auf zwei Spatzen gerichtet, die sich über einen weggeworfenen Cheeseburger hermachten. »Machen Sie sich Notizen, falls Sie sie verhaften müssen, Hec?«, hatte er ihm scherzhaft zugerufen, als er sich ihm von hinten näherte.
    Hector hatte reagiert, als wäre er bei etwas Unanständigem ertappt worden, er sprang so eilig auf, dass er seinen Bleistiftstummel verlor, und sah Pascoe an, als trüge dieser ein flammendes Schwert in Händen. Gleichzeitig riss er das Blatt aus seinem Notizblock, auf dem sich, wie Pascoe noch erkennen konnte, anscheinend eine Zeichnung der beiden Vögel befand.
    »Kann ich mal sehen?«, fragte Pascoe.
    Mit einigem Widerwillen überreichte Hector ihm das Blatt.
    Glatt gestrichen, enthüllte es sich als eine lebendige, genaue Darstellung der beiden pickenden Spatzen.
    »Bitte, Sir, Sie werden es doch niemandem sagen, bitte«, sagte Hector ängstlich.
    »Das ist gut«, sagte Pascoe und gab ihm die Zeichnung zurück. »Ich wusste nicht, dass Sie zeichnen können, Hec.«
    »Aber Sie werden es doch niemandem erzählen«, wiederholte der Constable besorgt.
    Erst jetzt kam es Pascoe, dass Hector nicht Angst davor hatte, wegen Missbrauchs seines Dienstblockes gemeldet zu werden, sondern vor der Vorstellung, seine Kollegen könnten erfahren, dass er Bilder zeichnete. Jeder brauchte ein Geheimnis, dachte er sich. Einige hatten nur allzu viele davon. Aber wenn man nur eines hatte, wie wertvoll musste es dann sein?
    »Natürlich werde ich es niemandem erzählen«, sagte er. »Machen Sie weiter, Constable!«
    Und er hatte sein Wort gehalten und noch nicht einmal Ellie von Hectors Geheimnis berichtet.
    So wollte er jetzt keinesfalls ins Detail gehen, als Glenister zweifelnd bemerkte: »Wenn Sie es sagen, Peter. Nun, können wir noch etwas tun, um Sie auf den aktuellen Stand zu bringen?«
    »Vielleicht …«
    Er ging zum Computertisch und tippte dem Beamten dort, der am wenigsten auf seinem Bildschirm zu haben schien, auf die Schulter. »Können Sie mir die Mill-Street-SOCO-Datei aufrufen?«, sagte er.
    Der Mann sah ihn mit leerer Miene an. Leer war das richtige Wort. Die Gesichtszüge waren so ebenmäßig, dass man bei seinem Anblick an einen Androiden denken musste. Sein Spiegelbild und sein Fotoporträt ließen sich wahrscheinlich nicht unterscheiden. Mitte dreißig, schätzte Pascoe, aber dreißig Jahre, die er in der Metropole verbracht hatte, nicht hier oben im Norden. Sein über die Stuhllehne drapiertes Jackett und das am Kragen offene Hemd sagten laut und vernehmlich: Wette, dass du dir so was nicht leisten kannst. In sein blondes Haar war so viel Gel geschmiert, dass Dalziel nicht hätte daran vorbeigehen können, ohne einen Kommentar über einen notwendigen Ölwechsel abzusondern. Und er hatte Augen in der Farbe von

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