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Der Tod wartet im Netz (Die besten Einsendungen zum Agatha-Christie-Krimipreis 2011)

Titel: Der Tod wartet im Netz (Die besten Einsendungen zum Agatha-Christie-Krimipreis 2011) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordelia Borchardt und Andreas Hoh
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seine letzte Schule.
    Jetzt war er auf dem Weg in sein Zimmer, damit er Punkt 18 Uhr mit den anderen chatten konnte. Alles nur, um dazu zu gehören. Mit seinem Chat-Namen ›Hopper‹ loggte er sich ein. Er versuchte immer die vielen Rechtschreibfehler seiner Klassekameraden zu ignorieren, die nach seiner Meinung in einer 10. Klasse im Gymnasium nicht so gehäuft auftreten dürften. Vielleicht war er in dieser Hinsicht auch nur so sicher, weil seine Mutter, als Grundschullehrerin, die sie war, bei ihm sehr darauf geachtet hatte. »Hi Hopper, alles Roger? Snake«, wurde er sogleich im Chatroom begrüßt.
    Die meisten Jungen machten zwar ein Geheimnis um ihre Identität im Netz, aber Leon hatte schnell raus, wer hinter den Pseudonymen steckte. Snake war Hassan, der etwas fülligere Araber, der mit Aylin, der hübschen Türkin in ihrer Klasse, anbändelte. Sie hatte aber nur Augen für Serkan. Ihm konnte es ja egal sein, er interessierte sich für keines der Mädchen in der Klasse. Aber er hoffte, dass sie mit Serkan zusammenkam, die würden gut zusammenpassen. Serkan war schon in Ordnung, mit seinen 17 Jahren reifer als seine Mitschüler, meist gut drauf und hilfsbereit. Leon hatte den Eindruck, dass Serkan von dem ganzen ›cool-tun‹ auch genervt war, und einige der anderen Jungen auch, aber keiner traute sich, dies zu durchbrechen und laut zu äußern. »Alles paletti«, antwortete er einfach nur. »Salut Snake, hier Gun. Was war die Diettrich heute schräg drauf, hat sogar vergessen uns die 6er für die Hausaufgaben zu notieren.« Gun, im wirklichen Leben Marcel Böttcher, ein absoluter Waffennarr, der sich alle neuen Actionfilme schon aus dem Netz holte, wenn sie kaum in den Kinos angelaufen waren. »Salut Gun, war aber nichts gegen Dorst, diesen Looser. Wenn wir gegen den nichts unternehmen, versaut er uns die MSA .« – »Hier Turtle. Wie sollte er das schaffen, er will uns doch nur fordern.« »Was'n mit dir, du Dorstschleimer, 5 Seiten HA und 10 Min. Referat in Bio, dazu 2 Tests in Englisch in 2 Wochen, ist doch nicht normal. Entweder du verkackst so die Normalo-Note oder machst diesen Mist, kannst nicht für MSA lernen und sitzt richtig in der Scheiße.«
    Bei Turtle handelte es sich um den bereits erwähnten Serkan. Die arme Frau Diettrich war die Französischlehrerin, die schon etwas betagter war und sich nicht durchsetzen konnte, weil sie die von ihr angedrohten Strafen einfach nicht konsequent durchzog. Anders dagegen der nicht mehr ganz so junge 38jährige Junglehrer oder auch Referendar Herr Dorst. Er unterrichtete Englisch und Biologie und war evtl. noch bei einigen Mädchen beliebt, weil Männer an der Schule Mangelware waren. Außer dem altersschwachen Sportlehrer Herr Krause und dem langhaarigen und auch nicht mehr ganz frischen Religions- und Ethiklehrer Herr Lorenz gab es sonst nur Lehrerinnen. Auch wenn Herr Dorst nicht unbedingt ein Robert Pattinson war, war er doch groß, schlank, blond und immer, das mussten selbst die Jungen zugeben, modern gekleidet. Leon mochte den Unterricht bei Herrn Dorst auch nicht. Immer nur schreiben und Arbeitsblätter. Gerade mal, wenn hinten diese Typen, die er Seminarleiter nannte, saßen, war der Unterricht lockerer und praktisch, z. B. mit kleineren Experimenten in Biologie und Dialogen und gespielten Szenen in Englisch, doch das war nicht so oft der Fall. Und dass die Zusatzarbeiten vom Lernen für die Prüfungen zum Mittleren Schulabschluss abhielten, stimmte schon.
    »Snake, bin voll deiner Meinung, dem Dorst seine Lunte muss verschwinden.« – »Mensch Gun, du meinst wohl seine Visage.« – »Jetzt schreibt wieder Muttersöhnchen Hopper, kannst uns ja allen die HA und die Vorträge pinseln, dann lassen wir das Dorst-Lämmlein zufrieden.« ›In Ruhe, nicht zufrieden‹, dachte Leon, schrieb es aber nicht, sondern wartete erst einmal ab. »Wenn wir etwas machen wollen, dann aber bald, Freitag ist der Test, also in zwei Tagen.« – »Dann lass doch was hören Snake. Willste etwa mit `ner Bazuka die Schule stürmen, dann könnten wir noch einige andere loswerden?« – »Hier Turtle. Spinnt ihr jetzt ganz oder was? Wenn die Bullen unseren Chat abhören, sind wir schon wegen solcher Überlegungen dran.« – »Flenn doch, Turtle! Und ja Gun, ich hab da schon was überlegt. Der Dorst hat doch so `ne Mumienkarre: VW -Käfer in grün. Grün wie die Hoffnung. Unsere Hoffnung, dass seine Bremsen versagen oder so was in der Art.« – »Stark Snake, bin dabei.

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