Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007
eher primitiv, und sein Stiefvater bemerkte, dass in seinem Wasserglas etwas schwamm, das wie eine Larve aussah.
„Iss! Iss!“, schrien die Gäste, während sie Orangen für den jungen Bräutigam schälten. „Er hat eine lange Nacht vor sich!“Die Männer bemerkten, wie sehr das schüchterne Lächeln des Sohnes dem des Vaters ähnelte. Sie tanzten und sangen weitere Lieder, hoben den Jungen auf ihre Schultern und feuerten ihn an. Dann setzten sie ihn in ein Auto und schickten ihn zum Familienanwesen, wo er seine erste Nacht als verheirateter Mann verbringen würde.
WENIGE MONATE nach dem Amtsantritt von George W. Bush traf sich Richard A. Clarke mit Condoleezza Rice, der Nationalen Sicherheitsberaterin der neuen Regierung, und bat um seine Versetzung. 5 Seit das neue Team am Ruder war, hatte der Terrorismus offenkundig keine Priorität mehr. Als er Rice im Januar erstmals über die Bedrohung aufgeklärt hatte, die von Bin Laden und seiner Organisation ausging, hatte er den Eindruck gewonnen, dass Rice noch nie von al-Qaida gehört hatte. Anschließend stufte sie ihn in der Hierarchie herab: Der Nationale Koordinator der Terrorbekämpfung erstattete von nun an nicht mehr den Abteilungsleitern, sondern ihren Stellvertretern Bericht. Clarke warb für seine Strategie, Ahmed Schah Massud und die Nordallianz in ihrem Kampf gegen die Taliban und al-Qaida zu unterstützen, aber Rice wandte ein, die Regierung brauche eine umfassendere Strategie, die auch andere mit den Taliban verfeindete Paschtunen einbeziehen würde. 6 Doch die Planung zog sich über Monate hin. „Vielleicht brauchen Sie jemanden, der weniger von dieser Frage besessen ist“, schlug Clarke nun vor, aber seine Ironie entging Rice und ihrem Stellvertreter Stephen Hadley. Sie waren überrascht und baten ihn, bis Oktober zu bleiben. Bis dahin solle er einen Ersatz finden, der „ähnliche Charakteristika“wie er habe.
„Es gibt nur einen, der dieses Kriterium erfüllt“, sagte Clarke.
O’Neill war der Meinung, Clarkes Posten sei genau das Richtige für ihn. Das Angebot kam zu einem Zeitpunkt, da er an der unentschlossenen Antwort der Regierung auf den Terrorismus zu verzweifeln drohte und Sorgen bezüglich der eigenen Zukunft hegte. Er hatte stets zwei Ambitionen gehabt: Er wollte stellvertretender Direktor des FBI in Washington werden oder die Leitung des New Yorker Büros übernehmen. Freeh würde im Juni in den Ruhestand gehen, womit einige Stellen an der Spitze des FBI frei werden würden; aber die Untersuchung des Zwischenfalls mit dem gestohlenen Aktenkoffer würde seiner Beförderung wahrscheinlich im Weg stehen. Doch als der neue Herr der Terrorismusbekämpfung würde er die ersehnte Bestätigung erhalten, und er muss begeistert gewesen sein über die Aussicht, dass ihm dann sowohl das FBI als auch die CIA Rede und Antwort stehen müssten.
Auf der anderen Seite stand er unter finanziellem Druck, und im Weißen Haus würde er auf derselben Gehaltsstufe stehen wie im FBI. Die Untersuchung des Justizministeriums hatte ihn an den Rand des Ruins getrieben: Zu seinen anderen Schulden kam nun eine Anwaltsrechnung in Höhe von 80 000 Dollar, mehr als ein Jahresgehalt. 7
Während des Sommers umwarb Clarke seinen Wunschkandidaten, der sich quälte, sich jedoch nicht festlegen wollte. O’Neill sprach mit einer Reihe von Freunden über das Angebot, bekam es aber mit der Angst zu tun, als ihm in den Sinn kam, die FBI-Zentrale könne davon erfahren. Besorgt rief er Clarke an und sagte, die Leute in der CIA wüssten, dass er in der engeren Wahl für den Posten sei. „Sie müssen ihnen sagen, dass das nicht wahr ist“, flehte er. Er war sicher, dass das FBI davon erfahren würde, wenn es der Geheimdienst wisse. Clarke kam der Bitte nach und rief einen seiner Freunde bei der CIA an, dem er beiläufig erzählte, dass er nach Kandidaten für seine Nachfolge suche, da O’Neill das Angebot ausgeschlagen habe - obwohl O’Neill durchaus weiter im Rennen bleiben wollte. O’Neill sprach auch mit Mawn über das Angebot, da er nicht wollte, dass sein Vorgesetzter aus der Gerüchteküche davon erfuhr. Aber er sagte Mawn deutlich, dass er nicht an dem Job interessiert sei.
Das Geld war nicht das einzige Hindernis. O’Neill war mittlerweile im Kampf mit der Bürokratie erfahren und konnte sich vorstellen, dass einige mächtige Leute in Washington rücksichtslos gegen seine Ernennung vorgehen würden. Clarkes Angebot war verlockend, aber es war auch
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