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Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
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gefährlich.
     
    SAWAHIRI KÄMPFTE seit Jahren gegen Elemente innerhalb des al-Dschihad, die seine Verbindung mit Bin Laden ablehnten. Er spie jenen Mitgliedern, die aus ihren behaglichen Refugien in Europa Kritik an ihm übten, seine Verachtung entgegen. Er bezeichnete sie als heißblütige revolutionäre Kämpfer, die nun, da sie das Leben in der Zivilisation und im Luxus kennen gelernt hatten, kalt wie Eis geworden seien. 8 Erschöpft und demoralisiert von zahlreichen Rückschlägen, befürworteten viele seiner früheren Verbündeten mittlerweile die Initiative der in Ägypten inhaftierten Islamistenführer, die einen einseitigen Waffenstillstand verkündet hatten. Andere ertrugen die primitiven Lebensbedingungen in Afghanistan nicht länger. Doch selbst angesichts des Zerfalls der Organisation lehnte Sawahiri Verhandlungen mit dem ägyptischen Regime oder dem Westen kategorisch ab.
    In seiner Wut trat er sogar als Emir von al-Dschihad zurück, aber ohne ihn war die Organisation orientierungslos. Nach einigen Monaten verzichtete sein Nachfolger auf den Posten, und Sawahiri war wieder am Ruder. Doch aus den Zeugenaussagen im Prozess gegen die Mitglieder der albanischen Zelle ging hervor, dass nicht mehr als 40 Mitglieder außerhalb von Ägypten übrig geblieben waren, und in ihrem Heimatland war die Bewegung praktisch ausgerottet worden. Al-Dschihad war zum Tod verurteilt und mit ihm der Traum, der Sawahiris Phantasie seit seiner Jugend beflügelt hatte. Ägypten war verloren.
    Das Ende kam im Juni 2001, als al-Dschihad von al-Qaida geschluckt wurde. Es entstand eine Organisation, die die offizielle Bezeichnung Qaida al-Dschihad erhielt. Dieser Name trug der Tatsache Rechnung, dass die Ägypter weiterhin den Kern der Gruppe bildeten; dem neunköpfigen Führungsgremium gehörten nur drei Männer an, die nicht aus Ägypten stammten. Dennoch war es nicht Sawahiris, sondern Bin Ladens Organisation.
    Die Vormachtstellung der Ägypter löste natürlich Zwistigkeiten aus und missfiel vor allem den saudischen Mitgliedern. Bin Laden versuchte, die Unzufriedenen zu beschwichtigen, indem er ihnen erklärte, auf die Ägypter könne er sich vollkommen verlassen, da sie nicht heimkehren konnten, ohne im Gefängnis zu enden: Genau wie er waren sie heimatlos.
    Bin Laden hatte eine besondere Aufgabe für Sawahiri und die Ägypter: Er wollte, dass sie Ahmed Schah Massud töteten. 9 Der Kommandeur der Nordallianz stellte das einzige ernst zu nehmende Hindernis für die uneingeschränkte Herrschaft der Taliban über Afghanistan dar.
    Der schlanke, schneidige Massud war ein brillanter Taktiker, und er war bereit, die Rücksichtslosigkeit der Taliban mit gleicher Münze heimzuzahlen. Nun, da sich die Taliban mit al-Qaida verbündet hatten, sahen Richard A. Clarke und andere in Washington in Massud die letzte Chance für eine afghanische Lösung des Problems Bin Laden.
    Massud war ein williger Partner. Er war selbst ein überzeugter Islamist, dessen Frau eine Burka trug und dessen Truppen mehr als ein Massaker begangen hatten. Wie seine Widersacher finanzierte er seine Miliz wahrscheinlich mit dem Opiumhandel. Aber er hatte in der Schule in Kabul ein wenig Französisch gelernt und galt als Liebhaber der persischen Dichtung, was genügte, um ihn als zivilisierte Alternative zu den Taliban erscheinen zu lassen. Im Februar 2001 waren Schläger der Taliban mit Vorschlaghämmern durch das Museum von Kabul gezogen und hatten das künstlerische Erbe des Landes zertrümmert, und im März hatten sie Panzer und Luftabwehrraketen eingesetzt, um die großartigen Buddhastatuen von Bamijan zu zerstören, die 1500 Jahre lang über der alten Seidenstraße gethront hatten. Massuds Ansehen in der Welt stieg proportional zum internationalen Ansehensverlust der Taliban.
    Massuds wachsendes Renommee fand seinen Ausdruck darin, dass er eingeladen wurde, im April 2001 vor dem Europäischen Parlament in Straßburg zu sprechen. Er sprach über die Gefahr, die von al-Qaida ausgehe, und er teilte amerikanischen Regierungsvertretern mit, dass sein Aufklärungsdienst von al-Qaidas Absicht erfahren habe, einen Terroranschlag in den Vereinigten Staaten zu verüben, der die Anschläge auf die amerikanischen Botschaften in Ostafrika weit in den Schatten stellen würde.
    Im Juli setzte Sawahiri in schlechtem Französisch einen Brief auf, dessen angeblicher Absender das Islamische Beobachtungszentrum in London war. In dem Schreiben bat er um die Erlaubnis, zwei

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