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Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
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persönliche Schulden im Bild. Diese Informationen mussten der Zeitung von jemandem aus dem Büro oder aus dem Justizministerium zugespielt worden sein. Zudem waren vertrauliche Details über das von O’Neill vorbereitete Budget durchgesickert. Dasselbe geheime Material, das sowohl das Justizministerium als auch das FBI dazu bewegt hatte, gegen O’Neill zu ermitteln, war nun bereitwillig Journalisten anvertraut worden, um seine Karriere weiter zu sabotieren. Der Zeitpunkt für die Indiskretion war mit Sicherheit so gewählt worden, um ihm jede Chance auf Clarkes Job im Nationalen Sicherheitsrat zu nehmen; mittlerweile war es nämlich ein offenes Geheimnis, dass er der Kandidat der Wahl war.
    Vor der Abreise nach Spanien hatte sich O’Neill mit Larry Silverstein getroffen, dem Präsidenten von Silverstein Properties, der gerade das Management des World Trade Center übernommen hatte. Silverstein bot ihm den Posten des Sicherheitschefs an. Er würde im WTC mehr als das Doppelte seines Gehalts als Staatsdiener verdienen. Aber O’Neill konnte ihm nicht zusagen. Er sagte Barry Mawn, er wolle nicht aus dem FBI ausscheiden, solange sein guter Ruf nicht wieder hergestellt sei. Aber er versprach Silverstein, ihm nach seiner Rückkehr aus Spanien eine Antwort zu geben. Er hatte auch Clarke noch nicht endgültig abgesagt.
    Gemeinsam mit Val und ihrem Sohn Jay verbrachte er einige Tage in Marbella, wo er Golf spielte und las. Mark Rossini, der oft als Verbindungsmann zwischen dem FBI und der spanischen Polizei fungierte, war als Übersetzer mitgekommen. Am 8. Juli zündete sich O’Neill auf der Veranda der Villa, in der sie wohnten, eine Zigarre an und sagte zu Rossini: „Ich bin reif für K.M.A.“
    Er hatte schon einige Zeit die Dienstjahre zusammen, die ein FBI-Agent brauchte, um mit vollem Rentenanspruch aus dem Dienst ausscheiden zu können und dem Büro endlich sagen zu können: „Kiss my ass.“
    O’Neill lächelte, aber sein Blick war traurig. Er stand unmittelbar davor, seine Entscheidung zu fällen. Rossini konnte sehen, dass er sich von seinem bisherigen Leben verabschiedete. Und er verabschiedete sich von dem Mann, der er hätte sein können. Es gab Träume, die er nie verwirklichen würde. Unter anderem würde er niemals Osama Bin Laden fangen.
    Zur selben Zeit wie O’Neill hielten sich auch Mohammed Atta und Ramsi Bin al-Schibh in Spanien auf. Sie gingen in einem kleinen Ferienort namens Salou die letzten Einzelheiten des Plans für den 11. September durch. 24
     
    SO WIE ER mit seiner Kleidung und seinem Auftreten dem traditionellen Widerpart des FBI-Agenten Tribut zollte - dem Gangster -, zeigte John O’Neill auch eine Affinität für die Denkweise des Terroristen. Sein Held war der irische Nationalist Michael Collins, der als Märtyrer verehrte Führer der Sinn Fein und Erfinder des modernen Guerillakriegs, der (wie O’Neill) von seinen eigenen Leuten betrogen wurde. Obwohl O’Neill als FBI-Agent gegen die IRA ermittelte und einige sehr erfolgreiche Operationen gegen sie leitete, sympathisierte er mit den Zielen der Organisation. 25 Offensichtlich erkannte er sich in Michael Collins wieder. Nun hatte er im vergangenen Jahrzehnt einen Kampf auf Leben und Tod gegen den kühnsten Terroristen der Geschichte geführt, dessen Ziele ihn abstießen, aber dessen Bekenntnis zu seiner Sache und dessen Unnachgiebigkeit ihresgleichen suchten.
    Nach den Ermittlungen im Fall Cole und der Untersuchung des Zwischenfalls mit dem Aktenkoffer begriff O’Neill, dass sein Ansehen derart gelitten hatte, dass der Posten im Nationalen Sicherheitsrat außer Reichweite war. Ein leitender FBI-Beamter nahm nach seinem Ausscheiden üblicherweise eine gut bezahlte Stelle als Sicherheitsberater eines Unternehmens an, um wenigstens in den letzten Jahren seines Berufslebens ein wenig Wohlstand aufzubauen. O’Neill hatte sich um mehrere derartige Posten beworben. Nach seiner Rückkehr aus Spanien entschloss er sich für den Job im World Trade Center. Einige seiner Freunde, darunter Mark Rossini, beglückwünschten ihn zu der Entscheidung und sagten: „Zumindest bist du dort in Sicherheit. Sie haben ja schon versucht, es zu sprengen.“Und O’Neill antwortete: „Sie werden es wieder versuchen. Sie werden die Versuche, diese beiden Gebäude zu zerstören, nie aufgeben.“Einmal mehr begab er sich instinktiv ins Auge des Orkans. Und vielleicht akzeptierte er damit in gewisser Weise sein Schicksal.
    Es ist gut möglich, dass John

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