Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007
ging er zum Studium nach Princeton, flog dort aber nach einem Semester raus. Er wechselte an die Georgetown-Universität in Washington, wo ihm 1964 einer seiner Mitstudenten die Nachricht überbrachte: „Hast du’s schon gehört? Dein Vater ist König geworden.“ 3
Aus sicherer Entfernung verfolgte Turki von Amerika aus die turbulente Entwicklung in seinem Heimatland, auch die finanzielle Rettung des Königs durch Mohammed Bin Laden - eine zur richtigen Zeit erfolgte Hilfestellung, die es Faisal ermöglichte, das Königreich zu stabilisieren und umzubauen, bevor der an Zugkraft gewinnende arabische Sozialismus zu einer Bedrohung der Königsfamilie hätte heranwachsen können. Die Verbindung zwischen der Königsfamilie und der Familie Bin Laden war besonders stark bei Faisals Kindern ausgeprägt. Sie vergaßen nie, welchen Gefallen Bin Laden ihrem Vater nach dessen Thronbesteigung erwiesen hatte.
Nach Israels Sieg im Sechstagekrieg 1967 versank die gesamte arabische Welt in Verzweiflung. Turki war so deprimiert, dass er sein Studium vernachlässigte und die Arbeit daher in Sommerkursen nachholen musste. Einer seiner Kommilitonen, ein schlanker junger Mann aus Arkansas namens Bill Clinton, nahm sich vier Stunden Zeit, um ihm bei der Vorbereitung auf eine Ethikprüfung zu helfen. 4 Das war am 19. August, Clintons 21. Geburtstag. Turki bekam die Note B, verließ aber kurz darauf Georgetown, ohne sein Bachelor-Examen abzulegen. Er setzte sein Studium in Princeton und Cambridge fort, brachte aber nie genügend Motivation auf, um den Abschluss zu machen.
Im Jahr 1973 kehrte er nach Saudi-Arabien zurück und fragte seinen Vater, was er nun tun solle. Der König begriff, dass er einen Job wollte. Er zog seine rechte Augenbraue hoch und sagte: „Wie du weißt, habe ich keinem deiner Brüder eine Arbeit verschafft. Such dir also auch selbst einen Job.“ 5 Natürlich brauchte sich der jüngste Spross des Königs keine Sorgen zu machen, da sein Platz im Leben durch den immensen Reichtum seiner Familie und die unangefochtene Stellung seines Vaters bereits gesichert war. Turkis Onkel mütterlicherseits, Scheich Kamal Adham, bot ihm eine Stelle im Büro für Auswärtige Beziehungen an. „Ich interessierte mich nicht für den Geheimdienst“, erzählte Turki. „Ich erkannte auch gar nicht, dass es um Geheimdienstarbeit ging. Ich dachte, es habe etwas mit Diplomatie zu tun.“Der unaufdringliche Intellektuelle schien sich besser zu eignen für einen Beruf, in dem es bei feierlichen Dinners und intimen Verhandlungen auf dem Tennisplatz eine gute Figur zu machen gilt, als für eine Tätigkeit, bei der Fertigkeiten ganz anderer Art gefragt sind und die sich eher im Dunkeln abspielt. Er heiratete Prinzessin Nouf bint Fahd al-Saud, die einer Nebenlinie der Königsfamilie entstammte, und richtete sich in einem Luxusleben ein, das sonst nur wenigen Menschen auf der Erde vergönnt war. Doch das Rad der Geschichte drehte sich weiter, und seine unbeschwerte Existenz trieb einer großen Umwälzung entgegen.
PRINZ TURKI kehrte an einem entscheidenden historischen Wendepunkt in sein Heimatland zurück. Viele Saudis waren in keiner Weise auf die plötzliche Transformation vorbereitet, die ihre Kultur seit dem ersten Ölboom durchlaufen hatte. Sie kannten nur ein Land, das in jeder Hinsicht sehr fundamentalistisch geprägt war. In den fünfziger Jahren lebten die meisten Einwohner Saudi-Arabiens noch genauso wie ihre Vorfahren vor zweitausend Jahren. Nur wenige betrachteten sich als Saudis, denn der Begriff der Nationalität bedeutete ihnen nichts, und die Regierung spielte praktisch keine Rolle in ihrem Leben. Sie verstanden sich als Angehörige von Stämmen, für die keine Grenzen galten. Die durch die Armut erzwungene Gleichheit und die beschränkten Zukunftsaussichten hatten eine Gesellschaft geschaffen, die so horizontal war wie der Wüstenboden. Die Stammesregeln und die Vorschriften des Korans hatten seit jeher das Denken und Handeln der Menschen bestimmt. Viele, vielleicht die meisten Saudis, hatten noch nie ein Automobil oder einen Ausländer zu Gesicht bekommen. Außer dem ritualisierten Auswendiglernen von Koranversen gab es nur wenige Bildungsmöglichkeiten, und es wurde auch kaum danach verlangt. Die grundlegende Lebenserfahrung der Menschen auf der arabischen Halbinsel bestand darin, dass sich nichts veränderte. Die Ewigkeit und die Gegenwart waren eins.
Schlagartig wurde diese Wüstenregion nun von einem
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