Der Todesengel von Florenz
tun?« Nun, da er wusste, dass von dem fremden Mönch kein Auftrag zu erwarten war, klang er beinahe ungeduldig.
»Nichts, Signore. Vielmehr hoffe ich meinerseits, Euch zu Diensten sein zu können«, erwiderte Pater Angelico und gab erneut die Geschichte mit der Haussegnung zum Besten. Dabei schielte er verstohlen auf die kräftigen Hände des Mannes, um zu sehen, ob er einen Siegel- oder Wappenring mit dem erhabenen Relief einer halben Florentiner Lilie trug. Beringt waren die Hände seines Gegenübers in der Tat, sogar reichhaltiger, als es einem Mann, der sich um Vornehmheit bemühte, guttat. Aber keiner der Ringe wies eine Lilie auf. Was wiederum nichts zu bedeuten hatte. Vermutlich besaß der Kriegsgewinnler eine ganze Schatulle voller Ringe, die er gelegentlich wechselte. »Da schien es mir in seligem Gedenken an meinen Klosterbruder geboten, Euch anzubieten …«
Das gewinnende Lächeln war aus Jacopo Forlanis Gesicht verschwunden. Es hatte einem fast verächtlichen Ausdruck Platz gemacht. »Wie kommt Ihr auf den einfältigen Gedanken, ich hätte mit Eurem Kotstecher von Klosterbruder eine Segnung abgesprochen?«, fiel er ihm ins Wort und war auf einmal in Rage, als habe Pater Angelico einen neuralgischen Punkt berührt. »Ich kenne den Kerl überhaupt nicht, und dafür bin ich dem Himmel dankbar! Bei Euch Betbrüdern weiß man wirklich nie, was sich unter Eurer Kutte verbirgt, das hat sich hier doch einmal mehr gezeigt! Es wird schon seinen Grund gehabt haben, dass der Mörder dem Bock den Schwanz abgeschnitten und in das schmutzige Maul gestopft hat! Bestimmt hat Euer Bruder noch ganz anderes mit Wonne gelutscht als Euren Klosterhonig! Aber wem erzähle ich das? Würde mich nicht wundern, wenn Ihr nicht nur das Chorgebet mit ihm geteilt, sondern Euch von ihm auch die Rosette hättet stechen lassen!«
Pater Angelico fand den Ausbruch höchst erstaunlich, allerdings nicht wegen der dreisten und obszönen Unverschämtheiten, die Jacopo Forlani von sich gab. In der Bevölkerung von Florenz herrschte schon seit Generationen Unmut über die vielen Mönche und Nonnen, die sich mit ihren Klöstern überall breitgemacht hatten und versorgt werden wollten. Das trieb die Steuern in die Höhe. Nicht selten nahm dieser Unmut auch Züge von Geringschätzung an. Zumal manche Ordenshäuser – Nonnenklöster nicht ausgenommen – nicht eben in dem Ruf standen, Orte frommer Hingabe zu sein. Dass immer wieder einmal ein Mann im Rock Gottes mit Strichjungen oder bei Dirnen angetroffen wurde, tat ein Übriges.
Dass dieser Mann so übergangslos dermaßen ausfallend geworden war, ließ darauf schließen, dass er für seine Verachtung … ja, besser gesagt, seinen Hass ganz eigene Gründe hatte. Welche das waren, darüber konnte er nur spekulieren, aber es tat auch nichts zur Sache. Es genügte zu wissen, dass Jacopo Forlani einen tiefen und offenbar sehr persönlichen Abscheu gegen alle hegte, die den Habit eines Mönchs trugen. Das war etwas, das es festzuhalten und Scalvetti zu berichten galt.
Pater Angelico verzog keine Miene und tat, als habe er den Schwall schmutziger Worte überhaupt nicht gehört. Er holte den Knopf hervor und sagte ruhig, wenn auch mit leicht sarkastischem Unterton: »Wenn Euch Pater Nicodemo nicht bekannt ist, wie Ihr sagt – und wie könnte ich an Euren Worten zweifeln –, dann muss ich wohl annehmen, dass Ihr mit diesem Knopf, den man in der Nacht des Mordes in seiner Faust gefunden hat, auch nichts anfangen könnt. Dabei würde er gut zu dem Putz passen, in den Ihr Euch kleidet, findet Ihr nicht?«
Jacopo Forlani stutzte, als habe er nicht richtig gehört oder gesehen, was der Mönch ihm da hinhielt. Dann schoss ihm erneut die Wutröte ins Gesicht. »Wie kannst du es wagen! Mach, dass du davonkommst, du dreckiger Hurensohn, sonst schlage ich dich zu Brei!«, schrie er und erregte damit die Aufmerksamkeit seiner Arbeiter. Zwei kräftige Burschen, die in der Nähe Ziegel aufgeschichtet hatten, kamen denn auch sofort heran. Einer bückte sich sogar nach einem Knüppel.
Schnell schloss sich Pater Angelicos Hand um den Knopf. Es war wohl Zeit, den Rückzug anzutreten. »Ihr solltet achtgeben, dass Euch nicht der Schlag trifft«, rief er noch, während er sich beeilte, hinter das Tor zu kommen. »Offenbar neigt Ihr dazu, schnell die Beherrschung zu verlieren und unbedachte Dinge zu sagen … ja, womöglich sogar Dinge zu tun, die Euch Kopf und Kragen kosten können. Wer weiß?«
»Lauf mir noch
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