Der Todesflieger
U-Boot an einem hölzernen Schwimmdock vertäut lag, das sich von einer kleinen Tunnelöffnung in der hinteren Felswand aus etwa sechzig Meter weit über das Wasser erstreckte. Die Höhle selbst war sehr viel niedriger als die erste, dafür aber ein paarmal so groß: Ihre Ausmaße glichen etwa denen eines Fußballfeldes. An der rechten Wand standen auf einem überhängenden Felssims fünf Männer, reglos wie Statuen, und jeder mit einer Maschinenpistole im Anschlag. Alle trugen sie jene Uniform, die Pitt schon zuvor bei von Tills Chauffeur aufgefallen war. Die ruhige Gelassenheit, mit der sie ihre Waffen auf die Männer im Wasser gerichtet hielten, ließ keinen Zweifel an ihrer Entschlossenheit aufkommen.
»Ich glaube, Sie tun lieber, was der Mann sagt«, empfahl Pitt.
Der Nebel kam wieder auf, dank der Scheinwerfer wurde die Sicht jedoch kaum schlechter.
An Flucht war nicht zu denken. Spencer und Hersong kletterten als erste an Bord des U-Boots, dann folgten Knight und Thomas. Woodson bildete wie gewöhnlich den Schluß.
Ungeachtet von Tills Anordnung hielt er seine Kamera immer noch in der Hand.
Knight half Pitt, die Sauerstoff-Flasche abzuschnallen.
»Lassen Sie einmal Ihr Bein sehen, Major.« Mit Knights behutsamer Unterstützung setzte Pitt sich hin. Knight band seinen Bleigürtel ab, nahm die Bleigewichte heraus und wickelte, um die Blutung zu stillen, den Nylongurt um das verletzte Bein. Er sah auf und grinste Pitt an.
»Sie brauchen wohl jeden Tag eine neue Verletzung?«
»Das ist ein Steckenpferd von mir…«
Pitt brach unvermittelt ab. Der Nebel schwand und im Licht der Scheinwerfer zeigte sich ein zweites U-Boot, das auf der anderen Seite des Docks angelegt hatte. Verdutzt glitt Pitts Blick zwischen den beiden Schiffen hin und her. Das eine U-Boot – das, auf dem er und seine Männer standen – besaß ein vollkommen glattes Deck, ohne alle Aufbauten. Über dem Rumpf des anderen Schiffes dagegen erhob sich immer noch der Turm; nichts schien demontiert. An Deck lagen die Trümmer eines Flugzeugs; die drei Männer, die mit dem Rücken zu Pitt standen, waren gerade dabei, die beiden Maschinengewehre zu bergen.
»Von hier ist die
Albatros
also immer aufgetaucht!« Pitt fiel es wie Schuppen von den Auge n.
»Ein altes japanisches Tauchboot, auf dem ein kleiner Aufklärer landen und starten kann. Die gibt es doch schon seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr.«
»Sie kennen sich aus«, meinte von Till lobend. »Ein hübsches kleines Schiff, nicht wahr? 1945 wurde es vor Iwo Jima von einem amerikanischen Zerstörer versenkt und 1951 von den
Minerva Lines
gehoben. Wenn es darum geht, meine Waren möglichst ungesehen anzulanden, ist diese Verbindung von U-Boot und Flugzeug besonders glücklich.«
»Sie eignet sich natürlich auch hervorragend, um amerikanische Luftwaffenstützpunkte und Forschungsschiffe anzugreifen«, ergänzte Pitt.
»Getroffen, Major«, lächelte von Till. »Bei unserem Abendessen neulich hatten Sie ja bereits die Vermutung geäußert, daß das Flugzeug aus dem Meer aufgetaucht sei. Sie kamen damit der Wahrheit näher, als Sie ahnen konnten.«
»Ich sehe es.« Pitt warf einen raschen Seitenblick zu dem kleinen Tunnel hinüber. Die Maschinenpistolen geschultert, lehnten beiderseits des Eingangs zwei weitere Wachposten an der Wand. Pitt fuhr fort: »Die alte
Albatros…
«
»Wenn ich Sie korrigieren darf«, fiel ihm von Till ins Wort:
»Es handelt sich hier um einen Nachbau der originalen
Albatros
. Ein gemütlicher Doppeldecker erschien mir das geeignetste Flugzeug, um auf kurzen Strecken, an dunklen Stränden oder auch auf See neben einem Schiff zu landen und abzuheben; die unteren Tragflächen lassen, oder besser: ließen sich nämlich herunterklappen und zu Wassergleitern umfunktionieren. Die
Albatros D-3
entsprach – natürlich erst nach Einbau einer modernen Maschine – genau meinen Ansprüchen. Hinzu kam, daß ein altes, klappriges Flugzeug wohl kaum den Verdacht erweckte, es könnte zu, sagen wir einmal: nicht ganz legalen Zwecken benutzt werden. Zu schade, daß es nie wieder fliegen wird.«
Von Till zog eine Schachtel Zigaretten aus der Brusttasche und zündete sich eine an.
»Eigentlich hatte ich nie vor, mit meinem Transportflugzeug einen Kampfangriff zu fliegen«, fuhr er fort. »Leider blieb mir aber gar nichts anderes übrig, als Brady Field und Ihr schönes Forschungsschiff unter Beschuß zu nehmen. Dieser Commander Gunn ließ sich trotz all meiner kleinen
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