Der Todesflug der Cargo 03
gleichzeitig fünf voneinander unabhängige Instrumentensysteme versagt haben. Oder aber die Mannschaft muss von einer Sekunde auf die andere dem Wahnsinn verfallen sein. Eine dritte Möglichkeit wäre es, wenn die Mannschaft sich entschlossen hätte, das Flugzeug zu entführen, weiß Gott, zu welchem Zweck. So etwas Jahrzehnte nachher auszugraben, wäre natürlich für die Luftwaffe auch nicht gerade schmeichelhaft.«
»Aber irgend jemand muss den Flug doch angeordnet haben«, sagte Steiger ratlos.
»Natürlich hat irgend jemand den Flug angeordnet«, bestätigte O’Keefe. »Wir wissen auch den Namen des Mannes. Der Flugbefehl für die Cargo 03 wurde auf dem Luftwaffenstützpunkt Travis in Kalifornien von einem Oberst Michael Irwin ausgestellt.«
Steiger sah den General zweifelnd an. »Nach allem, was ich weiß, werden die Kopien der Flugpläne doch selten länger als ein paar Monate aufbewahrt. Wie kommt es, dass gerade die Kopie dieses Flugplans über einen Zeitraum von mehr als dreißig Jahren erhalten geblieben ist?«
O’Keefe hob die Schultern. »Das weiß ich auch nicht, Oberst Steiger. Aber ich gebe Ihnen mein Ehrenwort als Soldat: Bei dem Dokument, das in den Archivunterlagen des Militärflugplatzes Travis aufgefunden wurde, handelt es sich um den Originalflugplan der Cargo 03.«
»Und was ist mit dem Flugplan, den ich im Wrack vorgefunden habe?«
»Die Papiere, die Sie vom Grunde des Bergsees hoch geholt haben, sind so stark vom Wasser beschädigt, dass eine vernünftige Interpretation der verbleibenden Schriftreste nicht mehr möglich ist. Sie Geheimnissen einfach mehr in die Sache hinein, als drin ist.«
»Soweit ich betroffen bin«, sagte O’Keefe mit abschließender Bestimmtheit, »so halte ich die Diskussion um die Kursabweichung eines Militärflugzeuges drei Jahrzehnte nach seinem Absturz für ausgemachten Blödsinn und für eine Vergeudung von Steuergeldern. Die Angelegenheit ist erledigt.« Er sah zu General Burgdorf hinüber. »Wie ist Ihre Meinung, General Burgdorf?«
»Sie haben recht, O’Keefe.« O’Keefe sah Steiger an, seine Miene war undurchdringlich.
»Gibt es noch irgend etwas, was Sie uns in dieser Angelegenheit sagen möchten, Oberst Steiger?«
Ruhig, in hilfloser Resignation, betrachtet Steiger die Militärs, die um ihn herum an dem mit grünem Filz belegten Sitzungstisch saßen und ihre Akten zugeklappt hatten. Es gab nichts mehr zu sagen. Nichts mehr, was bei seinen Vorgesetzten eine Meinungsänderung hätte bewirken können. Er stand am Ende einer Sackgasse. Und er sah auch das Damoklesschwert, das über ihm hing. Ihm war klar, was jetzt von ihm erwartet wurde. Entweder er vergaß mit dem Verlassen des Sitzungsraumes alles, was er über die Cargo 03 und ihren rätselhaften Absturz herausgefunden hatte, oder seine Karriere in der amerikanischen Luftwaffe war zu Ende.
Es war einer jenen schönen Tage, bei denen man ein schlechtes Gewissen hat, wenn man sie, abgeschirmt hinter Glas und Beton, im Büro verbringt. Der Präsident der Vereinigten Staaten stand auf dem Golf rasen hinter dem Weißen Haus. Steif vornübergebeugt, mühte er sich, eine Reihe von Golfbällen mit leichten Schlägen in das nur eineinhalb Meter entfernte Loch zu befördern. Keiner der Bälle traf das Ziel, was den Präsidenten in der Auffassung bestätigte, dass Golf ein Spiel war, in dem er es wohl nie zur Meisterschaft bringen würde. Dass Timothy March, der Verteidigungsminister, ihn während seiner unrühmlichen Golfübungen beobachtet hatte, machte die Sache nicht besser.
»Ich habe alles mit angesehen«, sagte March, der aus dem Schatten eines nahen Baumes zu ihm getreten war. »Ich weiß jetzt, mit welchen Enthüllungen ich meine Memoiren beginnen kann.« Er lächelte.
Der so Angesprochene zuckte grinsend die Schultern. »Ich scheine in der letzten Zeit überhaupt wenig Glück zu haben, meinen Sie nicht, March?«
»Das würde ich nicht sagen, Herr Präsident«, entgegnete March. Er war ein Mann von gedrungener Statur, der jede Art von körperlicher Bewegung im allgemeinen und Golf im besonderen haßte. »Auch wenn Ihre Regierungsperiode jetzt zu Ende geht Ihre Chancen für eine Neuwahl stehen doch recht gut. Immerhin sind Sie beim ersten Mal doch mit einer recht soliden Mehrheit in ihr Amt gekommen. Sie haben die Wahl gewonnen.«
»Niemand gewinnt eine Wahl«, murmelte der Präsident düster. »Man wird gewählt, sicher. Aber ohne eigenes Zutun. Man kann das überhaupt nicht beeinflussen.
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