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Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)

Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)

Titel: Der Todeskünstler: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
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Adrenalinstoß war abgeklungen. Sie fühlte sich zittrig, und ihr war leicht übel.
    Sie lehnte sich zurück und blickte auf die Unterseite des Etagenbettes über ihr.
    Vielleicht wird es jetzt ein bisschen besser hier im Heim.
    Sie war seit zwei Jahren in diesem Heim. Zwei Jahre, seit ihre Eltern gestorben waren, seit Theresa Dennis umgebracht hatte, und seit sie hierher in dieses gewalttätige Heim gekommen war. Der Fremde besuchte sie immer noch in ihren Träumen, doch die Besuche wurden immer seltener.
    Sie war erst acht Jahre alt, doch sie war nicht mehr unschuldig. Sie wusste Bescheid über den Tod und Blut und Gewalt. Sie wusste, dass die Starken besser überlebten als die Schwachen. Sie wusste, was Sex war, in all seinen Verkleidungen, auch wenn sie ihn (Gott sei Dank!) noch nicht aus erster Hand kennengelernt hatte.
    Sie hatte gelernt, ihre Gefühle perfekt zu verbergen. Sie war im Besitz von drei Gegenständen, drei Talismanen, deren Bedeutung sie vor den anderen Mädchen geheim hielt. Da war Mr. Huggles, ihr Stoffaffe. Dann ein Familienfoto von ihr,Mommy, Daddy, Buster und Doreen. Und schließlich das Foto von Theresas Mutter.
    Sarah hatte das Bild aus dem Versteck unter Theresas Matratze geholt, um es in Sicherheit zu bringen. Sie beabsichtigte, es Theresa eines Tages zurückzugeben.
    Von Zeit zu Zeit dachte sie ganz fest an ihre Pflegeschwester. Sie würde Theresa immer wie eine richtige Schwester sehen, und sie wusste, dass sie die Nacht beim Go-Fish niemals vergessen würde, als sie sich in Sicherheit gefühlt hatte. Sarah wusste, dass sie nie vergessen würde, warum Theresa getan hatte, was sie getan hatte. Sarah verstand das alles jetzt sehr gut.
    Sie griff in ihre Gesäßtasche und zog das Bild von Theresas junger, wunderschöner Mutter hervor. Sie strich mit den Fingern darüber und lächelte den lachenden Augen und dem kastanienbraunen Haar zu.
    Sie wusste, dass Theresa im Jugendgefängnis saß, bis sie achtzehn war. Cathy Jones hatte es ihr erzählt.
    Noch drei Jahre, und dann ist sie frei.
    Sie steckte das Foto wieder ein und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Sie hatte Theresa einmal zu schreiben versucht. Bloß einen kurzen Brief. Theresa hatte zwei Sätze zur Antwort geschrieben:
    Schreib mir nicht mehr, solange ich hier drin bin. Ich liebe dich.
    Sarah hatte begriffen. Manchmal stellte sie sich vor, wie Theresa achtzehn wurde und hierherkam, um sie zu adoptieren. Ein dummer Traum. Er kam trotzdem immer wieder.
    Alle drei oder vier Monate kam Cathy Jones vorbei und besuchte sie. Sarah freute sich auf Cathys Besuche, auch wenn sie sich fragte, welche Gründe es dafür geben mochte. Cathy war schwer zu durchschauen.
    Aber egal. Verlier bloß nicht ihre Visitenkarte.
    Sarah hatte angefangen, wie jemand zu denken, der ums Überleben kämpft. Dinge einzuordnen, in belastend und vorteilhaft, Aktiva und Passiva. Aktiva waren wichtig. Cathy, zumBeispiel. Cathy fand immer wieder wichtige Neuigkeiten heraus. Cathy hatte auch herausgefunden, dass Doreen bei den Overmans aufgenommen worden war, bei John und Jaimie. Wie gesagt, wichtige Neuigkeiten.
    Abgesehen von Cathy war Karen Watson Sarahs einzige Verbindung zur Außenwelt. Sarah verzog das Gesicht. Inzwischen hatte sie begriffen, was Theresa gemeint hatte, als sie Karen als »das Böse in Person« bezeichnete. Karen Watson war nicht nur vollkommen gleichgültig gegenüber den Kindern, für die sie verantwortlich war – sie verachtete sie. Sie gehörte zu den wenigen Menschen, die Sarah hasste.
    Ein klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. Sie setzte sich auf. Janet steckte den Kopf in den Saal.
    »Sarah? Karen Watson ist hier. Sie will dich sehen.«
    »Ist gut. Ich komme.«
    Die hagere Frau lächelte und ging. Sarah runzelte die Stirn.
    Was kann diese Hexe von mir wollen?

    Karen saß im Gemeinschaftsraum an einem Tisch. Sarah ging zu ihr und setzte sich ihr gegenüber. Karen musterte das Mädchen.
    »Wie geht es dir, Prinzessin?«
    »Gut.«
    Das geht dich einen Scheiß an , war die Antwort, die Sarah auf der Zunge brannte, doch sie war zu klug, sich diese Blöße zu geben. Die Starken kamen besser zurande als die Schwachen, und von ihnen beiden war Karen ganz klar die Stärkere.
    »Hast du deine Lektion inzwischen gelernt?«, fragte Karen. »Weißt du nun, wie man sich Pflegeeltern gegenüber zu benehmen hat?«
    Zum ersten Mal hatte Karen ihr diese Frage vor ungefähr einem Jahr gestellt. Sarah hatte gerade einen Geburtstag ohne

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