Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)
antreibt. Sie mögen schlauer sein, als wir es gewöhnt sind, sie mögen furchteinflößender oder entsetzlicher sein, doch am Ende werden sie alle von ihren Zwängen getrieben. Ein Muster ist unausweichlich. Das ist eine Tatsache, und derkönnen sie nicht entkommen, ganz gleich, wie rational sie in anderer Hinsicht sind.
»Ja, ich weiß. Sag mal, was hat es eigentlich mit deinen Schmerzen und den Tabletten auf sich?«, frage ich sie, ohne dass ich es eigentlich will und bevor ich darüber nachdenken kann.
Callie sieht mich mit erhobenen Augenbrauen an. »Das ist ein ziemlich unvermittelter Themenwechsel.« Ich biege nach rechts ab, folge Barry. »Nun, die Ärzte meinen, es ist das Resultat eines unbedeutenden Nervenschadens. Sie sagen, es könnte heilen, sind aber nicht mehr so optimistisch wie vor einem halben Jahr.«
»Wie schlimm sind die Schmerzen?«
»Manchmal sind sie ziemlich stark. Aber das ist nicht das eigentliche Problem. Das Problem ist, dass ich sie ständig habe. Unterschwellige Schmerzen, die nie weggehen. Das ist schlimmer als gelegentliche starke Schmerzen, für mich jedenfalls.«
»Und das Vicodin hilft dir?«
Ich sehe sie von der Seite lächeln. »Smoky, wir beide sind aus vielen Gründen befreundet. Einer davon ist, dass wir uns nur die Wahrheit sagen. Frag mich, was du wirklich wissen willst.«
Ich seufze. »Du hast recht. Ich mache mir Sorgen wegen der möglichen Abhängigkeit. Ich sorge mich um dich.«
»Verständlich. Also gut, dann sage ich die Wahrheit. Eine Abhängigkeit ist unvermeidlich. Ich schätze, es wäre jetzt schon schwierig für mich, damit aufzuhören. In drei Monaten ist es noch nicht schlimmer. Die Wahrheit ist, wenn sich das Problem bis dahin gelöst hat, bekomme ich für den Rest meines Lebens irgendwelche Schmerzmittel, was mit ziemlicher Sicherheit das Ende meiner beruflichen Laufbahn bedeutet. Deswegen, Smoky, liebe Freundin, tust du recht daran, dich um mich zu sorgen, und damit stehst du nicht alleine da. Ich erlaube dir hiermit, mich einmal im Monat zu fragen, wie es mir geht, und ich verspreche dir, ehrlich zu antworten und dir zu sagen, wiedie Dinge stehen, damit du die richtigen Entscheidungen treffen kannst. Ansonsten möchte ich nicht darüber reden, okay?«
Ich blicke sie sprachlos an. »Tust du denn alles, was die Ärzte dir sagen?«, frage ich, als ich meine Stimme wiedergefunden habe.
»Selbstverständlich.« Sie klingt erschöpft. »Physiotherapie hauptsächlich. Ich möchte wieder gesund werden. Es gibt fünf Dinge in meinem Leben, die für mich wichtig sind: mein Job, meine Freunde, meine Tochter, mein Enkelsohn und meine gelegentlichen sexuellen Abenteuer. Ich bin einigermaßen zufrieden, wie es läuft. Wenn ich den Job verliere …« Sie schüttelt den Kopf. »Es würde eine verdammt große Lücke reißen. Okay, jetzt haben wir ungefähr so viel über mich geredet, wie ich im Moment ertragen kann.«
Ich blicke sie an und belasse es dabei.
In Gedanken jedoch mache ich mir eine Notiz mit dem Vermerk »Dringend«. Noch eine Sache, die mir im Kopf herumgehen wird. Ich müsste eigentlich meine Vorgesetzten informieren und Callie in den Innendienst versetzen, doch das werde ich nicht, und das weiß sie. Callie ist eine erbarmungslose Jägerin, wenn es darum geht, selbst den unbedeutendsten Spuren zu folgen. Das rührt daher, weil sie auch mit sich selbst erbarmungslos ist. Wenn sie das Gefühl hat, zu einer Belastung für das Team zu werden, muss ich sie nicht erst suspendieren. Sie wird von selbst die Konsequenzen ziehen.
Es sei denn, ich gehe nach Quantico. Dann hätte ich nichts mehr damit zu tun …
Barry biegt nach links in eine der ruhigeren Wohnstraßen ein. Ich folge ihm einen Block weit. An einem Stoppschild biegen wir ein weiteres Mal links ab, dann sofort wieder nach rechts, direkt auf einen Anwohnerparkplatz.
»Jetzt weiß ich, was er eben gemeint hat, wegen dieser Gegend«, bemerkt Callie und blickt durch die Windschutzscheibe nach draußen.
Es ist ein alter Wohnkomplex von der Sorte, wie sie in den Siebzigern gebaut wurden, ein zweistöckiger Block mit einem grünen Innenhof, um den herum sich ungefähr vierzig Wohnungen ziehen. Die Fassade ist mit braunem Holz verkleidet, und der Sockel aus Beton ist schmutzig und an verschiedenen Stellen gerissen. Der Asphalt des Parkplatzes ist ebenfalls gesprungen, und es gibt keine Markierungen für die einzelnen Stellplätze. Zwei große Müllcontainer stehen direkt an der Hauswand. Beide
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