Der Todesstern
Spitzen, und ein erbittertes Kräftemessen begann, bei dem der Angreifer zweifellos den besseren Stand hatte. Gerrek fühlte, wie ihm der Knauf des Schwertes durch die feuchten Hände rutschte. Aber er konnte nicht nachfassen; sobald er auch nur mit einer Hand losließ, war es um ihn geschehen. Tückisch funkelte der Shrouk ihn an, sein ohnehin abstoßendes Gesicht verzog sich zu einem triumphierenden Grinsen.
Starr vor Schreck, konnte Gerrek nicht einmal schreien, als das Schwert ihm aus den Händen gewirbelt wurde. Die Waffe des Shrouks zuckte zurück, um gleich darauf mit tödlicher Sicherheit zuzustoßen. Gerrek hielt die Luft an; seine Gedanken wirbelten wirr durcheinander. Längst vergessen geglaubte Ereignisse erwachten zu neuem Leben, als würden magische Kräfte ihn alles noch einmal in Windeseile erleben lassen. Fronjas lächelndes Antlitz schien sich über ihn zu beugen, als wolle sie ihm einen flüchtigen Kuß auf die Nüstern hauchen. Und da war auch Mythor, der ihm sein Gläsernes Schwert entgegenhielt, in dessen Klinge er sich spiegelte – nicht als Beuteldrache, sondern als ranker Jüngling mit langem, lockigem Haar.
Schnaubend stieß er die angehaltene Luft aus, zwei winzige Stichflammen schossen aus seinen Nüstern hervor. Fast gleichzeitig zuckte ein blendend heller Blitz auf; begleitet von schier ohrenbetäubendem Donner schlug er unmittelbar vor ihm ein. Gerrek verspürte eine sengende Hitze. Ein jäh losbrechender Sturm riß ihn von den Beinen und wirbelte ihn wie ein welkes Blatt mit sich. Verzweifelt um sich schlagend, fand er doch nirgendwo Halt, und als er gleich darauf den bleichen, kalküberzogenen Boden auf sich zukommen sah, reagierte er zu langsam, um den Sturz abzufangen. Ein Gefühl, als würde sein ganzes Rückgrat zusammengestaucht, durchfuhr ihn. Die Kruste brach ein, sengende Hitze zog sich an seinen Beinen empor. Bis fast zur Leibesmitte steckte er in dem dampfenden, brodelnden Untergrund und konnte jeden Moment vollends versinken. Er dachte weder an den Shrouk noch an seine Freunde, sondern nur daran, wie er sich retten konnte. Während er heftig mit den Beinen strampelte, gruben seine Finger sich tief in den Kalk. Aber die verhärteten Ablagerungen brachen unter seinen langen Krallen aus, und jede Bewegung sorgte dafür, daß er ein klein wenig tiefer sank.
Als Gerrek verzweifelt versuchte, sich an der Oberfläche zu halten, stießen seine Füße unerwartet auf Widerstand, und er klammerte sich sofort mit den Greifzehen daran fest. Sich aufrichtend, stellte er dann verwundert fest, daß ihm das Wasser erneut nur bis zum Beutel reichte.
Endlich kam er frei. Dennoch irgendwie behindert, blickte er an sich hinab. Seine ansonsten purpurne Haut mit den gelben Schecken und borstenartigen, verfilzten Haarbüscheln war unter gelblichen Ablagerungen verschwunden. Diese Kruste erwies sich als überaus widerstandsfähig. Erst als er die Krallen hineinbohrte und kräftig daran zerrte, platzten große Stücke ab. Allerdings riß er sich damit auch die Haare aus, was zum einen nicht eben schmerzlos war und zum anderen seiner ohnehin lädierten Schönheit keineswegs zuträglich.
Von irgendwoher erklangen Kampfgeräusche; Gerrek vermochte sie nicht zu lokalisieren. Auf jeden Fall brauchte er sein Schwert. Die Nüstern rümpfend, blickte er um sich. Wenn er aufs Geratewohl losmarschierte, würde er sich nur noch tiefer in diesem Irrgarten aus schwefligen Dämpfen und aufsteigendem Brodem verlaufen. Überlegend zwirbelte er seinen Ziegenbart. Er war dem Shrouk zugewandt gewesen, als der Blitzschlag, oder was immer, ihn davongewirbelt hatte. Wenn er folglich in die Richtung ging, in der er im Loch gesteckt hatte, mußte er sein Schwert wiederfinden.
Innerlich schäumte er vor Wut. Die anderen würden lachen, wenn sie ihn so sahen.
Schon nach wenig mehr als einem Dutzend Schritten gewahrte er eine zusammengekrümmte Gestalt, die sich deutlich von dem hellen Untergrund abhob.
Es war tatsächlich der Leichnam des Shrouks. Der Blitzschlag hatte auch den Boden geschwärzt. Dicke, schwere Rußflocken schwammen noch auf dem Wasser.
Als Gerrek sich nach seinem Kurzschwert bückte, stieg ihm ein übler Geruch in die Nüstern. Es stank nach faulen Eiern, und er erinnerte sich düster, dies vorhin schon wahrgenommen zu haben. Dicht vor ihm stiegen gelbe Blasen aus der Tiefe empor. Sie brachten diesen geradezu abscheulichen Odem. Die Erkenntnis ließ ihn zusammenzucken. Er wußte, daß es
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