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Der Todesstoss

Der Todesstoss

Titel: Der Todesstoss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Sie sind weit
weg. Sorgt Euch nicht.«
»Ich sorge mich nicht«, erwiderte Birger. »Ich bin nur
neugierig.« Er sah zu Abu Dun hoch. »Seid Ihr ein Türke?«
Abu Dun starrte ihn nur finster an, aber Andrej war nicht ganz
sicher, wem der Ärger in seinem Blick eigentlich galt - Birger
oder ihm.
»Nein«, sagte er rasch. »Abu Dun hat mit den Türken so
wenig zu schaffen wie ich. Und er mag sie wohl noch weniger
als ich. Er ist Nubier.«
»Nubier?«
»Ein Land in Afrika«, erklärte Abu Dun. »Es ist sehr weit
weg.«
»Und wie ist es dort?«
»Warm«, grollte Abu Dun.
Birger blinzelte, sah den ehemaligen Piraten noch einen
Herzschlag lang verwirrt an, und zuckte dann mit den
Schultern.
»Da sind wir«, sagte er. Er deutete auf das letzte Haus am
Ortsrand, das, an dem sie vorhin schon einmal vorbeigekommen
waren, und beschleunigte seine Schritte. »Ihr könnt Eure Pferde
dort im Schuppen unterbringen«, sagte er.
»Ich hatte früher selbst ein Pferd, das immer darin stand. Es
ist kein Heu mehr da, aber ich werde gleich welches holen.«
»Macht Euch keine Umstände.« Andrej führte sein Tier in
den kleinen Holzverschlag - er war so niedrig, dass zwar das
Pferd, aber er nicht mehr aufrecht darin stehen konnte -, band
den Zügel an einen Pfosten und trat wieder ins Freie. Abu Dun
schwang sich ächzend aus dem Sattel und trat weit nach vorne
gebeugt an ihm vorbei, und Andrej ließ seinen Blick durch die
Gegend schweifen, während er darauf wartete, dass der Nubier
zurückkam. Einige Kinder waren ihnen gefolgt und standen
tuschelnd auf der anderen Straßenseite, aber ansonsten wirkte
der Ort noch immer wie ausgestorben. Seltsam.
Sie betraten das Haus, dessen Inneres einen weitaus
geräumigeren Eindruck machte, als sein Äußeres vermuten ließ.
Die Decke war ein gutes Stück höher, als allgemein üblich;
Andrej vermutete, dass Birger das Haus selbst gebaut hatte, und
dabei seinen überdurchschnittlichen Körpermaßen angepasst
hatte. Auch das Mobiliar war robust und eine Spur größer als
gewöhnlich, ansonsten von ziemlich einfacher Machart.
Ihr Gastgeber eilte voraus und machte sich hastig an
irgendetwas zu schaffen, das auf dem Tisch lag. Andrej hörte
ein Klimpern, während Birger sich herumdrehte und mit einem
kleinen Lederbeutel zu einer Truhe eilte, in die er ihn scheinbar
achtlos hineinwarf. Dann drehte er sich heftig gestikulierend zu
ihnen herum.
»Ihr werdet müde von der Reise sein«, sagte er. »Es gibt ein
zweites Zimmer, das ohnehin leer steht. Warum ruht Ihr Euch
nicht ein wenig aus? Ich muss noch gewisse Vorbereitungen
treffen.«
»Vorbereitungen?«, fragte Abu Dun.
»Ich habe selten Gäste«, antwortete Birger verlegen.
»Macht Euch unseretwegen keine Umstände, Birger«, sagte
Andrej, aber Birger winkte ab und ließ ihn gar nicht weiter zu
Wort kommen.
»Es sind keine Umstände, im Gegenteil. Ich habe so selten
Gäste, dass ich froh bin, dass Ihr da seid. Aber ich glaube, es ist
besser, wenn ich noch einmal mit Vater Ludowig rede. Und mit
einigen anderen.«
»Anderen?«, hakte Abu Dun nach.
»Macht Euch keine unnötigen Gedanken«, sagte Birger und
begann wieder mit den Händen in der Luft herumzufuchteln.
»Ich bin bald zurück. Ruht Euch aus oder seht in der
Speisekammer nach, ob Ihr etwas findet, was Eurem
Geschmack entspricht. Ich bin bald zurück.«
Bevor Andrej oder Abu Dun auch noch eine weitere Frage
stellen konnten, lief er an ihnen vorbei und zur Tür hinaus.
Andrej blickte ihm kopfschüttelnd nach, während sich Abu
Duns misstrauisches Stirnrunzeln noch vertiefte.
»Wie hat er das gemeint, wir sollen uns keine unnötigen
Gedanken machen?«, murmelte er. »Vielleicht reicht es ja,
wenn wir uns die Gedanken machen, die nötig sind.«
Andrej seufzte, aber Abu Dun schien Gefallen an dem
Wortspiel gefunden zu haben. »Weißt du, wie du es am
schnellsten schaffst, jemanden zu beunruhigen?«, fragte er, nur
um seine eigene Frage gleich selbst zu beantworten: »Indem du
ihm versichert, dass es keinen Grund gibt, beunruhigt zu sein.«
Wieder seufzte Andrej. »Abu Dun, dein gesundes Misstrauen
in Ehren, aber man kann es damit auch übertreiben.«
»Genau wie mit der Vertrauensseligkeit«, murrte Abu Dun.
Er wartete einen Moment vergebens auf eine Antwort, dann hob
er die Schultern und ging mit langsamen Schritten zu der Truhe,
an der sich Birger zu schaffen gemacht hatte. Er klappte den
Deckel auf, griff hinein und nahm den Beutel heraus, den Birger
zuvor dort

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