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Der Todesstoss

Der Todesstoss

Titel: Der Todesstoss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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aber sowohl Andrej als auch Abu Dun waren dagegen gewesen.
Sie beide hatten nicht vergessen, was Birger selbst über sich
und die anderen gesagt hatte: Sie waren keine Krieger, sondern
einfache Bauern und Kuhhirten. Ihre Anwesenheit war keine
Hilfe, sondern stellte allenfalls eine Belastung, vielleicht sogar
eine Gefahr dar.
Andrej war schon nicht erfreut über die Begleitung dieser
beiden, hatte es aber bei einem erfolglosen Einspruchsversuch
belassen. Mittlerweile war auch das fast bedeutungslos
geworden. Er fror erbärmlich. Sie waren den ganzen Tag über
immer tiefer in die Berge hinein- und zugleich immer höher
geritten. Dort war die Luft so kalt, dass das Atmen fast
schmerzte. Nicht weit vor ihnen schimmerte es weiß zwischen
den spärlicher werdenden Bäumen.
»Wohin führt Ihr uns eigentlich?«, fragte Andrej. Er ritt
unmittelbar neben Birger. Abu Dun hatte es vorgezogen,
weiterhin kein Wort zu sprechen und ein gutes Stück hinter
ihnen zu bleiben.
Andrejs Atem dampfte in der Kälte. Noch bevor Birger
antwortete, drehte er sich halb im Sattel herum und sah in die
Richtung zurück, aus der sie gekommen waren. Er war erstaunt
festzustellen, welche große Entfernung sie an nur einem Tag
zurückgelegt hatten. Dennoch konnten sie Trentklamm noch tief
unter sich im Tal liegen sehen. Der Ort lag in hellem
Sonnenschein da und bot, angesichts der prickelnden Kälte, die
Andrej auf der Haut fühlte, einen geradezu unglaublichen
Anblick.
»Es ist jetzt nicht mehr allzu weit«, antwortete Birger.
»Vielleicht sollten wir hier rasten und warten, bis es dunkel
wird.«
»Ich hoffe, es dauert nicht mehr so lange, wie wir brauchten,
um hier heraufzukommen«, mischte sich Abu Dun ein, der
mittlerweile zu ihnen aufgeschlossen hatte.
»Wir konnten nicht auf dem direkten Weg reiten«, antwortete
Birger. »Sie sind misstrauisch und hätten uns gesehen.« Er
machte eine Kopfbewegung nach vorne, zu den scheinbar noch
immer unendlich weit entfernten Berggipfeln, die in ewigem
Weiß vor ihnen schimmerten. »Wir brauchen nicht mehr lange,
um den Berg zu umgehen und uns dem Dorf von der anderen
Seite zu nähern. Über den Pass kämen wir niemals ungesehen
hinweg.«
Andrej tauschte einen raschen Blick mit Abu Dun. Für
jemanden, der immer wieder betonte, dass er kein Krieger war,
dachte Birger ziemlich strategisch.
»Ich hätte nichts gegen eine Rast einzuwenden«, sagte Abu
Dun. »Es ist widerlich kalt.«
Er schüttelte sich. Andrej nahm an, dass er weit mehr unter
der Kälte litt als die anderen, stammte er doch aus einem Land,
in dem es nicht einmal ein Wort für Schnee gab.
»Wir können kein Feuer machen«, gab Birger bedauernd zu
bedenken.
»Es wäre in der Nacht deutlich zu sehen.« Er wandte sich mit
einer auffordernden Geste an seine beiden Begleiter. Sie sagten
nichts, setzten sich aber gehorsam in Bewegung und ritten
voraus, und Birger fuhr mit einem neuerlichen Wedeln der
Hand fort: »Rasten wir gleich hier. Stefan und sein Bruder
geben darauf Acht, dass sich niemand heimlich anschleicht.«
»Seid ihr eigentlich alle miteinander verwandt?«, u Dun.
Birger schwang sich aus dem Sattel des grobschlächtigen
Ackergaules, den er ritt, und ließ die Zügel los. Das Pferd
entfernte sich ein paar Schritte und begann dann an den
Grashalmen zu zupfen, die spärlich auf dem steinigen Boden
wuchsen. Andrej hatte am Erfolg ihrer Reise zu zweifeln
begonnen, als er die Tiere der drei Dörfler gesehen hatte. Aber
die Pferde hatten ihn ebenso überrascht wie ihre Reiter. Sie
hatten sich nicht besonders schnell, aber so beharrlich wie
Ochsen und geschickt wie Bergziegen bewegt.
Abu Dun und er saßen ebenfalls ab, banden ihre Pferde aber
an die Äste eines nahe gelegenen Baumes. Abu Dun sah sich
missmutig nach einem Platz um, an dem er halbwegs weich
sitzen konnte, und steuerte schließlich das einzige Mooskissen
weit und breit an. Andrej setzte sich auf einen Stein und sah
wortlos zu, wie Birger seine Packtaschen leerte und Brot, kaltes
Fleisch und ziegenlederne Schläuche mit Wein vor ihnen
ausbreitete.
»Schon wieder ein Festmahl?«, fragte Abu Dun. »Ich bin
eigentlich nicht hungrig.«
»Ihr solltet etwas essen«, erwiderte Birger. »Wir werden hier
rasten, und danach haben wir noch einen Fußmarsch vor uns.
Wollt Ihr auch noch hungern, wenn Ihr schon friert?«
Abu Dun bedachte ihn mit einem verdrossenen Blick, griff
aber dann doch zu, und auch Andrej nahm sich ein Stück
Fleisch und eine Scheibe

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