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Der Todeswirbel

Der Todeswirbel

Titel: Der Todeswirbel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Löhne werden gestiegen sein, es wird Arbeitskräftema n gel herrschen, und niemand wird wissen, was. er eigen t lich will. Wenn man eine Farm nicht in großem Stil betreiben kann, steht das Risiko in keinem Verhältnis zum Erfolg. Das wusste Gordon, und deshalb war er bereit, mir zu einem richtigen Start zu verhelfen.«
    »Und jetzt…«, sagte Lynn vage.
    »Jetzt fährt Mrs Gordon nach London und gibt ein paar Tausender für einen hübschen Nerzmantel aus.«
    »Es ist eine Gemeinheit.«
    »O nein, Lynn.« Rowley lächelte. »Ich hätte nichts dag e gen, könnte ich dir einen Nerzmantel kaufen.«
    »Wie ist sie eigentlich, Rowley?«
    »Du wirst sie heute Abend ja mit eigenen Augen sehen. Onkel Lionel und Tante Kathie haben sie eingeladen.«
    »Ich weiß, aber ich möchte hören, was du von ihr hältst. Mama behauptet, sie sei geistig zurückgeblieben.«
    Rowley überlegte sich seine Antwort gründlich, bevor er erwiderte:
    »Ihr Intellekt ist sicher nicht ihre stärkste Seite, aber geistig zurückgeblieben ist sie auch nicht. Sie wirkt nur manchmal so einfältig, weil sie ständig auf der Hut ist.«
    »Auf der Hut? Wovor?«
    »Ach, vor allem. Davor, sich durch ihren Akzent läche r lich zu machen, davor, bei Tisch das falsche Messer zu nehmen, davor, sich in einem Gespräch zu blamieren.«
    »Ist sie wirklich völlig ungebildet?«
    Rowley schmunzelte.
    »Der Prototyp einer Dame ist sie bestimmt nicht, wenn du das damit sagen willst. Sie hat hübsche Augen, sehr schöne Haut und ist – sehr schlicht. Ich denke mir, dass gerade ihre Einfachheit Gordon den Kopf verdreht hat. Ob sie sich diese Schlichtheit nur zugelegt hat, weiß man natürlich nicht. Aber ich glaube nicht. Man kann es nicht recht beurteilen. Sie steht im Allgemeinen nur da und lässt sich von David dirigieren.«
    »David?«
    »Ja, das ist ihr Bruder. Er ist bedeutend weniger unve r fälscht als sie. Ich traue ihm jede Gerissenheit zu, die man sich denken kann. Uns liebt er nicht besonders.«
    »Das kann man ihm nicht übel nehmen«, entfuhr es Lynn, und als Rowley sie erstaunt ansah, fügte sie hinzu: »Ihr könnt ihn doch auch nicht leiden.«
    »Ich bestimmt nicht, und dir wird es nicht anders g e hen. Er gehört nicht zu den Leuten, die uns liegen.«
    »Wie willst du wissen, wer mir liegt und wer nicht, Rowley? Mein Horizont hat sich in den letzten Jahren erweitert.«
    »Du hast mehr von der Welt zu sehen bekommen als ich, das ist wahr.«
    Rowleys Stimme klang ruhig, aber Lynn sah trotzdem prüfend zu ihm hinüber. Die Bemerkung war nicht so bedeutungslos gewesen, wie sie sich angehört hatte. Lynn spürte den Unterton. Doch Rowley wich ihrem prüfe n den Blick nicht aus. Es war nie einfach gewesen, die G e danken hinter Rowleys glatter Stirn zu lesen, dachte Lynn. Was für eine verrückte Welt das doch war. In früheren Zeiten pflegten die Männer in den Krieg zu ziehen und die Frauen daheim zu bleiben.
    Von den beiden jungen Männern, die die Farm bewir t schafteten, Rowley und Johnnie, hatte notgedrungen e i ner daheim bleiben müssen. Sie hatten gelost, und Joh n nie hatte das Los getroffen. Kurz nachdem er ausgezogen war, fiel er. In Norwegen. Und Rowley war auf der Farm geblieben und während all der Kriegsjahre höchstens eine Meile weit gekommen. Sie, Lynn, hingegen hatte Ägy p ten, Sizilien und Nordafrika gesehen und mehr als eine gefährliche Situation durchgestanden.
    Ob Rowley wohl mit dem Schicksal haderte, das sie beide auf solcherart verdrehte Posten gestellt hatte? Sie stieß ein nervöses kurzes Lachen aus.
    »Ist es dir sehr schwer gefallen, Rowley, dass Johnnie… ich meine, dass er – «
    »Lass Johnnie aus dem Spiel«, unterbrach Rowley sie barsch. »Der Krieg ist vorbei. Ich habe Glück gehabt.«
    »Du meinst, du hast Glück gehabt, dass du nicht zu g e hen brauchtest?«
    »Ist das kein Glück?« Seine Stimme klang ruhig wie immer, und doch war der schneidende Unterton nicht zu überhören. »Für euch Mädchen, die ihr aus dem Krieg kommt, wird es schwer sein, sich wieder an die heimatl i che Scholle zu gewöhnen.«
    »Ach, red doch keinen Unsinn, Rowley.«
    Sie reagierte unerklärlich gereizt. Warum? Vielleicht, weil ein Körnchen Wahrheit in Rowleys Bemerkung steckte?
    »Findest du denn, dass ich mich verändert habe?«, fra g te sie, schon nicht mehr so selbstsicher.
    »Nicht gerade verändert…«
    »Vielleicht bist du anderen Sinnes geworden.«
    »Ich bin, wie ich war. Auf der Farm hat sich nicht das Geringste

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