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Der Todschlaeger

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Titel: Der Todschlaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlo von der Birke
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ihnen eingeschärft,
    schön artig zu sein. Augustine, diese
    Schielliese, die auf die Herde aufpaßte, mußte
    auf den Knien essen.
    »Mama! Mama!« schrie Nana jäh. »Augustine
    läßt ihr Brot in den Röstapparat fallen!«
    Die Wäscherin eilte herbei und überraschte die
    Schielliese dabei, wie sie sich die Kehle
    verbrannte, um eine von brodelndem Gänsefett
    ganz durchtränkte Brotschnitte schneller
    hinunterzuschlucken. Sie ohrfeigte sie, weil
    diese verflixte Range schrie, das sei nicht
    wahr.
    Als nach dem Rindfleisch das Frikassee
    erschien, das in einer Salatschüssel
    aufgetragen wurde, weil im Haushalt keine
    ausreichend große Schüssel vorhanden war,
    lief ein Gelächter unter den Gästen um.
    »Nun wird's ernst«, erklärte Poisson, der selten
    sprach.
    Es war halb acht. Sie hatten die Ladentür
    geschlossen, damit das Viertel nicht bei ihnen
    herumspioniere; besonders der kleine
    Uhrmacher gegenüber machte Augen wie
    Tassen und nahm ihnen mit einem so gierigen
    Blick die Bissen geradezu vom Munde weg,
    daß sie dies am Essen hinderte. Die vor den
    Fensterscheiben hängenden Vorhänge ließen
    helles, weißes, gleichmäßiges Licht ohne jeden
    Schatten herabfallen, in dem der Tisch mit
    seinen noch symmetrischen Gedecken und
    seinen mit hohen Papiermanschetten
    umkleideten Blumentöpfen badete; und diese
    blasse Helligkeit, dieses langsame Dämmern
    verlieh der Gesellschaft ein vornehmes
    Aussehen. Virginie fand das treffende Wort:
    sie betrachtete den abgeschlossenen und mit
    Musselin ausgeschlagenen Raum und erklärte,
    das sei nett. Wenn ein Karren auf der Straße
    vorüberfuhr, hüpften die Gläser auf dem
    Tischtuch und die Damen waren genötigt,
    ebenso laut zu schreien wie die Männer. Aber
    man redete wenig, man hielt sich gut, man
    erwies einander Höflichkeiten. Nur Coupeau
    war im Kittel, weil man sich vor Freunden
    keinen Zwang anzutun brauche, wie er sagte,
    und der Kittel im übrigen das Ehrenkleid des
    Arbeiters sei.
    Die in ihre Korsagen eingeschnürten Damen
    hatten von Pomade klebriges, glatt
    gescheiteltes Haar, in dem sich das Tageslicht
    spiegelte, während die Herren, die weit vom
    Tisch entfernt saßen, die Brust vorwölbten und
    die Ellbogen abspreizten, aus Furcht, Flecken
    auf ihren Gehrock zu machen.
    Donnerwetter! Gab das ein Loch im Frikassee!
    Wenn man auch kaum sprach, so kaute man
    doch tüchtig. Die Salatschüssel höhlte sich
    aus, ein Löffel stak in der dicken Sauce, in
    einer guten gelben Sauce, die wie Gelee
    zitterte. Darin fischte man nach den
    Kalbfleischstücken; und es war immer noch
    etwas da, die Salatschüssel wanderte von Hand
    zu Hand, die Gesichter neigten sich vor und
    suchten nach Champignons. Die hinter den
    Gästen gegen die Wand gelehnten großen
    Brote schienen dahinzuschmelzen. Zwischen
    den einzelnen Bissen hörte man, wie die
    Gläser auf den Tisch zurückgesetzt wurden.
    Die Sauce war etwas zu salzig, man brauchte
    vier Liter, um dieses Luder von einem
    Frikassee zu ertränken, das sich wie Sahne
    hinunterschlucken ließ und einem eine
    Feuersbrunst im Bauch entfachte. Und man
    hatte keine Zeit zum Verschnaufen, der
    Schweinerücken, der in einer tiefen Schüssel
    angerichtet und von großen runden Kartoffeln
    umgeben war, traf inmitten einer Dampfwolke
    ein. Es gab einen Aufschrei.
    Himmelsakrament! Das war was! Das aß
    jedermann gern. Diesmal wollte man sich aber
    Appetit machen.; und jeder sah der Schüssel
    mit scheelem Blick nach und wischte dabei
    sein Messer am Brot ab, um bereit zu sein. Als
    man sich dann auf getan hatte, stieß man
    einander mit den Ellbogen an, redete man mit
    vollem Mund. Weich wie Butter, dieser
    Rücken, was! Etwas Zartes und Kräftiges, man
    spürte, wie das einem den Darm entlang bis in
    die Stiefel hinunterrann. Die Kartoffeln waren
    Zucker. Salzig war das Essen nicht, aber
    gerade wegen der Kartoffeln erforderte es alle
    Minuten einen Schluck zum Begießen. Man
    brach vier weiteren Literflaschen den Hals.
    Die Teller wurden so sauber ausgewischt, daß
    man sie nicht wechselte, um die Erbsen mit
    Speck zu essen. Oh, das Gemüse war nicht
    weiter von Belang. Das verdrückte man
    löffelweise und hatte seinen Spaß daran.
    Richtige Feinschmeckerei mit einem Wort,
    sozusagen was zum Schlecken für die Damen.
    Das Beste an den Erbsen waren die
    durchgerösteten Speckstücke, die nach
    Pferdehuf stanken. Zu diesem Gang genügten
    zwei Liter Wein.
    »Mama! Mama!« schrie Nana mit einemmal.
    »Augustine langt auf

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