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Der Todschlaeger

Der Todschlaeger

Titel: Der Todschlaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlo von der Birke
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Tage
    davon, sie hätten die Platte, den Tisch und den
    Laden verschlungen, um Hinkebein mit einem
    Schlage zugrunde zu richten. Alle Damen
    hatten vom Gerippe haben wollen; das Gerippe
    ist das Stück für die Damen. Frau Lerat, Frau
    Boche und Frau Putois kratzten Knochen ab,
    während Mama Coupeau, die für den Hals
    schwärmte, mit ihren letzten beiden Zähnen
    das Fleisch davon abriß. Virginie liebte die
    Haut, wenn sie braun gebraten war, und jeder
    Gast reichte ihr aus Ritterlichkeit seine Haut
    herüber, so daß Poisson seiner Frau strenge
    Blicke zuwarf und ihr aufzuhören befahl, weil
    sie jetzt genug habe: schon einmal habe sie
    vierzehn Tage mit geschwollenem Bauch im
    Bett gelegen, weil sie zuviel Gänsebraten
    gegessen habe. Aber Coupeau wurde böse und
    tat Virginie den oberen Teil einer Keule auf,
    wobei er schrie, wenn sie die – zum
    Donnerwetter! – nicht verputze, so sei sie
    keine Frau. Habe eine Gans denn schon jemals
    irgend jemandem geschadet? Im Gegenteil, die
    Gans heile Krankheiten der Milz. So was
    verspachtele man ohne Brot wie einen
    Nachtisch. Er könne davon die ganze Nacht
    fressen, ohne Beschwerden zu kriegen; und
    um zu prahlen, stopfte er sich eine ganze
    Keule in den Mund. Unterdessen aß Clémence
    ihren Bürzel auf, lutschte ihn mit einem
    Glucksen der Lippen aus, wobei sie sich
    wegen Boche, der ihr ganz leise
    Unanständigkeiten erzählte, auf ihrem Stuhl
    vor Lachen bog. Ah, Himmelsakrament, heute
    fraß man sich mal die Hucke voll! Wenn man
    mitmacht, macht man eben mit, nicht wahr?
    Und wenn man sich nur hin und wieder mal
    eine große Fresserei leistet, wäre man ja schön
    blöde, sich nicht bis zu den Ohren
    vollzustopfen. Wahrhaftig, man sah, wie sich
    die Wänste dementsprechend aufblähten. Die
    Damen waren schwanger. Sie platzten alle aus
    der Haut, diese verdammten Freßsäcke! Mit
    offenem Mund, mit Fett beschmiertem Kinn
    sahen ihre Gesichter aus wie Hintern, und so
    rot, daß man meinen konnte, es seien Hintern
    reicher Leute, die vor Wohlstand strotzten.
    Und erst der Wein, Kinder, der floß rings um
    den Tisch, wie das Wasser in der Seine fließt.
    Ein wahrer Bach, wenn es geregnet hat und die
    Erde dürstet. Coupeau schenkte von oben ein,
    um den roten Strahl schäumen zu sehen; und
    wenn eine Literflasche leer war, machte er sich
    den Spaß, den Hals nach unten zu drehen und
    ihn mit der Handbewegung zu drücken, mit
    der Frauen vertraut sind, die Kühe melken.
    Schon wieder eine Pulle geköpft! In einer
    Ecke des Ladens wuchs der Haufen der
    geköpften Pullen, ein Flaschenfriedhof, auf
    den man schüttete, was vom Tischtuch gekehrt
    wurde. Da Frau Putois um Wasser gebeten
    hatte, hatte der entrüstete Bauklempner soeben
    selber die Karaffen weggenommen. Tranken
    anständige Leute denn Wasser? Sie wollte
    wohl Frösche im Magen kriegen? Und die
    Gläser wurden mit einem tüchtigen Schluck
    geleert, man hörte, wie das in einem Zug
    hinuntergestürzte Getränk die Kehle hinabrann
    mit dem Rauschen von Regenwasser in den
    Traufen an Gewittertagen. Es regnete Krätzer,
    was? Einen Krätzer, der zuerst nach altem Faß
    schmeckte, an den man sich aber ganz schön
    gewöhnte, so sehr, daß er schließlich nach
    Haselnüssen schmeckte. Ah, Herrgott noch
    mal, die Jesuiten57 mochten sagen, was sie
    wollten, der Rebensaft sei trotzdem eine
    famose Erfindung! Die ganze Gesellschaft
    lachte und stimmte zu; denn schließlich hätte
    der Arbeiter ohne Wein nicht leben können,
    der alte Noah mußte den Rebstock für die
    Bauklempner, die Schneider und die Schmiede
    gepflanzt haben. Der Wein entschlacke und
    erhole von der Arbeit, mache den Faulenzern
    Feuer untern Bauch; wenn der Spaßvogel
    einem Streiche spiele – na schön! –, man habe
    ja nicht den König zum Onkel, Paris gehöre
    einem. Zudem habe der Arbeiter, der sich
    abrackere, keinen Sou besitze, von den
    Bürgern verachtet werde, so viele Anlässe zur
    Fröhlichkeit, und man käme gerade richtig an,
    ihm einen Schwips vorzuwerfen, den er von
    Zeit zu Zeit habe und den er sich einzig zu
    dem Zweck zugelegt, um das Leben rosig zu
    sehen! He! Sei einem gerade jetzt der Kaiser
    denn nicht schnuppe? Vielleicht sei der Kaiser
    ebenfalls angesäuselt, aber das mache weiter
    nichts, er sei einem schnuppe, man wette gern,
    daß er nicht angesäuselter und ausgelassener
    sein könnte. Zum Teufel mit den feinen
    Pinkeln! Coupeau wünschte die Leute zum
    Henker. Die Frauen fand er prima, er klopfte
    auf seine Tasche,

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