Der Todschlaeger
Tage
davon, sie hätten die Platte, den Tisch und den
Laden verschlungen, um Hinkebein mit einem
Schlage zugrunde zu richten. Alle Damen
hatten vom Gerippe haben wollen; das Gerippe
ist das Stück für die Damen. Frau Lerat, Frau
Boche und Frau Putois kratzten Knochen ab,
während Mama Coupeau, die für den Hals
schwärmte, mit ihren letzten beiden Zähnen
das Fleisch davon abriß. Virginie liebte die
Haut, wenn sie braun gebraten war, und jeder
Gast reichte ihr aus Ritterlichkeit seine Haut
herüber, so daß Poisson seiner Frau strenge
Blicke zuwarf und ihr aufzuhören befahl, weil
sie jetzt genug habe: schon einmal habe sie
vierzehn Tage mit geschwollenem Bauch im
Bett gelegen, weil sie zuviel Gänsebraten
gegessen habe. Aber Coupeau wurde böse und
tat Virginie den oberen Teil einer Keule auf,
wobei er schrie, wenn sie die – zum
Donnerwetter! – nicht verputze, so sei sie
keine Frau. Habe eine Gans denn schon jemals
irgend jemandem geschadet? Im Gegenteil, die
Gans heile Krankheiten der Milz. So was
verspachtele man ohne Brot wie einen
Nachtisch. Er könne davon die ganze Nacht
fressen, ohne Beschwerden zu kriegen; und
um zu prahlen, stopfte er sich eine ganze
Keule in den Mund. Unterdessen aß Clémence
ihren Bürzel auf, lutschte ihn mit einem
Glucksen der Lippen aus, wobei sie sich
wegen Boche, der ihr ganz leise
Unanständigkeiten erzählte, auf ihrem Stuhl
vor Lachen bog. Ah, Himmelsakrament, heute
fraß man sich mal die Hucke voll! Wenn man
mitmacht, macht man eben mit, nicht wahr?
Und wenn man sich nur hin und wieder mal
eine große Fresserei leistet, wäre man ja schön
blöde, sich nicht bis zu den Ohren
vollzustopfen. Wahrhaftig, man sah, wie sich
die Wänste dementsprechend aufblähten. Die
Damen waren schwanger. Sie platzten alle aus
der Haut, diese verdammten Freßsäcke! Mit
offenem Mund, mit Fett beschmiertem Kinn
sahen ihre Gesichter aus wie Hintern, und so
rot, daß man meinen konnte, es seien Hintern
reicher Leute, die vor Wohlstand strotzten.
Und erst der Wein, Kinder, der floß rings um
den Tisch, wie das Wasser in der Seine fließt.
Ein wahrer Bach, wenn es geregnet hat und die
Erde dürstet. Coupeau schenkte von oben ein,
um den roten Strahl schäumen zu sehen; und
wenn eine Literflasche leer war, machte er sich
den Spaß, den Hals nach unten zu drehen und
ihn mit der Handbewegung zu drücken, mit
der Frauen vertraut sind, die Kühe melken.
Schon wieder eine Pulle geköpft! In einer
Ecke des Ladens wuchs der Haufen der
geköpften Pullen, ein Flaschenfriedhof, auf
den man schüttete, was vom Tischtuch gekehrt
wurde. Da Frau Putois um Wasser gebeten
hatte, hatte der entrüstete Bauklempner soeben
selber die Karaffen weggenommen. Tranken
anständige Leute denn Wasser? Sie wollte
wohl Frösche im Magen kriegen? Und die
Gläser wurden mit einem tüchtigen Schluck
geleert, man hörte, wie das in einem Zug
hinuntergestürzte Getränk die Kehle hinabrann
mit dem Rauschen von Regenwasser in den
Traufen an Gewittertagen. Es regnete Krätzer,
was? Einen Krätzer, der zuerst nach altem Faß
schmeckte, an den man sich aber ganz schön
gewöhnte, so sehr, daß er schließlich nach
Haselnüssen schmeckte. Ah, Herrgott noch
mal, die Jesuiten57 mochten sagen, was sie
wollten, der Rebensaft sei trotzdem eine
famose Erfindung! Die ganze Gesellschaft
lachte und stimmte zu; denn schließlich hätte
der Arbeiter ohne Wein nicht leben können,
der alte Noah mußte den Rebstock für die
Bauklempner, die Schneider und die Schmiede
gepflanzt haben. Der Wein entschlacke und
erhole von der Arbeit, mache den Faulenzern
Feuer untern Bauch; wenn der Spaßvogel
einem Streiche spiele – na schön! –, man habe
ja nicht den König zum Onkel, Paris gehöre
einem. Zudem habe der Arbeiter, der sich
abrackere, keinen Sou besitze, von den
Bürgern verachtet werde, so viele Anlässe zur
Fröhlichkeit, und man käme gerade richtig an,
ihm einen Schwips vorzuwerfen, den er von
Zeit zu Zeit habe und den er sich einzig zu
dem Zweck zugelegt, um das Leben rosig zu
sehen! He! Sei einem gerade jetzt der Kaiser
denn nicht schnuppe? Vielleicht sei der Kaiser
ebenfalls angesäuselt, aber das mache weiter
nichts, er sei einem schnuppe, man wette gern,
daß er nicht angesäuselter und ausgelassener
sein könnte. Zum Teufel mit den feinen
Pinkeln! Coupeau wünschte die Leute zum
Henker. Die Frauen fand er prima, er klopfte
auf seine Tasche,
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