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Der Todschlaeger

Der Todschlaeger

Titel: Der Todschlaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlo von der Birke
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Stockwerke, vier regelmäßige Fassaden,
    die das geräumige Viereck des Hofes
    umschlossen. Es waren graue Mauern, die von
    gelbem Aussatz zerfressen, durch das Tropfen
    von den Dächern von Besudelungen streifig
    waren und die ganz glatt ohne jedes Gesims
    vom Pflaster bis zu den Schieferplatten
    emporstiegen. Allein die Abflußröhren
    bildeten einen Knick bei den einzelnen
    Stockwerken, wo die klaffenden Kästen der
    Ausgußbecken den Fleck ihres verrosteten
    Gußeisens hinsetzten. Die Fenster, die keine
    Jalousien hatten, ließen nackte Scheiben von
    graugrüner Färbung wie trübes Wasser sehen.
    Einige standen offen, und aus ihnen hingen
    blaukarierte Matratzen zum Auslüften; vor
    anderen trockneten auf gespannten Leinen
    Wäschestücke, die gesamte Wäsche eines
    Haushalts: die Hemden des Mannes, die
    Unterhemden der Frau und die kurzen Hosen
    der Buben. Im dritten Stock war ein Fenster, in
    dem eine mit Unrat verkleisterte
    Kinderunterlage ausgebreitet lag. Von oben bis
    unten barsten nach außen die zu kleinen
    Wohnungen, ließen Zipfel ihres Elends durch
    alle Ritzen hinaus. Unten war für jede Fassade
    eine hohe und schmale Tür ohne
    Holzverkleidung, die in den kahlen Gips
    eingelassen war und sich zur Höhlung eines
    rissigen Hausflurs auf tat, in dessen
    Hintergrund sich die schmutzigen Stufen einer
    Treppe mit eisernem Geländer emporwanden;
    und man zählte solcherweise vier Treppen, die
    durch die auf die Mauer gemalten vier
    Anfangsbuchstaben des Alphabets bezeichnet
    waren. Die Erdgeschosse waren zu riesigen
    Werkstätten ausgebaut, die von
    staubgeschwärzten

    Glasverschlägen
    abgeschlossen wurden: das Schmiedefeuer
    eines Schlossers loderte dort, weiter entfernt
    war das Hobeln eines Tischlers zu hören,
    während neben der Conciergeloge die
    Werkstätte eines Färbers jenen zartrosa Bach
    hervorsprudeln ließ, der unter der Toreinfahrt
    hindurchfloß. Der Hof war verdreckt durch
    Pfützen gefärbten Wassers, Hobelspäne und
    Kohlenschlacke, an seinen Rändern zwischen
    den aus den Fugen gegangenen Pflastersteinen
    mit Gras bewachsen und wurde von grellem
    Licht erhellt und gleichsam durch die Linie,
    wo die Sonne aufhörte, in zwei Teile
    zerschnitten. Auf der Schattenseite pickten
    rings um die Wasserleitung, die dort für
    ständige Feuchtigkeit sorgte, drei Hühnchen
    auf der Erde herum und suchten mit
    schmutzigen Pfoten nach Regenwürmern.
    Und Gervaise ließ ihren Blick langsam
    umherschweifen, ließ ihn vom sechsten Stock
    bis zum Pflaster sinken und wieder
    emporsteigen, war überrascht von dieser
    ungeheuren Größe und kam sich vor wie
    mitten in einem lebenden Organ, im Herzen
    einer Stadt; ihr Interesse war erregt durch
    dieses Haus, als stünde eine riesenhafte Gestalt
    vor ihr.
    »Sucht Madame jemand?« rief die neugierig
    gewordene Concierge und erschien in der Tür
    ihrer Loge.
    Aber die junge Frau erklärte, sie warte auf
    jemand. Sie kehrte zur Straße zurück und kam
    dann, da Coupeau auf sich warten ließ,
    angelockt wieder und sah sich abermals um.
    Das Haus kam ihr nicht häßlich vor. Zwischen
    den aus den Fenstern hängenden Lumpen
    lachten Stellen voller Fröhlichkeit: eine
    blühende Levkoje in einem Blumentopf, ein
    Käfig mit Kanarienvögeln, aus dem
    Gezwitscher herabklang; Rasierspiegel, die
    tief im Schatten das Aufblitzen runder Sterne
    hervorriefen. Unten sang ein Tischler,
    begleitet vom regelmäßigen Pfeifen seiner
    Hobelbank, während in der Schlosserwerkstatt
    das Getöse eines taktmäßig schlagenden
    Hammers ein lärmendes silberhelles Geläute
    veranstaltete. Ferner zeigten an fast allen
    offenen Fenstern, auf dem Hintergrund des
    undeutlich zu sehenden Elends, Kinder ihre
    beschmierten und lachenden Köpfe, Frauen
    nähten mit stillem, über die Arbeit gebeugtem
    Profil. Das war die Wiederaufnahme des
    Schaffens nach dem Mittagessen, mit den
    leeren Stuben der außer Haus arbeitenden
    Männer, dem wieder in jene tiefe Stille
    zurücksinkenden Haus, die einzig und allein
    vom Handwerkslärm, einem einlullenden,
    immer gleichen, stundenlang wiederholten
    Kehrreim, durchbrochen wurde. Der Hof war
    allerdings etwas feucht. Hätte Gervaise hier
    wohnen können, so hätte sie eine Wohnung
    hinten auf der Sonnenseite haben wollen. Sie
    war fünf oder sechs Schritte gegangen, sie
    atmete den faden Geruch ärmlicher
    Behausungen ein, einen Geruch nach altem
    Staub und ranzigem Dreck. Da aber die
    Schärfe der Färbereiabwässer vorherrschend
    war, fand sie,

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