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Der Todschlaeger

Der Todschlaeger

Titel: Der Todschlaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlo von der Birke
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ihrem Liebhaber gekannt, man
    kenne ihre Geschichte; es wäre nicht gerade
    anständig, wenn man sähe, daß sie nach kaum
    zwei Monaten heirateten.
    Auf alle diese guten Gründe antwortete
    Coupeau mit einem Achselzucken. Auf das
    Viertel pfeife er! Er stecke seine Nase nicht in
    anderer Leute Angelegenheiten, da habe er vor
    allem viel zu große Angst, sie sich dreckig zu
    machen! Na ja, gut, sie habe Lantier vor ihm
    gehabt. Was sei denn schon dabei? Sie führe
    kein liederliches Leben, sie werde sich in ihrer
    Ehe nicht mit anderen Männern einlassen wie
    so viele Frauen, und zwar die allerreichsten.
    Was die Kinder angehe, so würden sie größer
    werden, man würde sie schon erziehen, bei
    Gott! Nie werde er eine so beherzte, eine so
    gute Frau finden, die mehr gute Eigenschaften
    habe. Übrigens sei das nicht alles, sie hätte
    sich auf der Straße herumtreiben können, hätte
    häßlich, faul und abstoßend sein und eine
    ganze Sippschaft verdreckter Kinder haben
    können – das würde in seinen Augen nicht
    zählen: er wolle sie eben haben.
    »Ja, ich will Sie haben«, wiederholte er und
    schlug, mit der Faust fortgesetzt hämmernd,
    auf sein Knie. »Sie verstehen richtig, ich will
    Sie haben ... Dagegen ist nichts einzuwenden,
    denke ich?«
    Nach und nach wurde Gervaise gerührt. Eine
    Schlaffheit des Herzens und der Sinne
    überkam sie inmitten dieses rohen Verlangens,
    von dem sie sich umschlossen fühlte. Sie
    wagte nur noch zaghafte Einwände, die Hände
    waren auf ihre Röcke herabgesunken, ihr
    Gesicht in Sanftmut getaucht. Von draußen
    sandte die schöne Juninacht durch das
    halboffene Fenster warmes Wehen, das die
    Kerze, deren langer rötlicher Docht blakte,
    verstört flackern ließ; in der tiefen Stille des
    schlafenden Stadtviertels war allein das
    kindische Schluchzen eines Betrunkenen zu
    hören, der mitten auf dem Boulevard auf dem
    Rücken lag, während ganz in der Ferne hinten
    in irgendeinem Wirtshaus eine Geige eine
    Gassenhauerquadrille bei irgendeiner
    verspäteten Hochzeitsfeier spielte, eine
    kristallklare kleine Musik, die rein und zart
    wie eine Harmonikaphrase war.
    Als Coupeau sah, daß die junge Frau schwieg
    und unbestimmt lächelnd mit ihren
    Argumenten am Ende war, ergriff er ihre
    Hände, zog sie an sich. Sie befand sich in einer
    jener Stunden der Hingabe, denen sie so sehr
    mißtraute, war besiegt, war zu bewegt, um
    irgend etwas abzuschlagen und irgend
    jemandem Kummer zu bereiten. Aber der
    Bauklempner begriff nicht, daß sie sich
    schenkte; er begnügte sich, ihre Handgelenke
    zum Zermalmen fest zu drücken, um Besitz
    von ihr zu ergreifen. Und sie seufzten beide
    auf bei diesem leichten Schmerz, in dem ein
    bißchen von ihrer Zärtlichkeit Befriedigung
    fand.
    »Sie sagen ja, nicht wahr?« fragte er.
    »Wie Sie mich quälen!« murmelte sie. »Sie
    wollen es also? Nun gut, ja ... Mein Gott, wir
    begehen da vielleicht eine große Torheit.«
    Er war aufgestanden, hatte sie um die Taille
    gefaßt und drückte ihr aufs Geratewohl einen
    derben Kuß aufs Gesicht. Da diese Liebkosung
    ein lautes Geräusch verursachte, beunruhigte
    er sich als erster, schaute auf Claude und
    Etienne, trat ganz leise auf und senkte die
    Stimme.
    »Pst! Seien wir vernünftig«, sagte er, »wir
    brauchen die Bengels nicht aufzuwecken ...
    Bis morgen.« Und er ging wieder in seine
    Stube hinauf.
    Über und über zitternd, blieb Gervaise fast
    eine Stunde auf dem Rand ihres Bettes sitzen,
    ohne daß es ihr in den Sinn kam, sich
    auszuziehen. Sie war gerührt, sie fand
    Coupeau sehr anständig, denn einen
    Augenblick lang hatte sie wirklich geglaubt, es
    sei aus damit, er würde hier schlafen.
    Unten stieß der Betrunkene unter dem Fenster
    den noch heiseren Klageruf eines verirrten
    Tieres aus. In der Ferne schwieg die Geige mit
    dem Gassenhauerreigen.
    In den folgenden Tagen wollte Coupeau
    Gervaise dazu bewegen, einen Abend mit zu
    seiner Schwester in die Rue de la Goutted'Or
    hinaufzukommen. Aber die sehr schüchterne
    junge Frau bekundete großes Entsetzen vor
    diesem Besuch bei den Lorilleux. Sie merkte
    durchaus, daß der Bauklempner eine dumpfe
    Angst vor dem Ehepaar hegte. Freilich war er
    nicht von seiner Schwester abhängig, die nicht
    einmal die ältere war. Mama Coupeau würde
    ihre Zustimmung aus vollem Herzen geben,
    denn sie widersprach ihrem Sohn nie.
    Allerdings nahm man in der Familie von den
    Lorilleux an, daß sie bis zu zehn Francs täglich
    verdienten, und daraus leiteten sie

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