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Der Todschlaeger

Der Todschlaeger

Titel: Der Todschlaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlo von der Birke
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liebenswürdige Zuvorkommenheiten
    an sich. In den ersten Jahren seiner Ehe war er
    ihnen dank Gervaises Einfluß entglitten. Jetzt
    holten sie ihn zurück, indem sie ihn wegen der
    Angst auslachten, die ihm seine Frau einflößte.
    War er denn kein Mann? Dennoch legten die
    Lorilleux große Zurückhaltung an den Tag und
    priesen die Verdienste der Wäscherin in
    übertriebener Art und Weise. Ohne sich zu
    streiten, schwor Coupeau seiner Frau, daß
    seine Schwester sie sehr verehre, und bat sie,
    nicht so schlecht zu ihr zu sein. Zum ersten
    Ehestreit war es eines Abends wegen Etienne
    gekommen. Der Bauklempner hatte den
    Nachmittag bei den Lorilleux verbracht. Als
    das Abendessen nach seiner Heimkehr auf sich
    warten ließ und die Kinder nach der Suppe
    schrien, hatte er es plötzlich Etienne entgelten
    lassen und ihm ein paar tüchtige Ohrfeigen
    heruntergehauen. Und eine Stunde lang hat er
    herumgeknurrt: dieses Balg gehöre ihm nicht,
    er wisse nicht, warum er ihn im Hause dulde;
    am Ende werde er ihn noch rausschmeißen.
    Bis dahin hatte er den Bengel ohne allzuviel
    Aufhebens hingenommen. Am nächsten Tag
    sprach er von seiner Würde. Drei Tage später
    versetzte er dem Kleinen morgens und abends
    Fußtritte in den Hintern, so daß das Kind,
    wenn es ihn hinaufkommen hörte, zu den
    Goujets flüchtete, wo ihm die alte
    Spitzenklöpplerin eine Tischecke freihielt,
    damit es seine Schularbeiten machen konnte.
    Gervaise hatte schon lange wieder zu arbeiten
    begonnen. Sie brauchte sich nicht mehr die
    Mühe zu machen, die Glasglocke der Stutzuhr
    abzunehmen und wieder drüber zu stülpen,
    alle Ersparnisse waren durchgebracht, und es
    hieß schwer schuften, für vier schuften, denn
    sie waren vier Mäuler bei Tisch. Sie allein
    ernährte die ganze Familie. Wenn sie hörte,
    wie die Leute sie bedauerten, entschuldigte sie
    Coupeau schnell. So bedenken Sie doch! Er
    habe soviel erlitten, da sei es nicht
    verwunderlich, wenn sein Gemüt verbittere!
    Aber das würde vergehen, wenn er wieder
    gesund sei. Und wenn man ihr zu verstehen
    gab, daß Coupeau jetzt kräftig zu sein scheine,
    daß er durchaus auf die Baustelle
    zurückkehren könne, erhob sie laut Einspruch.
    Nein, nein, noch nicht! Sie wolle nicht, daß er
    von neuem im Bett liegen müsse. Sie wisse
    wohl, was der Arzt ihr gesagt habe, jawohl!
    Sie hielt ihn vom Arbeiten ab, indem sie ihm
    jeden Morgen wiederholte, er solle sich Zeit
    lassen, sich nicht überanstrengen. Sie steckte
    ihm sogar heimlich Zwanzigsousstücke in die
    Westentasche. Coupeau nahm das als etwas
    Selbstverständliches hin; er klagte über alle
    möglichen Schmerzen, um sich verhätscheln
    zu lassen; nach einem halben Jahr dauerte
    seine Genesung immer noch an. Nun kehrte er
    an den Tagen, an denen er den anderen bei der
    Arbeit zuschauen ging, gern ein, um mit den
    Kumpels einen Schoppen Wein zu trinken.
    Immerhin war man in der Weinschenke nicht
    schlecht aufgehoben, man machte Witze, man
    blieb dort fünf Minuten. Das machte niemand
    Schande. Allein Angeber täten so, als
    verreckten sie lieber vor Durst an der Tür.
    Früher habe man durchaus recht gehabt, ihn
    aufzuziehen, da ja ein Glas Wein noch nie
    einen Menschen umgebracht habe. Aber er
    schlug sich an die Brust und rechnete es sich
    zur Ehre an, nur Wein zu trinken, immer nur
    Wein, niemals Schnaps; Wein verlängere das
    Leben, rufe keine Übelkeit hervor, mache
    nicht besoffen. Dennoch war er nach Tagen
    des Müßiggangs, an denen er von Baustelle zu
    Baustelle, von Kneipe zu Kneipe gezogen war,
    wiederholt benebelt nach Hause gekommen.
    An diesen Tagen hatte Gervaise die Tür
    abgeschlossen, wobei sie selber starke
    Kopfschmerzen vorschützte, um zu
    verhindern, daß die Goujets Coupeaus
    Dummheiten mit anhörten.
    Nach und nach wurde die junge Frau jedoch
    traurig. Morgens und abends ging sie in die
    Rue de la Goutted'Or, um sich den Laden
    anzusehen, der noch immer zu vermieten war;
    und sie verbarg sich, als habe sie eine eines
    erwachsenen Menschen unwürdige Kinderei
    begangen. Dieser Laden begann ihr erneut den
    Kopf zu verdrehen. Nachts, wenn das Licht
    gelöscht war, fand sie, wenn sie mit offenen
    Augen davon träumte, den Reiz eines
    verbotenen Vergnügens. Von neuem stellte sie
    ihre Berechnungen an: zweihundertfünfzig
    Francs für die Miete, hundertfünfzig Francs
    für Arbeitsgerät und Einrichtung, hundert
    Francs im voraus, um vierzehn Tage leben zu
    können – im ganzen also fünfhundert

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