Der Todschlaeger
auf
die Straße werfen würde, da ein Unglück sie
am Zahlen hindern sollte.
Die verräucherte und mit schwarzen Möbeln
angefüllte Conciergeloge war voller
Feuchtigkeit und fahlen Kellerlichts. Am
Fenster fiel die ganze Helligkeit auf den
Arbeitstisch des Schneiders, auf dem ein alter
Überrock, der gewendet werden sollte,
herumlag, während Pauline, Boches Kleine,
ein rothaariges Kind von vier Jahren, auf der
Erde saß und artig zusah, wie ein Stück
Kalbfleisch gebraten wurde, wobei der starke,
aus der kleinen Pfanne aufsteigende
Küchengeruch sie umspülte und entzückte.
Herr Marescot reichte dem Bauklempner
abermals die Hand, da sprach dieser von den
Renovierungen und erinnerte ihn dabei an sein
mündliches Versprechen, sich später darüber
zu unterhalten. Aber der Hausbesitzer wurde
ärgerlich; er habe sich zu nichts verpflichtet,
im übrigen würden in einem Laden niemals
Renovierungen ausgeführt. Er willigte jedoch
ein, sich die Räumlichkeiten anzusehen, und
die Coupeaus und Boche folgten ihm. Der
Kleinkrämer hatte beim Auszug seine aus
Regalen und Ladentischen bestehende
Einrichtung mitgenommen. Der Laden, der
ganz kahl war, zeigte seine schwarze Decke,
seine abgeplatzten Wände, von denen die
Fetzen einer alten gelben Tapete herabhingen.
Dort in der widerhallenden Leere der Räume
entspann
sich
eine
grimmige
Auseinandersetzung.
Herr Marescot schrie, es sei Sache der
Geschäftsleute, ihre Läden zu verschönern,
denn schließlich verlange ein Geschäftsmann
womöglich noch, daß überall Gold hinkomme,
und er, der Hausbesitzer, könne kein Gold
anbringen lassen. Dann erzählte er von seiner
eigenen Einrichtung in der Rue de la Paix, für
die er mehr als zwanzigtausend Francs
ausgegeben habe. Gervaise wiederholte mit
ihrer weiblichen Starrköpfigkeit immer wieder
einen Einwand, der ihr unwiderlegbar
erschien: eine Wohnung würde er tapezieren
lassen, nicht wahr? Also, warum betrachte er
dann den Laden nicht als Wohnung? Sie
verlange nichts weiter von ihm, als daß er die
Decke weißen und die Wände tapezieren lasse.
Währenddessen blieb Röche undurchdringlich
und würdevoll; er drehte sich um, sah in die
Luft, ohne sich zu äußern. Sooft Coupeau ihm
auch zuzwinkerte, er tat so, als wolle er seinen
großen Einfluß auf den Hausbesitzer nicht
mißbrauchen. Doch schließlich ließ er sich ein
Mienenspiel entschlüpfen, ein leises, dünnes
Lächeln, das von einem Kopfschütteln
begleitet war. Eben gab Herr Marescot, der
aufgebracht war und noch unglücklicher
aussah und seine zehn Finger im Krampf eines
Geizhalses spreizte, dem man sein Gold
entreißt, Gervaise nach, versprach Decke und
Tapete unter der Bedingung, daß sie die Hälfte
zur Tapete zuzahle. Und er entfloh schnell,
weil er nichts mehr hören wollte. Als Röche
mit den Coupeaus allein war, klopfte er ihnen
auf die Schultern, war sehr gesprächig. Das sei
geschafft, was! Wäre er nicht gewesen, hätten
sie ihre Tapete und ihre Decke nie gekriegt.
Ob sie bemerkt hätten, wie ihn der
Hausbesitzer fragend von der Seite angesehen
und sich jäh entschlossen hätte, als er gesehen,
daß er lächelte? Dann gestand er im Vertrauen,
daß er der eigentliche Herr des Hauses sei: er
entscheide über Kündigungen, vermiete, wenn
die Leute ihm gefielen, kassiere die Mieten,
die er oft vierzehn Tage in seiner Kommode
aufbewahre.
Abends erachteten es die Coupeaus für
höflich, den Boches zwei Liter Wein zu
schicken, um ihnen zu danken. So was
verdiente ein Geschenk.
Gleich am nächsten Montag machten sich die
Arbeiter über den Laden her. Besonders der
Kauf der Tapete wurde zu einer bedeutenden
Angelegenheit. Gervaise wollte eine graue
Tapete mit blauen Blumen haben, um die
Wände hell und heiter zu machen. Boche bot
ihr an, sie mitzunehmen; aussuchen sollte sie.
Aber er hatte ausdrückliche Weisungen vom
Hausbesitzer, er durfte den Preis von fünfzehn
Sous pro Rolle nicht überschreiten. Eine
Stunde blieben sie bei dem Händler. Immer
wieder kam die Wäscherin auf eine sehr
hübsche bemalte Leinwand zu achtzehn Sous
zurück und war verzweifelt, weil sie die
anderen Tapeten abscheulich fand. Schließlich
gab der Concierge nach; er würde die Sache
regeln und nötigenfalls eine Rolle mehr
berechnen. Und auf dem Heimweg kaufte
Gervaise Kuchen für Pauline. Sie mochte nicht
zurückstehen; es lohnte sich, zu ihr nett zu
sein.
In vier Tagen sollte der
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