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Der Todschlaeger

Der Todschlaeger

Titel: Der Todschlaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlo von der Birke
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die Kohlenhändlerin, erwiderte
    ihren Gruß; sie war eine kleine, üppige Frau
    mit schwarzem Gesicht und glänzenden
    Augen, die faulenzte und mit Männern lachte
    und dabei an ihrem Schaufenster lehnte, das
    auf einen dunkelroten Hintergrund gemalte
    Holzkloben mit der verworrenen Zeichnung
    eines ländlichen Schweizerhauses schmückten.
    Die Damen Cudorge, Mutter und Tochter, ihre
    anderen Nachbarinnen, die den
    Regenschirmladen hatten, ließen sich nie
    sehen; ihr Schaufenster war düster, ihre Tür
    geschlossen und mit zwei kleinen
    Sonnenschirmen aus Zink geschmückt, die mit
    einer dicken Schicht grellen Zinnoberrots
    übermalt waren. Aber bevor Gervaise wieder
    hineinging, warf sie stets einen kurzen Blick
    auf die gegenüberliegende große, weiße
    Mauer, die kein Fenster hatte, von einer
    riesigen Toreinfahrt durchbrochen war, durch
    die man auf einem mit zweirädrigen Karren
    und Wägelchen mit hochgestellten Deichseln
    überfüllten Hof das Lodern einer Schmiede
    sah. Auf der Mauer stand in großen
    Buchstaben das Wort »Hufschmiede«,
    eingerahmt von einem Fächer aus Hufeisen.
    Den ganzen Tag klangen die Hämmer auf dem
    Amboß, und Feuersbrünste von Funken
    erhellten das fahle Dunkel des Hofes. Und
    unten an dieser Mauer war zwischen einer
    Alteisenhändlerin und einer Händlerin mit
    Pommes frites hinten in einem
    kleiderschrankgroßen Loch, ein Uhrmacher,
    ein sauber aussehender Herr im Gehrock, der
    an einem Werktisch, auf dem zerbrechliche
    Gegenstände unter Gläsern schliefen, ständig
    mit zierlichen Werkzeugen in Uhren
    herumstocherte, während hinter ihm die
    Pendel von zwei oder drei Dutzend kleiner
    Kuckucksuhren gleichzeitig tickten im
    schwarzen Elend der Straße und im
    taktmäßigen Lärm der Hufschmiede.
    Das Viertel fand Gervaise sehr nett. Freilich,
    es wurde über sie geklatscht, aber man war
    einer Meinung darüber, daß sie große Augen
    und einen niedlichen Mund mit ganz weißen
    Zähnen hatte. Mit einem Wort, sie war eine
    hübsche Blondine und hätte sich ohne das
    Mißgeschick mit ihrem Bein zu den Schönsten
    rechnen können. Sie stand im
    achtundzwanzigsten Lebensjahr, sie war
    üppiger geworden. Ihre feinen Züge wurden
    teigig, ihre Gebärden nahmen eine glückliche
    Langsamkeit an. Jetzt vergaß sie, auf der
    Kante eines Stuhles sitzend, zuweilen die Zeit,
    wenn sie auf ihr Bügeleisen wartete, mit einem
    unbestimmten Lächeln, das Gesicht von
    naschhafter Freude ertränkt. Sie wurde
    naschhaft, das sagte alle Welt; aber das war ja
    kein garstiger Fehler, im Gegenteil. Wenn man
    genug verdient, um sich feine Bissen leisten zu
    können, wäre es doch schön dumm, wenn man
    Kartoffelschalen essen würde, nicht wahr? Um
    so mehr, als sie immer schwer arbeitete, sich
    für ihre Kunden die Beine ausriß und selber
    bei geschlossenen Fensterläden die Nächte
    durchmachte, wenn die Arbeit eilte. Sie hatte
    Schwein, wie man im Viertel sagte; alles
    glückte ihr. Sie wusch für das Haus, für Herrn
    Madinier, für Fräulein Remanjou, für die
    Boches. Selbst ihrer ehemaligen Arbeitgeberin
    Frau Fauconnier nahm sie Damen aus der
    Pariser Innenstadt weg, die in der Rue du
    FaubourgPoissonnière wohnten. Gleich in der
    dritten Woche hatte sie zwei Arbeiterinnen
    einstellen müssen, Frau Putois und die lange
    Clémence, jenes Mädchen, das früher im
    sechsten Stock gewohnt hatte; mit ihrem
    Lehrmädchen, der kleinen Schielliese
    Augustine, die häßlich wie der Hintern eines
    armen Mannes war, waren jetzt drei Personen
    bei ihr. Andere hätten bei diesem plötzlichen
    Glück bestimmt den Kopf verloren. Bei ihr
    war es durchaus verzeihlich, wenn sie montags
    ein wenig blau machte, nachdem sie die ganze
    Woche geschuftet hatte. Im übrigen brauchte
    sie das; sie wäre schlapp geblieben und hätte
    zugesehen, wie die Hemden sich von selbst
    bügelten, wenn sie sich nicht etwas Leckeres
    geleistet hätte, etwas Gutes, wonach das
    Gelüst sie am Gaumen kitzelte.
    Noch nie hatte Gervaise soviel
    Entgegenkommen gezeigt. Sie war sanft wie
    ein Lamm, gut wie Brot. Abgesehen von Frau
    Lorilleux, die sie, um sich zu rächen,
    Kuhschwanz nannte, gab es niemand, den sie
    nicht ausstehen konnte, und sie übte mit
    jedermann Nachsicht. Hatte sie gut zu Mittag
    gegessen und ihren Kaffee getrunken, gab sie
    im leichten Sichgehenlassen ihrer Gefräßigkeit
    dem Verlangen nach allgemeiner Duldsamkeit
    nach. Ihr Wahlspruch war: »Man muß
    einander verzeihen, nicht wahr, wenn man
    nicht wie die Wilden

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