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Der Todschlaeger

Der Todschlaeger

Titel: Der Todschlaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlo von der Birke
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leben will.« Wenn man
    zu ihr über ihre Güte sprach, lachte sie. Es
    hätte gerade noch gefehlt, daß sie bösartig
    wäre! Sie wehrte ab, sie sagte, sie habe kein
    Verdienst daran, daß sie gut sei. Seien denn
    nicht alle ihre Träume in Erfüllung gegangen?
    Gebe es denn noch irgend etwas, wonach sie
    im Leben ehrgeizig streben könne? Sie
    erinnerte an ihr Ideal von früher, als sie noch
    auf der Straße lag: arbeiten, Brot essen, ein
    Dach überm Kopf haben, seine Kinder
    aufziehen, nicht geschlagen werden ›im
    eigenen Bett sterben‹. Und nun sei ihr Ideal
    übertroffen; sie habe alles, und zwar aufs
    schönste. Was das Sterben im eigenen Bett
    angehe, setzte sie scherzend hinzu, so rechne
    sie damit, aber so spät wie möglich
    selbstverständlich.
    Besonders zu Coupeau zeigte sich Gervaise
    nett. Niemals ein böses Wort, niemals eine
    Klage hinter dem Rücken ihres Mannes. Der
    Bauklempner hatte schließlich wieder
    angefangen zu arbeiten, und da seine Baustelle
    damals am anderen Ende von Paris lag, gab sie
    ihm jeden Morgen vierzig Sous für sein
    Mittagessen, sein Schnäpschen und seinen
    Tabak mit. Allerdings machte Coupeau an
    zwei Tagen von sechs unterwegs halt, vertrank
    die vierzig Sous mit einem Freund und kam,
    eine Geschichte erzählend, zum Mittagessen
    wieder nach Hause. Einmal war er nicht
    einmal weit gegangen, er hatte sich mit
    MeineBotten und drei anderen im
    »Capucin«46 an der Barrière de la Chapelle
    eine gehörige Fresserei geleistet,
    Weinbergschnecken,

    Braten

    und
    Flaschenwein; dann hatte er, da seine vierzig
    Sous nicht reichten, die Rechnung durch einen
    Kellner an seine Frau geschickt und ihr
    bestellen lassen, er säße in der Klemme. Die
    lachte und zuckte die Achseln. Was war schon
    Schlimmes dabei, wenn ihr Mann sich ein
    wenig amüsierte? Bei den Männern mußte
    man die Zügel lang lassen, wenn man in seiner
    Ehe in Frieden leben wollte. Gab ein Wort das
    andere, so war man schnell bei Schlägen
    angelangt. Mein Gott, man mußte alles
    verstehen. Coupeau hatte noch immer
    Schmerzen an seinem Bein; zudem wurde er
    mitgeschleppt, er war eben gezwungen
    mitzumachen, wenn er nicht für einen
    Dummkopf gelten wollte. Im übrigen hatte das
    ja nichts weiter auf sich; wenn er benebelt
    heimkam, so legte er sich hin, und zwei
    Stunden später war nichts mehr davon zu
    merken.
    Inzwischen war die große Hitze gekommen.
    An einem Nachmittag im Juni, an einem
    Sonnabend, an dem die Arbeit drängte, hatte
    Gervaise selber die Maschine mit Koks
    vollgestopft, um die herum zehn Bügeleisen
    beim Bullern des Ofenrohres heiß wurden. Zu
    dieser Stunde fiel die Sonne senkrecht auf die
    Vorderfront herab, der Bürgersteig warf eine
    glühende Ausstrahlung zurück, deren starkes
    Flimmern an der Decke des Ladens tanzte.
    Und dieses pralle Licht, das durch den
    Widerschein des Papiers in den Regalen und
    im Schaufenster bläulich wirkte, legte über
    den Arbeitstisch eine blendende Helle,
    gleichsam einen in der feinen Wäsche
    gesiebten Sonnenstaub. Es herrschte eine
    Temperatur zum Umkommen. Man hatte die
    Tür zur Straße offengelassen, aber kein
    Windhauch wehte herein. Die Wäschestücke,
    die, an Messingdrähten aufgehängt, in der Luft
    trockneten, dampften und waren in weniger als
    einer Dreiviertelstunde steif wie Hobelspäne.
    Seit einer Weile herrschte in dieser Backofen
    schwüle tiefe Stille, in der nur die Bügeleisen,
    von der dicken, mit Kaliko überzogenen
    Decke gedämpft, dumpf auftappten.
    »Na«, sagte Gervaise, »wenn wir heute nicht
    zerschmelzen! Man müßte sein Hemd
    ausziehen.«
    Sie hockte am Boden vor einer Schüssel und
    war damit beschäftigt, Wäsche zu stärken. In
    weißem Unterrock, die Ärmel der von den
    Schultern herabgeglittenen Unterjacke
    aufgekrempelt, waren ihre Arme nackt, ihr
    Hals nackt, war sie ganz rosig und schwitzte
    so, daß die blonden Löckchen ihres zerzausten
    Haars an ihrer Haut festklebten. Sorgfältig
    tauchte sie Hauben, Brusteinsätze von
    Männerhemden, ganze Unterröcke und
    Garnituren von Frauenhosen in das milchige
    Wasser. Dann rollte sie die Stücke zusammen
    und legte sie auf den Boden eines viereckigen
    Korbes, nachdem sie ihre Hand in einen Eimer
    getaucht und die ungestärkten Teile der
    Hemden und Hosen eingesprengt hatte.
    »Dieser Korb ist für Sie, Madame Putois«,
    sagte sie. »Sie beeilen sich, nicht wahr? Das
    trocknet sofort, in einer Stunde müßte man
    noch mal von vorn anfangen.«
    Frau Putois, eine hagere,

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