Der tolle Nick
Haar mit leichtem Griff. »Bitte nein! Jemand kommt – steht auf, steht auf!«
Er sprang auf, als sein Maat auf der obersten Stufe der Treppe erschien, und trat rasch vor, um Dominica vor den Blicken des guten Mannes zu schützen.
Jetzt war es ihr ein leichtes, nach unten zu entkommen. Sir Nicholas mußte sich mit dem Maat befassen; niemand hinderte sie zu gehen. Doña Dominica trat an die Reling und trocknete sorgfältig ihre Tränen; dann blickte sie aufs Meer hinaus.
Nach wenigen Augenblicken hörte sie, wie sich die Schritte des Maats entfernten, andere hingegen näher kamen. Beauvallet ergriff ihre Hand, die auf der Balustrade lag. »Vergebt dem rauhen, ungeschlachten Kerl!« bat er.
Sein Tonfall ließ sie verzeihen; ein kurzes Lächeln überzog ihr Gesicht, verschwand aber so rasch, wie es gekommen war. »Ihr betragt Euch wirklich ungebührlich«, beklagte sich Dominica.
»Müßt Ihr mich deshalb denn hassen?«
Sie ließ diese Frage unbeantwortet. »Ich kann die Dame, die Ihr zu Eurer Frau machen werdet, wirklich nicht beneiden«, sagte sie.
»Nein, wie solltet Ihr das auch?«
Sie sah ihn forschend an, errötete und wandte den Blick ab. »Ich weiß wirklich nicht, wie Euch die englischen Damen ertragen, mein Herr!«
Er sah sie erheitert an. »Ich habe noch keine gebeten, mich zu ertragen, Señora.«
Plötzlich wandte sie sich ihm voll zu. »Ihr wollt mich doch nicht glauben machen, daß Ihr nicht mit vielen Frauen getändelt habt!« fuhr sie ihn an. »Aber für Euch zählt eine Frau wahrscheinlich nichts!«
»Ihr zählt sehr viel für mich, mein Kind.«
Sie lächelte verächtlich. »Ihr seid sehr schlagfertig. Benehmt Ihr Euch auch den englischen Damen gegenüber in dieser Weise?«
»Nein, mein Liebling, bei denen mache ich es so«, antwortete Sir Nicholas und küßte sie.
Dominica rang nach Luft, stieß ihn heftig von sich und lief die Treppe zu ihrer Kabine hinunter. Dort fand sie ihre Zofe, welche sofort ihre Erregung und ihr zerzaustes Haar bemerkte. Maria betrachtete sie grimmig, sah die Wut in den Augen ihrer Herrin und stützte die Arme in die Hüften.
»Dieser gräßliche Mensch!« rief sie mit düsterer Stimme. »Hat er Euch beleidigt, Señorita? Hat er es gewagt, Hand an Euch zu legen?«
Dominica biß in ihr Taschentuch; ihre Blicke schweiften in der Kabine umher, bis sie endlich unsicher auflachte. »Er hat mich geküßt«, sagte sie.
»Ich werde ihm die Augen aus dem Kopf reißen!« schwor Maria und eilte zur Tür.
»Dummes Ding! Du Närrin, bleib doch hier!« befahl Dominica.
»Ihr werdet keinen Schritt mehr aus dieser Kabine tun, ohne daß ich als Eure Anstandsdame mitkomme, Señorita«, versprach Maria.
»Ja bist du denn blind? Ich wollte doch, daß er mich küßt!« rief Dominica und stampfte mit dem Fuß auf.
Maria starrte sie mit offenem Mund an. »Señorita!«
Dominica lachte kurz. »Er schwört, daß er nach Spanien kommen wird, um mich von dort zu holen. Wenn er das nur wagte!«
»Nicht einmal ein Engländer ist ein so großer Narr, Señorita!«
»Leider nein«, seufzte Dominica. »Aber wenn er es täte – oh, jetzt steckt mich seine Narrheit schon an!« Sie griff nach dem kleinen Spiegel, der ihr vom Gürtel hing, und betrachtete stirnrunzelnd das Bild, das sich ihr bot. Ein Zupfen, ein Schieben, und ihre Locken lagen wieder wohlgeordnet unter dem Netz. Sie ließ den Spiegel fallen, errötete, als sie bemerkte, daß Maria sie erstaunt betrachtete, und ging, um nach ihrem Vater zu sehen.
Sie fand Joshua Dimmock in dessen Kabine, der stimmgewaltig seine Galgensplitter pries, von denen er insgeheim hoffte, daß sie Don Manuels Tod so lange abwenden würden, bis dieser sicher an Land gebracht worden war.
Don Manuel sah sein Tochter erschöpft an. »Gibt es denn keinen, der mir diesen Narren vom Halse schafft?« fragte er.
Joshua versuchte es mit Schmeicheleien. »Seht her, Señor, ich habe sie hier sicher in einen Beutel eingefüllt. Ich habe sie von einem sehr heiligen Mann gekauft, der sich in diesen Dingen wohl auskennt. Wenn Ihr sie um den Hals tragen würdet, so kann ich Euch garantieren, daß es Euch bald bessergehen wird.«
»Bartolomeo, mach die Tür weit auf«, befahl Don Manuel. »Und jetzt, Bursche, hinaus mit dir!«
»Mein edler Herr –!«
Bartolomeo trat plötzlich zurück und verbeugte sich. Eine Stimme, in der nach Dominicas Meinung die Sonne und der frische Wind des Meeres lagen, drang an ihr Ohr. »Was soll denn das?«
Sir Nicholas stand in
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