Der tolle Nick
funkelte ihn an, und es schien, als sei er bemüht, seine Kleider peinlichst vor einer Berührung mit Raleighs Person fernzuhalten. Sir Nicholas grinste unverschämt vor sich hin – Sir Christophers Eifersüchteleien erschienen ihm lächerlich.
Er mußte vielleicht eine halbe Stunde warten, die er aber höchst angenehm verbrachte; eine der Ehrendamen brach bald in schockiertes Gekicher aus und hieß ihn einen vorwitzigen, frechen Burschen, der er ja auch war.
Dann machte sich am Ende der Galerie eine Bewegung bemerkbar, ein Vorhang wurde zur Seite geschoben, und vier Personen betraten langsam die Galerie. Als erstes kam die Königin, eine schlanke, mittelgroße Frau, die aber sehr hohe Absätze trug. Um den Hals trug sie eine hochaufragende, mit Juwelen bestickte Krause; das feuerrote, dichtgewellte Haar war kunstvoll frisiert und mit juwelenbesetzten Kämmen und anderen Schmuckstücken verziert. Ihr Reifrock war von riesigen Dimensionen, die Ärmel waren weit gebauscht und ebenfalls juwelenbesät. Sie war ein überwältigender Anblick in ihren reichen Gewändern, die über und über von kostbaren Steinen blitzten. Sie zog alle Blicke auf sich, doch wäre dies auch der Fall gewesen, wenn sie in einfaches Tuch gekleidet gewesen wäre. Ihr Gesicht war unter der Schminke zu einer Maske erstarrt, doch ihre Augen waren sehr lebendig: seltsame, dunkle Augen, nicht groß, aber sehr leuchtend und durchdringend.
Etwas hinter ihr blieb de Mauvissière stehen, die Hand noch am Vorhang, und lauschte ehrerbietig den Worten, die sie ihm eben zuwarf. Hinter ihm faltete Sir Francis Walsingham ein Schriftstück, das er dem stirnrunzelnden Crofts überreichte. Sir Francis’ unergründlicher, etwas trauriger Blick schien jeden einzelnen in der Galerie zu umfassen. Er blieb einen Augenblick lang nachdenklich an Beauvallet haften, doch zeigte Sir Francis keine andere Reaktion.
De Mauvissière beugte sich nieder und küßte der Königin die Hand. Sie klopfte mit dem Fuß auf den Boden, und ihre Augen funkelten gefährlich. Ihre Damen, welche alle Gefahrenzeichen kannten, wurden unruhig.
De Mauvissière ging rückwärts zur Tür hinaus, die Königin nickte, klopfte aber immer noch mit dem Fuß. Sie war zornig, blickte ihre beiden Minister wütend an und zuckte verärgert die Schultern.
Walsingham winkte; seine königliche Herrin mußte abgelenkt werden: und dafür waren weder Hatton noch Raleigh, die sie jeden Tag sehen konnte, geeignet. Sir Nicholas Beauvallet war zur rechten Zeit gekommen.
»Himmelherrgott!« fluchte Ihre Hoheit wieder, diesmal aber angenehm erstaunt. »Beauvallet!«
Und er erhielt die Hand zum Kuß, einen Schlag mit dem Fächer auf die Finger und sollte sich erheben. Der Sturm war vorbei; die Königin war wieder besänftigt. Walsingham lächelte still in seinen Bart; Crofts’ gerunzelte Stirn glättete sich.
»Ha, Schurke!« rief die Königin und zeigte ihre etwas verfärbten Zähne in einem fröhlichen Lächeln. »Ihr seid also wieder da?«
»Der Magnet zieht die Kompaßnadel immer an, Madame«, antwortete Sir Nicholas geläufig.
Sie nahm seinen Arm und ging mit ihm ein paar Schritte die Galerie hinunter. »Was für Neuigkeiten bringt Ihr mir von meinem geliebten Vetter in Spanien?«
»Traurige, Madame; nach bestem Wissen und Gewissen kann ich Euch versichern, daß er drei gute Schiffe verloren hat: eine Karavelle und zwei große Galeonen.«
Ihre hellen Augen sahen ihn verstohlen an. »So, so! Und wer hat sie erbeutet?«
»Ein Schurke, Madame. Ein gewisser Beauvallet.«
Sie lachte auf. »Ich gestehe, daß ich Euch wirklich mag, fröhlicher Prahlhans!« Sie winkte Walsingham zu sich und teilte ihm die Neuigkeiten mit. »Was sollen wir nur mit ihm tun, Sir Francis?« wollte sie wissen. »Bittet mich um etwas, und Ihr sollt es bekommen.« Sie wartete ohne Bedenken auf seine Antwort, denn sie wußte wohl, daß er nichts benötigte und gekommen war, ihren Reichtum zu mehren.
»Auf meinen Knien, Madame, erflehe ich zweifache Gnade von Euch.«
»Bei Gott! Das klingt sehr seltsam von Euch! Nennt sie mir!«
»Als erstes bitte ich Eure Hoheit, daß Ihr ein verspätetes Neujahrsgeschenk annehmt – ein paar schäbige Rubine, nichts weiter. Als zweites bitte ich Euch, daß Ihr mich auf einige Zeit nach Frankreich entlaßt.«
Dies schien der Königin nicht sehr zu gefallen. Sie runzelte die Stirn und wollte Näheres wissen. »Ich schwöre, daß ich Euch einen Posten am Hof geben werde«, sagte sie.
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