Der tolle Nick
vorgenommen, den berühmten Escorial zu besuchen, Sire«, erklärte Nick und bemühte sich um einen ehrerbietigen und andächtigen Ton.
Plötzlich überzog sich Philipps Gesicht mit etwas Leben, seine eintönige Stimme wurde lebhaft. Er begann von dem riesigen Palast zu sprechen, der sich seiner Vollendung näherte. Er sprach, als gäbe es nichts als dieses eine Thema, als wäre es eine heilige Sache, und er sprach noch immer, als Matteo de Vasquez zurückkam. Er wurde von einem Herrn mittleren Alters begleitet, der im Gegensatz zu dem in Schwarz gekleideten König auf das prächtigste herausgeputzt war.
Die kurze Periode der Begeisterung war vorbei. Philipp stellte Don Diaz de Losa vor und übergab den Chevalier in dessen Obhut. Mit seinem Begleiter verließ Beauvallet unter tiefen Verbeugungen den Raum.
Es schien, daß Don Diaz ein Vertrauter des Königs war, denn er stellte nur höchst triviale Fragen. Er war ein Vertreter der förmlichen Umgangsformen der Kastilier und bat den Chevalier, daß er sich mit allen seinen Wünschen an ihn wenden solle. Er begleitete ihn durch den Korridor bis in eine Galerie, in der sich eine Reihe von Adeligen aufhielt, und stellte ihn mit größter Förmlichkeit allen Anwesenden vor. Der Chevalier wäre ein französischer Adeliger, der auf seinen Reisen sein Wissen vergrößern wolle. So wurde Beauvallet in die spanische Gesellschaft eingeführt. Don Diaz lud ihn für denselben Abend zu einem Fest in sein Haus ein, und Beauvallet nahm ohne Zögern an. Er blieb eine Weile, um sich mit den spanischen Granden zu unterhalten, trat dann aber den Heimweg an. Don Diaz begleitete ihn bis in die Vorhalle, wo er sich mit ausgesuchter Höflichkeit verabschiedete.
Joshua wartete schon voll Angst auf seinen Herrn und stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus, als er ihn eintreten sah.
Sir Nicholas warf sich in einen Stuhl. »Bei Gott, was für ein Hof!« sagte er und begann zu lachen. »Und was für ein König! Was für ein toter König! Wenn nur irgend jemand ›El Beauvallet!‹ in sein Ohr geflüstert hätte! Dann wäre er wohl aufgewacht!«
»Der Himmel soll’s verhüten!« sagte Joshua mitfühlend. »Das gefällt mir überhaupt nicht.« Er sah ihn ängstlich an. »Wie lange werden wir bleiben, Herr?«
»Wie soll ich das wissen? Was für eine Geschichte für Drake! Gott gebe es, daß ich durchkomme, um sie ihm zu erzählen!«
»Das möge Gott wirklich geben, Sir«, meinte Joshua düster.
»Tröste dich, du Feigling; in drei Wochen wird die Venture vor dem Schmugglerhafen kreuzen, den wir beide kennen, und wird jede Nacht hereinkommen, um nach meinem Signal Ausschau zu halten.«
»Was nützt’s, wenn Ihr dann schon eingesperrt seid?« fragte Joshua gereizt.
»Ich komme schon durch, daran darfst du nicht zweifeln. Hör mir einen Augenblick lang zu! Die Affäre wird immer verwickelter, und es gibt viele Fallgruben darin. Wenn ich in eine fallen sollte …« Er hielt ein und schnupperte mit zusammengekniffenen Augen an seiner Ambrakugel. »Ja, wenn ich verhaftet werde, Joshua, dann verläßt du augenblicklich diese Herberge und nimmst alle meine Habseligkeiten mit. Such dir eine obskure Kneipe, wo wir üblicherweise nicht absteigen würden. Ich werde dich schon finden. Wenn du von meinem Tod hörst – oder wenn ich innerhalb von zehn Tagen nicht wieder auftauche –, dann reise so rasch wie möglich zu dem Hafen und gib mit einer Laterne das Signal – du weißt schon, wie. Aber das nur für den Notfall. Glaub lieber noch an Beauvallets Glück. Und jetzt geh und finde mir das Haus von Don Diaz de Losa. Ich bin heute abend dort eingeladen. Wenn du etwas über Don Manuel de Rada erfährst, stehe ich in deiner Schuld.«
»Pest über alle Weiber!« sagte Joshua. Aber erst, als er die Tür hinter sich geschlossen hatte.
Don Diaz de Losas Haus war überfüllt, als Beauvallet dort ankam. In einem der vorderen Räume wurde gewürfelt, und dort hielt sich auch eine große Anzahl von jungen Caballeros auf. Großartig gekleidete Herren schlenderten von Gruppe zu Gruppe; es mischten sich auch Damen unter die Menge, da die Frauen nicht mehr so zurückgezogen lebten wie die Spanierinnen vergangener Zeiten. Lakaien in der Livree de Losas boten von schweren silbernen Tabletts Erfrischungen an. Der Wein funkelte in venezianischen Gläsern: Valdepenas von Morena, Rotwein aus Vinaroz und Nenicarlo; und Manzanilla, ein ganz leichter Sherry aus San Lucar. Dazu wurden Süßigkeiten und Obst
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