Der tolle Nick
Händen zu überreichen.«
Der Sekretär verbeugte sich nochmals. Alles läuft, wie es soll, dachte Beauvallet, während er ihn trotz seines nach außen hin unbekümmerten Betragens wie ein Luchs beobachtete.
»Folgt mir bitte, Señor!« sagte der Sekretär und schritt ihm voran über die Treppen zu einer langen Galerie im ersten Stock.
Sie gingen durch ein wahres Labyrinth von Gängen, bis sie endlich zu einer mit Vorhängen verkleideten Tür kamen. Beauvallet betrat einen streng eingerichteten Raum, in dem er wieder allein warten mußte.
Die Wände waren mit weiteren Gemälden von Märtyrern geschmückt. Beauvallet verzog das Gesicht und bedauerte den Geschmack Seiner Katholischen Majestät. Es verging eine halbe Stunde; König Philipp schien es nicht eilig zu haben. Sir Nicholas sah durch das Fenster auf einen gepflasterten Hof und gähnte von Zeit zu Zeit.
Schließlich kam der Sekretär zurück. »Seine Majestät wird Euch empfangen, Señor«, sagte er und gab dem Chevalier seine Beglaubigungsschreiben zurück. »Folgt mir, bitte.« Er hielt den Vorhang für Beauvallet zur Seite und führte ihn über den Gang zu einer Doppeltür. Er klopfte leicht, worauf ihm geöffnet wurde; Sir Nicholas trat in ein Vorzimmer, in dem zwei Männer schreibend an Tischen saßen und zwei Wachen die Tür flankierten. Er folgte dem Sekretär durch den Raum zu einem Torbogen; ein Wachsoldat schob den Vorhang beiseite, und der Sekretär ging voran. »Der Chevalier de Guise, Sire«, sagte er mit einer tiefen Verbeugung und trat an die Wand zurück.
Sir Nicholas trat unbewegt ein, blieb einen Augenblick lang stehen, als der Vorhang fiel, und überflog den kargen, zellenähnlichen Raum mit einem Blick. Es gab wenig, was seiner Aufmerksamkeit wert war. Eine Truhe, ein Schreibtisch, ein Priester am Fenster, ein Tisch in der Mitte des Raumes und dahinter in einem hohen Lehnstuhl ein bleicher Mann mit spärlichem, graumeliertem blondem Haar, einem genauso spärlichen blonden Bart und verschleierten Augen, die unter den gerunzelten Lidern düster und raubvogelhaft hervorblickten.
Sir Nicholas sank elegant auf ein Knie nieder; die Federn auf seinem Hut wischten über den Boden. Bei Gott! mußte er unwillkürlich denken. Wir zwei in einem Raume, und er weiß nicht, wer ich bin!
»Der Chevalier de Guise«, wiederholte Philipp langsam mit rauher Stimme. »Wir heißen Euch willkommen, Señor.«
In seiner ausdruckslosen Stimme lag ein Hauch von Freundlichkeit; in den glanzlosen Augen schimmerte kein Leben. Er wäre noch viel unfreundlicher, wenn er wüßte, daß er eben El Beauvallet begrüßt hat, dachte Sir Nicholas.
Philipp, der einen Fuß auf einen Samtschemel gestützt hatte, saß unbeweglich da und blickte ihn einen Moment lang prüfend an. Es war ein Augenblick der Spannung, in dem die Gefahr spürbar mitschwang. Sir Nicholas blieb völlig ruhig; niemand ahnte, wie rasch seine Hand zum Degen fahren konnte. Aber der Augenblick ging vorüber. »Ihr habt Briefe für Uns«, ließ sich die müde Stimme wieder vernehmen.
Beauvallet zog das in Seide gehüllte Paket aus seinem Wams, trat auf den Tisch zu, kniete wieder nieder und überreichte es dem König.
Die Finger des Königs berührten seine Hand, als er das Paket nahm; sie fühlten sich kalt und klamm an. Er gab das Paket dem Sekretär weiter und winkte Beauvallet aufzustehen. »Euer erster Besuch in Spanien, Señor?«
»Mein erster, Sire.«
Der Sekretär hatte einstweilen die Seide aufgeschnitten und breitete jetzt die knisternden Pergamente vor seinem Herrn aus. Philipps Augen wanderten langsam über die erste Seite, doch ließ sich in seinem Ausdruck keine Änderung erkennen. »Ich sehe, daß Ihr ein Vetter des Duc de Guise seid, Señor«, bemerkte er und schob die Papiere auf der glänzenden Tischplatte beiseite. »Wir werden uns mit der Sache befassen und Euch in ungefähr einer Woche Antwort geben.« Eile schien ein Wort zu sein, das im Wortschatz Seiner Majestät fehlte. Er wandte sich an den Sekretär. »Vasquez, wenn Don Diaz de Losa im Palast ist, soll er herkommen.« Er blickte Beauvallet wieder an. »Don Diaz wird sich um Euch kümmern, Señor. Wo wohnt Ihr?«
Beauvallet nannte den Namen seiner Herberge. Philipp überlegte. »Ja, das ist am besten so. Ihr seid ja nicht offiziell hier.«
»Ich habe angegeben, daß ich zu meinem Vergnügen reise.«
»Das ist gut so«, sagte Philipp. »Ihr werdet Euch sicher gut unterhalten. Madrid hat viel zu bieten.«
»Ich habe mir
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