Der tolle Nick
unwillkürlich die Hand nach ihm aus, er aber erfaßte das Geländer des Balkons, schwang sich über das Gitter und stand im nächsten Augenblick neben ihr.
Sie sprachen kein Wort. Sir Nicholas hatte den Arm um Dominica gelegt und führte sie ins Zimmer. Seine andere Hand lag leicht auf ihren geöffneten Lippen. Sie stellte die Lampe auf den kleinen Tisch, während er die hohen Fenster schloß und die Vorhänge zuzog. Dann wandte er sich um und breitete die Arme aus. Dominica stürzte in seine geöffneten Arme und fühlte, wie sie sich fest um sie schlossen.
»Mein Herz! Mein Liebling!«
Sie brachte nichts anderes hervor als: »Du bist gekommen! Du bist gekommen! Du bist es wirklich!«
»Habe ich dir denn nicht mein Wort gegeben?«
»Wie konnte ich denn daran glauben? Wie konnte ich glauben, daß du das wagen würdest! Das! Oh, Querida, warum bist du gekommen?« Ihre Hände legten sich auf seine Schultern. »Hier lauert der Tod in jedem Winkel auf dich!«
»Ich habe schon oft mit dem Tod gespielt und immer gewonnen! Vertraue nur auf mich!«
»Toll«, flüsterte sie, »mein toller Nicholas!« Er küßte sie. Einige Zeit verharrte sie ruhig in seinen Armen, dann aber seufzte sie tief: »Oh, ich Närrin! Ich werde an deinem Tod schuld sein!«
»Nein, nein, ich bin aus freien Stücken hierhergekommen, wie ich gesagt habe – um eine Engländerin aus dir zu machen!« Seine Worte ließen sie aufblicken. »Nun, mein Herz, wirst du mit deinem tollen Nicholas mitkommen?«
Sie versuchte, ihr Gesicht zu verbergen. »Es ist nicht möglich. Du weißt, daß es unmöglich ist. Gott allein weiß, wie du hierhergekommen bist. Aber du mußt rasch wieder gehen. Rasch. Wenn du mich mitschleppst, würdest du nie wieder entkommen!«
»Gib mir eine klare Antwort, Liebling. Wirst du mit mir kommen?«
Sie wich ihm aus. »Ich war so unglücklich«, sagte sie mit trauriger Stimme.
»Du wirst nie wieder unglücklich sein. Ich schwöre es dir!« Er schob sie von sich weg. »Willst du mir nicht weiterhin vertrauen? Willst du dein Leben nicht in meine Hand legen?«
Sie sah in seine Augen, fragend und verwirrt. Er hatte sie im Sturm erobert, er war ein Liebhaber wie im Märchen, und sie hatte sich nach ihm gesehnt, hatte von ihm geträumt, aber jetzt, wo er so eindringlich mit ihr sprach, sie so durchdringend ansah, wurde ihr erst voll bewußt, was es bedeuten würde, wenn sie sich ihm hingäbe. Er war ein Fremder und ein Engländer, und selbst wenn es ihnen gelänge, aus Spanien zu entkommen, würden sie ein fremdes Land und fremde Menschen erwarten. Sie liebte ihn, aber wie wenig wußte sie doch von ihm. Alle Ängste, die ein junges Mädchen bedrängen, stürzten auf sie ein. Sie versuchte, in die Zukunft zu sehen, und wurde bleich. Er wartete auf ihre Antwort. Wie leuchtend seine Augen sind, wie faszinierend, dachte sie.
»Nicholas – du kannst das nicht verstehen …« Sie zögerte. »Ich bin so allein, ich weiß nicht …«
»Ich verstehe dich sehr gut«, antwortete er. »Ich liebe dich. Vertraue mir nur.«
Ihre Finger suchten die seinen. »Du wirst gut zu mir sein?« fragte sie mit schwacher Stimme.
Er lächelte. »Ich werde dich niemals schlagen«, versprach er.
Diese Antwort entlockte auch ihr ein kleines Lächeln, das allerdings gleich wieder verschwand. »Spotte nicht. Lach mich nicht aus!«
Er führte ihre Hände an seine Lippen und küßte sie. »Ich gelobe es dir. Ich habe nur noch einen Wunsch: mich um dich kümmern zu dürfen.«
Sie kuschelte sich wieder in seine Arme. »Wenn wir es nur könnten. Wenn es nur möglich wäre!«
»Warum zweifelst du noch immer?« sagte er scherzend. »Was fürchtest du denn, mein kleines Herz?«
»Dich in den Tod zu führen!« sagte sie. »Wie sollte ich dies nicht fürchten?«
»Überlaß nur alles mir«, lächelte er. »Du mußt nur daran glauben, meine kleine, hochmütige Dame!«
»Sag das nicht!« protestierte sie, aber ein Lächeln erhellte ihr Gesicht, als sie daran dachte, wann er sie so genannt hatte.
Sein Arm lag fest um ihre Schultern. »Liebst du mich?« fragte er sie, und seine Augen erzwangen eine Antwort.
Sie blickte auf. »Das weißt du nicht, du Zweifler?«
Er riß sie an sich und küßte sie, bevor sie wußte, was ihr geschah. Er hielt sie noch immer fest in seinen Armen, als er sie mit einem neckenden Unterton in der Stimme fragte: »Soll ich eine Engländerin aus dir machen, mein Mädchen?«
Sie nickte. »Führ mich nur fort von hier«, sagte sie. »Führ
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