Der tolle Nick
wissen nicht genau, warum die Wachen gerufen worden sind.«
»Die Casa Noveli, Sire, liegt in unmittelbarer Nähe der Kaserne«, antwortete Porres. »Ein Edelmann kam in großer Eile zu uns und überbrachte die Nachricht, daß man El Beauvallet gefangen habe. Mein Leutnant, Cruza, handelte vielleicht unüberlegt. Ich habe diesen Mann nun ohne die Zustimmung Eurer Majestät in Gewahrsam.«
Philipp schien zufrieden zu sein, da er für kurze Zeit kein Wort sprach, sondern in offenkundiger Geistesabwesenheit vor sich hin starrte. Plötzlich blickte er Porres streng ins Gesicht: »Man lasse sein Gepäck untersuchen!« sagte er. »Ihr werdet den Chevalier unter Beobachtung halten, bis Wir Euch Unsere weiteren Verfügungen mitteilen. Sollte er mit einem Diener reisen –« er unterbrach sich, »könnte es geraten sein, diesen Mann zu befragen.«
»Sire –«
Philipp wartete.
»Man hielt es für ratsam, Sire, heute morgen nach der Herberge zu schicken, in der der Chevalier abgestiegen ist. Ich weiß nicht, Sire, ob dies Eurer Majestät Gefallen findet, aber in Anbetracht – aber, da die Dinge eben so lagen – man fürchtete –«
»Sprecht, Señor!«
»Kurz gesagt, bis zu einem gewissen Grad auf Don Maxias Anraten habe ich veranlaßt, daß das Hab und Gut des Chevaliers durchsucht werde und man mit dem Diener spreche, in der Hoffnung, daß Eure Majestät diesen Schritt gutheißen werde.«
»Ihr habt übereilt gehandelt«, sagte Philipp. »Derartige Schritte sind nach reiflicher Überlegung zu setzen. Fahrt fort!«
»Ich ersuche um Eurer Majestät Vergebung, wenn ich falsch gehandelt habe. Als meine Männer in die Herberge kamen, fanden sie das Gepäck des – des Chevaliers durchwühlt, seine Truhen und seine Geldkassette aufgebrochen und leer. Das Geld ist verschwunden, seine Juwelen, ein Degen aus Ferrara, seine besten Kleider – alles verschwunden. Kurz, er scheint von seinem Diener beraubt worden zu sein. Jener hat die Flucht ergriffen.«
»Hat die Flucht ergriffen«, wiederholte Philipp. »Fahrt fort.«
»Meinen Männern erschien dieser Umstand ebenfalls verdächtig, Sire. Der Schankkellner gab im Lauf einer Befragung allerdings zu, mit dem Diener in der vergangenen Nacht gesprochen zu haben, während dieser seine Flucht vorbereitete. Der Mann sagte, daß der Diener sehr erleichtert zu sein schien, von dem Glück sprach, das ihm nun endlich hold sei, und daß er froh wäre, daß sein Herr festgenommen worden war, da er nun Gelegenheit hätte, ihn zu verlassen, und dies auch nützen wolle.«
»Möglich, möglich«, sagte Philipp. »Es kann sich dabei allerdings auch um eine List handeln. Wir müssen alle Möglichkeiten berücksichtigen, Don Cristobal. Wie reagierte der Chevalier?«
Don Cristobal lächelte betrübt. »Der Chevalier, Sire, schien sich darüber wirklich zu erregen. Und er forderte auch – er ist sehr nachdrücklich in seinen Forderungen –, daß man diesen Kerl überall suche. Am liebsten hätte er uns bis an die Grenze gesandt, da er ja nun ohne einen Pfennig Geld dasteht. Was den Chevalier besonders zu erregen schien, war der Verlust seines Degens. Er fragte sofort, ob der Diener auch diesen mitgenommen habe, und als man ihm mitteilte, daß man keinen Degen gefunden habe, überkam ihn ehrlicher Zorn. Danach fragte er, ob seine Papiere wohl auch verschwunden seien – und ich hatte den Eindruck – ich beobachtete ihn sehr genau – daß er sehr erleichtert war, als er hörte, daß die Papiere in Sicherheit wären.«
»Die Papiere sind in Sicherheit?« fragte Philipp.
»Ja, Sire, man fand sie in der Innentasche einer Mantilla. Ich nehme an, daß der Mann sie in der Eile übersehen hat. Auf dem Fußboden fand man eine Geldtasche, die aber mit Ausnahme einiger Rechnungen leer war. Die Wäsche des Chevaliers war durchwühlt, so als ob der Diener nach etwas gesucht hätte. Außerdem fand man noch verschiedene Kleidungsstücke.«
»Bringt sie dem Chevalier«, sagte Philipp. »Das ist eine sehr heikle Angelegenheit, die genauer Überlegung bedarf.«
Die Türe hinter ihm öffnete sich lautlos. Ein Mann in Priesterkleidung trat in den Raum. Philipp lächelte, zwischen seinen dünnen Lippen waren seine gelben, etwas spitzen Zähne zu sehen. »Ihr kommt gelegen, Vater.«
Der Priester, der bescheiden an das Fenster getreten war, wandte sich bei Philipps Worten um und näherte sich dem Stuhl des Königs. Es war Father Allen, ein englischer Jesuit, der sich stets in Philipps Nähe
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