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Der tolle Nick

Der tolle Nick

Titel: Der tolle Nick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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Don Diego hitzköpfig, »gut, gut. Werdet Ihr meine Kusine mit Euch aufs Land nehmen?«
    »Selbstverständlich«, sagte sie.
    »So bald wie möglich, Señora? So schnell es geht?«
    Für einen kurzen Augenblick hob sie die Augenlider: »Ich werde am Dienstag abreisen, wie vereinbart, mein Sohn.«
    »Narretei!« rief er und begann, im Zimmer umherzugehen.
    Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und war völlig ruhig. »Glaubst du?« fragte sie ihn sanft. »Vielleicht sehe ich die Dinge etwas klarer. Ganz Madrid weiß, daß ich am Dienstag nach Vasconosa abreisen werde. Was glaubst du, würde man in Madrid denken, wenn ich so unvermutet aufbräche? Es gäbe nur einen einzigen Grund, der mich zu meiner früheren Abreise bewegen könnte, und das ist die Ankunft Tobars. Ich flehe dich an, geh und belästige deinen Vater mit deinen Ängsten und Schrecken und verschone mich damit!«
    Sie schloß die Augen, als ob sie schlafen wollte. Er hielt inne, überlegte und sagte dann grollend: »Daran hatte ich nicht gedacht.«
    »Nein«, sagte sie, ohne die Augen zu öffnen. »Denken gehört nicht zu deinen ständigen Gepflogenheiten, glaube ich. Laß mich jetzt bitte allein. Du störst meine Siesta ohne ersichtlichen Grund.«
    »Ich hoffe, daß Ihr einmal nicht durch Schlimmeres gestört werdet als durch meine Gegenwart, Señora«, sagte er. »Ihr seid entschlossen, uns zu verlachen, und haltet Euch für klüger als alle anderen. Aber eines sage ich Euch! Ich werde meinen Vater warnen, daß er, falls dieser Teufel entkommen sollte, ihm die Männer des Königs unverzüglich nach Vasconosa nachsenden muß!«
    »Tu das, mein Sohn«, sagte sie. »Geh und warne ihn jetzt gleich!«

16
    Am Morgen nach der aufsehenerregenden Verhaftung wurde König Philipp durch seinen Sekretär in seinen Gebeten gestört, der ihm übereifrig die erstaunliche Nachricht überbrachte. Er rannte zum König, vergaß Ort und Zeit, und in sich überstürzenden Worten teilte er dem König mit, daß El Beauvallet verhaftet worden sei. König Philipp nahm von dieser Meldung keine Notiz und setzte seine Gebete fort.
    Der Sekretär lief dunkelrot an und zog sich zurück. König Philipp sprach seine Gebete zu Ende und begab sich danach in sein Kabinett. Er setzte sich an seinen Arbeitstisch, legte sein gichtiges Bein auf einen mit Samt bespannten Schemel und vertiefte sich in ein Dokument. An den Rand schrieb er in feiner Schrift eine Notiz. Dann legte der König seinen Federkiel beiseite und richtete die halb geschlossenen Augen auf den Sekretär. »Du hast was gesagt?« fragte er in sachlichem Tonfall und faltete ruhig die Hände.
    Vasquez, noch immer außer Fassung, rang nach Worten. »Sire, El Beauvallet wurde gestern abend in der Casa Noveli gefangengenommen.«
    Philipp überlegte einen Augenblick. »Das ist unmöglich«, sagte er schließlich. »Erklärt!«
    Die Geschichte wurde ihm erzählt, in verwirrten, abgehackten Sätzen, aber packend. Vasquez hatte von Admiral Perinat erfahren, daß der Chevalier de Guise niemand anderer sei als El Beauvallet, der schreckliche Pirat. Der Chevalier sei daraufhin festgenommen worden, und in der Antichambre stünden einige Herren, die Seine Majestät unbedingt sprechen müßten.
    Philipp kniff kurz die Augen zusammen, schien jedoch völlig ungerührt. »Der Chevalier de Guise?« sagte er schließlich langsam. »Seine Papiere waren in Ordnung.« Er verlieh seinen Worten außerordentlichen Nachdruck. Dann blickte er gelassen auf Vasquez. »Gibt er es zu?« fragte er.
    »Nein, Sire, ich glaube nicht. Ich glaube, nein, ich bin sicher, daß er sofort zum französischen Botschafter geschickt und dessen Protektion verlangt hat. Aber Don Maxia de Perinat –«
    Philipp blickte auf seine gefalteten Hände nieder. »Perinat ist ein Stümper. Wer sich einmal irrt, kann sich auch zweimal irren. Die Geschichte erscheint mir reichlich verrückt.«
    Einen Augenblick später trat der französische Botschafter ein und erwies dem König seine Reverenz, Er war zwar nicht völlig gefaßt, beeilte sich jedoch nicht, zur Sache zu kommen. Komplimente flossen von seinen Lippen, höfliche, gedrechselte Worte. Nach einiger Zeit sagte Philipp: »Ihr seid in einer dringenden Angelegenheit hier, Señor, kommen wir zur Sache.«
    Der Botschafter machte eine tiefe Verbeugung. »Ich bin gekommen, um über die seltsame Angelegenheit der Verhaftung des Chevalier de Guise zu berichten, Sire«, sagte er und stockte, als wüßte er nicht, wie er fortfahren

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