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Der tolle Nick

Der tolle Nick

Titel: Der tolle Nick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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einen Augenblick, daß er nun in der Falle säße. Dann aber blitzten seine Augen plötzlich auf, und ein amüsiertes Lächeln umspielte seine Lippen.
    Von der Haupttreppe auf der anderen Seite des Vierecks waren Schritte und Rufe zu vernehmen. Sir Nicholas hielt abwartend inne, um zu sehen, aus welcher Richtung seine Verfolger kommen würden. An der entfernten Seite des östlichen Ganges tauchten einige Soldaten mit gesenkten Hellebarden auf. Sir Nicholas wandte sich nach links und flog förmlich den südlichen Gang entlang, auf die Wohnung des Gouverneurs zu.
    Er hatte die Ecke beinahe erreicht, als er sich plötzlich umblickte und einen anderen Fluchtweg suchte. Vor sich, von der Westseite des Korridors her, hörte er das Geräusch rascher, schwerer Schritte. Er saß also wirklich in der Falle.
    Noch einen Augenblick, und die Männer hinter ihm würden um die Ecke biegen und seiner ansichtig werden. Sir Nicholas schwang sich auf das Sims des letzten Fensters, glitt in die Nische und zog den schweren Vorhang hinter sich zu. Von diesem Fenster gelangte man auf einen kleinen, mit einem eisernen Geländer versehenen Balkon, der in den Hof hinausragte. Es war zu dunkel, um deutlich sehen zu können, doch vernahm er Stimmen und wußte, daß sich unten die Soldaten versammelten.
    Er schob den Dolch in seinen Gürtel, prüfte die eisernen Stäbe kurz auf ihre Stärke und versuchte, die Entfernung bis zum ersten Balkon auf der Westseite abzuschätzen, den er im Dunkel kaum ausnehmen konnte. Dann stieg er kurz entschlossen auf das Geländer, eine Hand an der Wand, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Wie den Geräuschen zu entnehmen war, mußten die Männer nun die Ecke erreicht haben. Sir Nicholas nahm allen Mut zusammen und sprang. Es gelang ihm, sich gerade noch am Geländer des Balkons festzuhalten. Klopfenden Herzens blieb er einen Augenblick so hängen, dann nahm er alle Kraft zusammen und zog sich in die Höhe. Sekunden später hatte er das Geländer überwunden und war durch das Fenster geklettert.
    Vor ihm lag ein leerer Gang. Weit entfernt liefen die Soldaten in einer anderer Richtung und mußten bald mit jenen zusammentreffen, die von der Gegenseite kamen. Heute nacht wird wieder einmal viel von Hexenkünsten die Rede sein, dachte Sir Nicholas und grinste. Jede der beiden Verfolgergruppen war davon überzeugt, daß sich der entflohene Gefangene in der Falle befände. Sie sollten sehr bald entdecken, daß El Beauvallet seinem Ruf wieder einmal alle Ehre gemacht hatte und diesmal, allem Anschein nach, spurlos verschwunden war. Beauvallet schickte den davoneilenden Wachen eine Kußhand nach und lief auf die erste Tür zu, deren er ansichtig wurde. Sie war unversperrt.
    Er betrat vorsichtig den Raum und befand sich in einem leeren, eher armselig eingerichteten Schlafzimmer, das von einer kleinen Öllampe, die am Kaminsims stand, schwach beleuchtet wurde. Vermutlich der Raum irgendeiner Zofe. Er schloß lautlos die Tür hinter sich und trat ans Fenster. Es war offen und blickte in den Garten. Sir Nicholas schwang ein Bein über das Fenstersims und suchte Halt. Er fühlte die Glyzinie unter seinem Fuß, fand einen Ast, schwang sich mit dem zweiten Bein über das Fensterbrett und hielt sich an den starken Zweigen fest, dann kletterte er vorsichtig und langsam auf den darunterliegenden Balkon. Die Glyzinie brach, doch er erreichte sein Ziel sicher. Er hatte bereits ein Bein über das Balkongitter geschwungen, mit einer Hand hielt er noch die Schlingpflanze umklammert, als er Stimmen vernahm, die zum Rückzug mahnten.
    Die Tür, die unter ihm vom Haus in den Garten führte wurde aufgerissen, das flackernde Licht einer Fackel blitzte auf, und eine deutlich vernehmbare Stimme erklang: »Zwei von euch halten hier Wache, falls er auf diesem Weg zu entkommen versucht!«
    Ohne auch nur einen Augenblick zu zögern, glitt Sir Nicholas durch das offene Fenster in den hinter ihm liegenden Raum.
    Die Vorhänge waren nicht ganz zugezogen, und durch den Spalt schien ein schwacher Lichtschimmer. In den Falten des schweren Stoffes verborgen, wagt Sir Nicholas einen Blick in das Zimmer. Es war leer. Sir Nicholas trat vor und zog die Vorhänge hinter sich zu. »Du liebe Güte!« rief er angewidert. »Wo bin ich denn jetzt hingeraten!«
    Er befand sich in einem geräumigen Schlafzimmer, das mit schweren Möbeln eingerichtet war, einem großen Bett mit Baldachin und Samtvorhängen, einer Truhe in Einlegearbeit, einem Tisch, Stühlen und

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