Der Tomorrow-Code - Thriller
Tane den Fernseher ein, um die Abendnachrichten zu sehen. Die Königin hielt gerade ihre Weihnachtsansprache. Tane schaltete auf TV3 um.
Sie brachten nur eine einzige Nachricht. Und die hatten sie offenbar den ganzen Tag lang ausgestrahlt. Atemlose Reporter hinter den Straßensperren der Polizei, Aufnahmen von Hubschraubern aus der Ferne – und alle erzählten dieselbe Story: die größte Katastrophe in der Geschichte Neuseelands. Fünfzigtausend Menschen, abgeschnitten, vermisst oder noch schlimmer. Ein seltsamer Nebel. Die Evakuierung der kleinen Stadt Maungaturoto, südlich von Whangarei, die als nächste Siedlung auf dem Weg des Nebels in Richtung Auckland lag, sei angelaufen.
Die Bewohner Aucklands wurden aufgefordert, Ruhe zu bewahren und keinesfalls zu versuchen, aus der Stadt zu fliehen. Sprecher des Zivilschutzes versicherten den Reportern, dass bereits Spezialteams von Experten aus dem Ausland im Einsatz seien, die sich um das Problem kümmern würden.
Rebecca hatte gerade ein Glas Wasser getrunken, als sie es plötzlich fallen ließ. Es zerschellte auf dem Boden. Ihr Gesicht war kreidebleich geworden.
»Rebecca?«
Sie sprang auf und rannte auf die Terrasse hinaus. Tane lief ihr nach. Er spürte, dass auch Fatboy hinter ihm herkam.
»O nein! O nein … o nein …«
Rebecca klammerte sich am Rand des Terrassentischs fest, als könne sie sich nicht mehr allein aufrecht halten. Sie keuchte heftig, bemerkte Tane, eine panische Überreaktion. Immer wieder wurde ihr schmaler Körper von Krämpfen geschüttelt.
»O mein Gott, nein«, sagte Rebecca immer wieder.
»Was ist los, Rebecca? Glaubst du, wir haben uns ein Virus eingefangen, als wir auf der Insel waren?«, fragte Fatboy drängend.
»Nein. Viel schlimmer. Viel, viel schlimmer als das.«
Viel schlimmer? In Tanes Kopf überstürzten sich die Gedanken. »Was ist los, Rebecca?«
Sie schloss einen Moment lang die Augen und stieß einen langen, tiefen Seufzer aus. »Mir ist plötzlich alles klar geworden. Die Insel. Der Nebel. Die kryptischen Botschaften. Ich weiß jetzt, warum wir das U-Boot kaufen mussten.«
»Um unbemerkt zur Insel zu kommen. Das wissen wir doch schon, oder nicht?«, fragte Tane mit wachsender Vorahnung.
Aber Rebecca schüttelte den Kopf. »Und was ist, wenn es zwei Gründe gibt? Einen Plan B , falls unser Trip zur Insel schiefläuft?«
»Der ist ja auch tatsächlich schiefgelaufen«, bemerkte Fatboy.
»Wenn wir aber nun recht hätten? Wenn dieses … dieses Virus … oder was auch immer es ist, so grauenhaft, so entsetzlich wäre, dass Plan B nötig ist, um uns eine Zuflucht zu bieten, eine Art von schwimmendem Bunker tief unten im Meer, in dem wir vor der Ansteckung sicher wären?«
»Ein Unterschlupf, ein Bioschutzraum, meinst du?«, sagte Fatboy nachdenklich.
»Was ist, wenn wir uns unter Wasser in unserem kleinengelben U-Boot verstecken müssten, damit wir vor dieser … Seuche sicher sind, die sich daranmacht, den Rest von Neuseeland auszulöschen?«
»Oder den Rest der Welt«, sagte Tane leise.
Es war zehn nach sechs abends.
Weihnachtstag.
ZUFLUCHTSSTÄTTE
Dienstag, 29. Dezember
»Was meinst du, wie lange müssen wir unter Wasser bleiben?«, fragte Tane.
»So lange es dauert. Monate. Vielleicht sogar Jahre.«
Die Chronophonpläne waren endlich vollständig, die letzte Botschaft umfasste eine lange Zahlenreihe, gefolgt von dem Wort »Ende«. Sie hatten die Zeichnung ausgedruckt und brüteten nun darüber.
»Warum machen wir uns überhaupt die Mühe?«, hatte Fatboy irgendwann plötzlich gefragt. »Es ist eh zu spät.«
Rebecca hatte ihn ungläubig angeblickt. »Bist du verrückt? Wenn wir das Chronophon nicht bauen, können wir auch keine Botschaften in die Vergangenheit schicken. Wenn wir das nicht können, werden wir nichts wissen und werden genau wie alle anderen da draußen mit unseren Weihnachtsgeschenken herumalbern und am Strand herumliegen und keine Ahnung haben, dass wir bald von der Erde weggefegt werden.«
Fatboy hatte Tane einen verstörten Blick zugeworfen, aber Tane hatte genickt. »Sie hat recht. Es ist besser, wenn wir das Ding bauen.«
Das war vor drei Tagen gewesen. Später hatte es geklingelt, und als Tane öffnen ging, stand er dem wahrscheinlich dünnsten Menschen gegenüber, den er je im Leben gesehen hatte. Goony schien aus nichts anderem als aus einem Skelett zu bestehen, das jemand mit Klarsichtfolie umwickelt hatte. Schüchtern und schief grinsend nannte er
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