Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Torwächter Bd. 1 - Der Torwächter

Der Torwächter Bd. 1 - Der Torwächter

Titel: Der Torwächter Bd. 1 - Der Torwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Stromiedel
Vom Netzwerk:
zusammenschlug. Nur noch wenige Schritte, und die Soldaten würden bei ihnen sein.
    Plötzlich huschte etwas quer über den Platz, wie ein heller Blitz, Simon konnte nicht erkennen, was es war, so schnell bewegte es sich. Dann geschah etwas Unglaubliches: Die Soldaten blieben stehen. Nicht, weil sie stehen bleiben wollten. Sie stoppten mitten in der Bewegung, im Laufen, im Sprung, als hätte die Kälte, die sie mit sich brachten, sie eingefroren. Direkt vor Simon hing ein breitschultriger Soldat in der Luft, er hattedie Hände ausgestreckt, um Simon zu packen und zu Boden zu werfen. Jetzt war er ohne Regung, so wie alles um Simon herum. Seine silberne Uniform blinkte matt im Licht der Sonne.
    Simon richtete sich auf. Verblüfft sah er sich um. Nichts und niemand bewegte sich. Nicht nur die Soldaten, auch Ira neben ihm stand wie versteinert. Ihr Gesicht war verzerrt, ihr Mund zu einem stummen Schrei geöffnet. Auch auf dem Platz zwischen den Hochhäusern war alles wie eingefroren, die Menschen standen regungslos, als wären sie Teil eines Fotos, das jemand von ihnen gemacht hatte. Selbst das Wasser der Brunnen und Wasserfälle war erstarrt.
    Doch das hier war kein Foto. Simon konnte sich bewegen, er konnte aufstehen, sich zwischen den Soldaten hindurchschlängeln und fortgehen, als Einziger auf dem ganzen Platz. Fassungslos drehte er sich zu den Soldaten um. Sie sahen aus wie Statuen eines gigantischen Standbildes.
    Da bemerkte er etwas Seltsames: Die silbergrauen Uniformen der Soldaten waren rissig, und die Fäden schillerten. Neugierig betrachtete er die Uniform von einem der Männer genauer. Die Fäden waren nicht gewebt, sondern miteinander verklebt, von winzigen Spinnen, die in den Ritzen und Falten des Stoffes saßen. Erstaunt starrte Simon auf das Spinnengewebe, in das der Soldat eingekleidet war.
    Langsam wich er zurück. Das, was hier geschah, konnte auf keinen Fall wirklich sein! Er würde gleich aufwachen und in seinem Bett liegen. Oder er würde davonfliegen und in einen anderen Traum eintauchen, und morgen früh wäre alles vorbei.
    Doch er flog nicht davon. Und er würde auch nicht in seinem Bett aufwachen. Das hier war die Wirklichkeit.
    Panik stieg in ihm auf. Er musste weg hier! Simon begann zu rennen, weg von den Spinnen, weg von den Soldaten, weg von dem goldenen Hochhausturm. Dann fiel ihm Ira ein. Sie war immer noch dort, alleine zwischen den heranstürmenden Soldaten, regungslos wie sie. Er lief zurück zu ihr und versuchte, sie mit sich zu ziehen, doch es war vergeblich, er hätte genauso gut versuchen können, einen Felsbrocken zu bewegen. Hilflos ließ er die Arme sinken.
    Da bemerkte er aus den Augenwinkeln eine Bewegung. Er fuhr herum. Nichts rührte sich. Angestrengt spähte Simon durch die erstarrten Soldaten hindurch. Und dann sah er es: Ein Raubtier schlängelte sich zwischen den Beinen der Männer durch, es war ein Leopard, er sprang auf Simon zu.
    Die Augen des Tiers leuchteten.

22
    Der Leopard näherte sich ihm bis auf wenige Meter. Simon hielt den Atem an. Dann blieb das Tier stehen. Es musterte ihn forschend. Aus der Nähe sahen seine Augen klug aus und ihr Leuchten wirkte warm anstatt unheimlich. Simons Furcht wich gespannter Aufmerksamkeit.
    »Wer bist du?« Simon sprach, ohne darüber nachzudenken, ob ein Leopard ihm antworten könnte. Alles war möglich in diesem Augenblick, und so verblüffte es ihn keinen Moment, als das Tier antwortete.
    »Ich bin Ashakida.«
    Simon stutzte, als er die Stimme hörte: Sie klang weich und sanft, wie die eines Mädchens, und schien nichts mit dem Raubtier zu tun zu haben, das vor ihm stand. Erst als die Leopardin sich umdrehte und paar Schritte davonlief, sah Simon, dass die eleganten Bewegungen des Tiers und seine Stimme zueinander passten.
    Die Leopardin blickte zurück zu ihm. »Worauf wartest du? Komm!«
    Simon zögerte, der Aufforderung zu folgen. »Was ist hier passiert?«
    »Ich erklär es dir später.«
    »Hast du alles angehalten?« Simon wies auf den Platz, auf dem alles erstarrt war.
    Die Leopardin nickte ungeduldig. »Komm jetzt. Wir haben keine Zeit, hier zu reden.«
    Simon stutzte. »Die Zeit, natürlich! Du hältst die Zeit an!« Beeindruckt betrachtete er die Leopardin. »Das Rucken, auf dem Weg hierher, das warst auch du, richtig? Und heute Nacht, als ich fast aus dem Fenster gefallen bin, da hast du auch die Zeit gestoppt.«
    Die Leopardin fauchte nervös.
    »Aber wenn die Zeit stillsteht«, fuhr Simon fort, »warum kann ich

Weitere Kostenlose Bücher