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Der Torwächter Bd. 1 - Der Torwächter

Der Torwächter Bd. 1 - Der Torwächter

Titel: Der Torwächter Bd. 1 - Der Torwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Stromiedel
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auf dem Boden lagen Teppiche, in denen Simon fast bis zum Knöchel versank. Ein plüschiges Schlafsofa, auf dem noch das Bettzeug lag, prangte in der Mitte des Raumes, umstellt von Bücherstapeln sowie von unzähligen Lampen und Blumenvasen. Fotos und kitschige Gemälde füllten jede freie Stelle an der Wand, und wo für ein Bild kein Platz mehr war, hatte sie Figürchen, Schmuckteller und venezianische Masken aufgehängt. Als sei das nicht genug, blinzelten ihn aus allen Ecken Katzenfiguren an, aus Metall und Holz, aus Plastik und aus Bast, aus Ton und aus Glas, sogar gehäkelte und aus Stoff genähte Katzen entdeckte er.
    Ein ungehaltenes Schnauben ließ Simon aufmerken. Überrascht drehte er sich um: Ira hockte in einer Ecke des Raumes auf einem niedrigen Schemel, das verletzte Bein ausgestreckt. Ärgerlich sah sie ihre Oma an. »Du solltest ihn doch hier nicht hereinbringen.«
    Iras Großmutter stand an einem Medizinschrank, aus dem sie eine Arbeitsplatte herausgeklappt hatte. Sie war dabei, eine Salbe anzurühren, und ließ den Vorwurf an sich abperlen. »Er braucht meine Hilfe. Also bekommt er meine Hilfe. Sieh doch, wie er läuft.«
    Simon spürte die Blicke der beiden auf sich. Verlegen wandte er sich ab, darum bemüht, sich nichts anmerken zu lassen. Doch der Schritt, den er machte, schmerzte wie alle anderen, und er beugte seinen Körper, damit es weniger wehtat.
    »Na bitte.« Die Alte sah sich bestätigt. »Sobald ich mit dir fertig bin, sehe ich ihn mir an.« Ihre Stimme ließ keinen Widerspruch zu.
    Ira seufzte, doch sie entgegnete nichts, während ihre Großmutter vor ihr niederkniete und ihr Bein verband.
    Simon war hin- und hergerissen: Die Vorstellung, sich in die Hände der Alten zu begeben, gefiel ihm ganz und gar nicht. Doch er wollte mit ihr sprechen, auch wenn er spürte, dass Ira deshalb ärgerlich war. Er hätte gerne gewusst, warum; so wie er auch gerne gewusst hätte, warum Ira behauptet hatte, dass ihre Großmutter seltsam sei. Bei seiner ersten Begegnung mit ihr hatte sie tatsächlich eigenartig gewirkt. Doch jetzt, als Simon ihr zusah, wirkte sie überhaupt nicht wirr oder verrückt. Nur einfach alt und grauhaarig.
    Die Alte befestigte das Ende der Mullbinde und richtete sich auf. »So, fertig. Gleich bist du dran, Salvatore.« Sie verzog den Mund zu einer Grimasse, die man als Lächeln deuten konnte, und griff sich ein Stück Seife. Sorgfältig begann sie damit, sich über einer Waschschüssel ihre Hände zu reinigen.
    Er nahm sich ein Herz. »Wieso nennen Sie mich Salvatore?«
    Die Alte schien die Frage zu erstaunen. »Wieso? Du heißt doch so.«
    »Nein, heiß ich nicht. Mein Name ist Simon.«
    »Unmöglich! Das kann nicht sein!«
    »Doch. Ganz sicher.« Simon war verwirrt. »Ich mein, ich muss das doch wissen, oder?«
    Die Alte lachte keckernd. »Das stimmt, das solltest du wissen.« Sie blickte zu Ira, die auf ihrem Schemel hockte und das Gespräch stumm verfolgte. »Hast du ihm nichts gesagt?«
    Ira machte eine unbestimmte Bewegung, die alles Mögliche bedeuten konnte. Offensichtlich wollte sie nicht reden.
    Simon runzelte die Stirn. »Was sollte Ira mir denn erzählt haben?«
    »Dass wir wussten, dass du kommst.«
    »Sie meinen, dass ich Sie heute besuchen würde?«
    »Nein.« Die Alte grinste. »Dass du überhaupt kommst. Das wissen wir schon seit ein paar Monaten.«
    Simon warf Ira einen erstaunten Blick zu.
    Sie wich seinem Blick aus.
    »Aber woher?« Er war ratlos. »Das kann doch gar nicht sein! Ich wusste es doch selber nicht!«
    »Der Verrückte hat es uns gesagt. Er hat gesagt, dass Salvatore kommt. Also du.«
    »Aber ich bin nicht Salvatore!« Vielleicht war die Alte doch ein bisschen abgedreht, dachte Simon.
    Statt einer Antwort wandte sich Iras Großmutter um und verschwand in der Tiefe des Raumes. Als sie zurückkam, hieltsie ein kleines Bild in der Hand, ein schlichter Bilderrahmen, darin ein Gemälde.
    »Das hat er uns gegeben. Damit wir dich erkennen.«
    Sie reichte Simon das Bild.
    Simon betrachtete es verblüfft.
    Auf dem Bild sah er sich.

27
    Sprachlos blickte Simon auf das Gemälde in seiner Hand. Es zeigte tatsächlich ihn, es war ein Porträt, gemalt in Ölfarben.
    »Woher haben Sie das?«
    »Das hab ich doch schon gesagt.« Die Alte griff sich den Salbentopf und schloss den Deckel. »Ich hab es von dem Verrückten.«
    Simon fragte nicht weiter, wen sie damit meinte, er wusste es auch so, er hatte den Strich des Malers sofort erkannt. Er wusste auch, woher

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