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Der Torwächter Bd. 1 - Der Torwächter

Der Torwächter Bd. 1 - Der Torwächter

Titel: Der Torwächter Bd. 1 - Der Torwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Stromiedel
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wärst.«
    »Ich?«
    »Ja, du. Er nannte dich Salvatore.« Sie wies auf das Bild. »Das hier bist du doch, oder?«
    Simon nickte.
    »Das«, fuhr die Alte fort, »hat er für dich angebracht.« Sieging zur Tür und wies auf ein kreisrundes Stück Metall, das am Türrahmen silbern glänzte. Es war ein Dorn, der im Holz versenkt worden war wie ein Nagel in einem Holzbalken. Das Ende war abgeflacht und kreisrund und hatte die Größe einer Münze. Simon trat näher und betrachtete das Metall genauer. Einen solchen Dorn hatte er schon einmal gesehen, bei seinen heimlichen Besuchen in der alten Scheune des Großvaters. Er steckte in dem Türrahmen, der dort an der Wand lehnte. Auch in den Metalldorn, den Simon nun vor sich hatte, war etwas eingraviert. Simon kannte das Bild, es war das gleiche wie auf dem Dorn in der Scheune: ein Rosenbusch, der mit seinen Blättern, Blüten und Dornen einen Tordurchgang versperrte. Die Rose blühte prachtvoll.
    »Kennst du das?« Die Alte hatte ihn aufmerksam beobachtet.
    Simon nickte.
    »Und was bedeutet es?«
    »Keine Ahnung.« Behutsam strich er mit seinen Fingern über die Gravur. »Hat mein Opa sonst noch was gesagt?«
    »Nein. Aber er hat mir etwas gegeben.« Sie ging zu einer der Kommoden, um eine Schublade aufzuziehen. Als sie sich wieder umdrehte, hielt sie ein Buch in der Hand, klein wie ein Notizblock und mit einem verschlissen wirkenden Ledereinband. »Das ist für dich.« Sie reichte ihm das Buch.
    Erstaunt nahm Simon es entgegen. Es war schwerer als vermutet. Auf dem Einband war ein Bild zu sehen, ein Relief, das der Buchbinder mit einem Eisen in das Leder gepresst hatte. Es bestand aus einem Kreis, in dessen Zentrum eine blühendeKletterrose rankte – es war dasselbe Bild wie auf dem Metalldorn im Türrahmen.
    Neugierig blätterte Simon das Buch auf. Das Papier war grob, er spürte Reste von Holzspänen, während seine Finger über die Seiten strichen. Es war ein Skizzenbuch, Simon erkannte viele der Bilder darin wieder. Sein Opa hatte in diesem Buch die Gemälde entworfen, die in seinem Atelier standen und die er nach seinen Zeichnungen angefertigt hatte.
    Die Alte betrachtete ihn neugierig.
    Fragend sah er sie an.
    Sie zuckte mit den Achseln. »Er hat gesagt, er lässt es hier für dich. Falls du die Bilder nicht findest.« Sie wusste genauso wenig wie er, was das bedeutete.
    Welche Bilder meinte sein Großvater? Die im Atelier? Die ganze Sache, dachte Simon, wird immer verrückter.
    »Warum«, sagte er nachdenklich, »hat er mich Salvatore genannt? Er weiß doch, wie ich richtig heiße.«
    »Das solltest du ihn selber fragen. Wenn du ihn findest. Er ist fort, nicht wahr?«
    Simon nickte. »Woher wissen Sie das?«
    Sie stockte und dachte über seine Frage nach. Hilflos hob sie die Schultern. Für einen Augenblick sah sie verwirrt aus. »Er … er ist durch das Tor gegangen.« Sie verstummte, blickte ins Leere. Sie schien Simons Fragen nicht mehr zu hören.
    Nachdenklich klappte Simon das Buch zu und steckte es in den Bund seiner Hose. Zwar hatte er keine Ahnung, wo sein Großvater war, doch sein Vater würde morgen zurückkommen. Er würde viel von ihm wissen wollen.
    Simon fiel noch etwas ein: »Als Sie mich das erste Mal gesehen haben, sagten Sie, ich wäre zu spät gekommen. Warum?«
    Die Alte antwortete nicht. Sie war ein paar Schritte zur Seite gegangen, jetzt stand sie hinter einem Stuhl, die Hände in die Rückenlehne gekrallt. Sie blickte ins Leere. Simon fühlte, als er näher kam, dass sie Angst hatte. Er wiederholte seine Frage.
    Für einen Augenblick dachte er, sie hätte ihn nicht gehört. Doch dann sah sie auf. »Spürst du es denn nicht?«
    »Was soll ich spüren?«
    »Die Kälte. Sie ist da.«
    Simon sah die Alte erstaunt an: Wenn es hier etwas nicht gab, dann war es Kälte, vor allem jetzt in den Mittagsstunden, wenn die Hitze zwischen die Häuser kroch und alles niederdrückte, was sich zu regen versuchte.
    Die Alte ergriff seine Hände. Er spürte, wie seine Hände warm wurden, doch diesmal wehrte er sich gegen ihre Angst, die in ihn einzudringen begann.
    »Du musst ihn finden!« Der Blick der Alten flackerte unruhig. »Du musst deinen Großvater finden!« Jetzt wirkte sie wirklich verrückt – es war, als stünde ein anderer Mensch vor ihm.
    Simon riss sich los. Er nahm das Skizzenbuch und ging eilig zur Tür. Der Metalldorn im Türrahmen blitzte auf, als er über die Schwelle trat.
    Noch einmal sah Simon zurück.
    Die Alte stand im Raum, sie

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