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Der Tote am Lido

Der Tote am Lido

Titel: Der Tote am Lido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
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Schwierigkeiten.« Lunau überlegte, warum Gianella in die Halle gekommen war. Wollte er Abschied nehmen von dem, was er geschaffen hatte? Er sah sich um. Neben der Haupthalle lag eine kleinere mit Packmaschinen. Schließlich blickte er wieder auf den Monitor. In der Graphik waren Temperaturkurven, Salzkonzentration und lateinische Namen verzeichnet.
    »Wozu dient das?«, fragte Lunau.
    »Damit analysieren wir alle vier Stunden das Wasser der Sacca.«
    Jetzt fiel Lunau wieder ein, wo er die lateinischen Fachbegriffe gelesen hatte: im Obduktionsbericht.
    Lunau holte sein Handy hervor, mit dem er die Seiten fotografiert hatte. »Salzkonzentration 19,6 Promille, davon 11,2 Promille Kochsalz, 2,1 Promille Magnesiumchlorid, 1,6 Promille Magnesiumsulfat …«
    Gianella schaute Lunau an und kaute stumm. »Was ist das?«, fragte er.
    »Das Wasser aus Meserets Lunge.«
    Lunau hatte nichts zu verlieren. Und jetzt würde sich erweisen, ob Gianella etwas zu verbergen hatte.
    »Das ist Brackwasser, eine solche Konzentration finden Sie manchmal auch in sublagunaren Kanälen.«
    »Ich habe außerdem Algenkonzentrationen. 360 mg pro Liter Chlorophyta, 127 mg Fucus vesiculosus, 76 mg Chondrus crispus.«
    Gianella nickte, wandte sich dem Computer zu und gab die Daten ein. Es erschien eine Excel-Datei. »Wir haben vier Treffer in diesem Jahr. Haben Sie auch Arachnoidiscus, Kieselalgen, die wachsen nur im Winter?«
    »Nein.«
    »Dann kommen der 11. März, der 12./13. Mai und die Nacht vom 28. auf den 29. August in Frage.«
    Lunau nickte und sah Gianella an. Dessen Blick war müde und leer. Für Lunau stand fest, dass Meseret in der Sacca di Goro umgebracht worden war. Warum hatte Gianella ihm mit den Daten geholfen? Weil er unschuldig war? Oder besonders raffiniert? Lunau hatte ihn von Anfang an unterschätzt.
    »Danke«, sagte er und ging durch den Lamellenvorhang hinaus.
42
    Als er in den Innenhof der Ferienanlage rollte, stellte er überrascht fest, dass ihn der Gedanke an Oba tröstete. Er war froh, nicht allein sein zu müssen.
    Lunau parkte. Immer wieder drängte sich ihm dasselbe Bild auf: Sara, die auf dem Sofa saß und mit dem Oberkörper wippte.
    Die Fensterläden an der Wohnung waren geschlossen, aber Lunau hörte ein Stimmengewirr und Gelächter. Er klopfte und drückte die Klinke. Die Tür war nicht abgeschlossen. Das Palaver verstummte.
    In der Wohnküche befanden sich Oba und zwei weitere Schwarze. Einer hatte sich ein Handtuch um den Hals gelegt, Oba stand hinter ihm und schnitt ihm die Haare. Mit schnellen Bewegungen der Linken griff er sich einzelne Strähnen, mit der Rechten ließ er die Schere klappern und kappte die Spitzen. Der Küchenboden war voller Haare.
    Oba hielt inne und sagte: »Das ist ein Nebenjob von mir. Ich hoffe, es stört Sie nicht. Sie dürfen sich auch eine neue Frisur von mir wünschen.«
    Lunau winkte ab. Was ihn wirklich störte, war etwas anderes: Amanda, die am Kopfende des Tisches Platz genommen hatte, vor sich eine angebrochene Flasche Wein.
    Lunau starrte das Mädchen an. »Was soll das?«
    Sie stand auf, trat auf Lunau zu und nahm seine Hand. »Bitte, Kaspar.«
    Er zog die Hand zurück.
    Amanda fing an zu weinen und drängte Lunau ins Wohnzimmer.
    »Darf ich heute bei dir übernachten?«
    »Warum schläfst du nicht im Frauenhaus? Da wirst du gebraucht. Hat Joy inzwischen ihre Aussage gemacht?«
    »Sie traut sich nicht. Sie hat Angst, dass ihre Familie Repressalien ausgesetzt sein wird.«
    »Warum fällt ihr das erst jetzt ein?«
    Amanda legte ihre schlanken, trockenen Finger seitlich an seinen Hals und streichelte mit den Daumen die Haut hinter den Ohrläppchen.
    »Glaubst du, so lasse ich mich einseifen?«
    Amanda ließ Lunau los und setzte sich aufs Sofa. »Wieso bist zu so zynisch?«
    »Ich bin nicht zynisch, ich bin Realist. Ich bin doppelt so alt wie du, lasse mich von dir an der Nase herumführen, und wenn ich dir auf die Schliche komme, streichst du mir um den Bart.«
    »Kannst du dir nicht vorstellen, dass ich gerne mit dir zusammen bin?«
    »Nein.«
    Sie schüttelte den Kopf. Lunau betrachtete ihren schlanken Hals, an dem sich die Haarsträhnen kringelten. Ihre Haut war hell und glatt.
    »Ich will einfach, dass wir wieder zusammenarbeiten«, sagte sie.
    »Ich habe den Eindruck, wir sind auf ganz unterschiedlichen Baustellen beschäftigt.«
    Sie hob den Kopf. »Ich lege mich hier aufs Sofa, versprochen.«
    »Nein.«
    »Ich halte es in meinem Zimmer nicht aus.«
    Lunau sah sie an

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