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Der Tote am Lido

Der Tote am Lido

Titel: Der Tote am Lido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
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Endverpackung wird jedes einzelne Tier elektronisch erfasst, mikrobiologisch und chemisch analysiert. Hier in diesen Becken werden die Muscheln so lange geflutet, bis sie ihren Darm entleert und alle Mikrobakterien ausgestoßen haben. Und in der Maschinenstraße da hinten werden die Tiere mit unserem Gütesiegel versehen und abgepackt.«
    Lunau nickte. »Wie haben Sie Meseret kennengelernt?«
    Gianella starrte Lunau an, als hätte er die Frage nicht verstanden. Dann sagte er: »Er stand oft am Hafen, vollkommen allein, und besah sich die Boote. Irgendwann kamen wir ins Gespräch, er erzählte vom Senegal, dass er früher Fischer gewesen war, und wie gerne er einmal mit hinausfahren würde.«
    »Und? Ist er mit Ihnen hinausgefahren?«
    »Das ist illegal. Wenn die Küstenwache einen Fremden an Bord erwischt, der keine Lizenz hat, kostet das fünfhundert Euro Strafe.«
    »Das ist keine Antwort.«
    Gianella starrte auf die Computergraphik, dann auf den Boden. »Ja, ich habe ihn einmal mitgenommen, als mein Sohn krank war. Es gab endlich wieder Dorsche, ich hatte einen riesigen Schwarm entdeckt, ich habe zwar eine elektrische Winde für das Netz, aber trotzdem ist das für einen Mann alleine eine Wahnsinnsplackerei.«
    »Meseret hat sich geschickt angestellt, und dann haben Sie ihn öfter mitgenommen. Bis er gemerkt hat,dass nicht das Fischen Geld bringt, sondern die Muschelzucht.«
    In Gianellas Augen glomm kurz ein Schimmer der Begeisterung, doch dann kniff er die Lider zusammen. »Ja, er war ein kluger Bursche. Ich mochte ihn. Ich hätte mir denken können, dass es Ärger gibt, aber ich wollte ihm eine Lizenz beschaffen, habe ihn als Mitglied in die Genossenschaft aufgenommen.«
    »Und deshalb hat man Meseret getötet und Sie als Präsidenten abgesetzt?«
    »Nein. Wir haben ganz andere Probleme. Die Preise sind im Keller. Ich bin mit meiner Strategie gescheitert.«
    »Welcher Strategie?«
    »Ich hatte mich auf einen Großhändler verlassen, auf Gennaro Tarantella. Er unterstützte unser Modell.«
    »Das heißt?«
    »Wir haben hier ein sehr aufwendiges System. Nicht nur die Reinigung, auch die ökologischen Aspekte. Wir säen drei Mal im Jahr, pflegen den Grund der Lagune, halten uns an streng reglementierte Erntezeiten und -mengen, um den Bestand nicht zu gefährden. Das alles ist teuer und verlangt einen gewissen Verkaufserlös, während andere, die illegal in dreckigen Kanälen Muscheln ernten oder einfach bei uns klauen, die Ware viel billiger anbieten können. Tarantella ist finanziell die Luft ausgegangen und uns damit auch.«
    »Und deshalb haben Sie den Vorsitz in der Genossenschaft abgegeben?«
    Gianella riss den Kopf hoch und errötete. »Woher wissen Sie davon?«
    »Gerüchte.«
    Der Fischer verzog das Gesicht zu einem verächtlichen Grinsen. Lunau fragte sich wieder, ob er dem Mann nicht zu viel Vertrauen entgegenbrachte.
    »Ja, Gerüchte. Ausnahmsweise stimmen sie mal.«
    »Und woher kommt der Wohlstand in Goro?«
    »Das war einmal.«
    »Die meisten Villen, die ich gesehen habe, sind nagelneu oder noch im Bau.«
    »Fischer leben gerne über ihre Verhältnisse. Die Leute wollen sich nicht damit abfinden, dass das Goldene Zeitalter vorbei ist.«
    »Warum haben Sie alle Spuren beseitigt, die auf Meserets Tätigkeit als Fischer hinwiesen?«
    »Das habe ich nicht.« Gianella schien tatsächlich überrascht.
    »Und wer hat Ihnen die Reifen abgefackelt und Ihre Gartenmauer beschmiert?«
    Gianella zuckte mit den Achseln. »Dumme Jungenstreiche.«
    Lunau sah ihm direkt in die Augen. Gianella log.
    »Wie können Sie einem Mann wie De Santis den Vorsitz in der Genossenschaft überlassen? Was weiß er überhaupt von der Muschelzucht?«
    »Das können Sie nicht verstehen.«
    »Dann erklären Sie es mir.«
    Gianella ließ sich auf den Stuhl vor dem Terminal fallen. »Das hat nichts mit dem Züchten zu tun, sondern mit Verkaufsstrategien. De Santis ist der wichtigste Großhändler.«
    »Und indem Sie ihn ins Boot holen, haben Sie einen sicheren Absatz für Ihr Produkt?«
    Gianella nickte.
    Wusste Gianella nicht, mit wem er sich eingelassen hatte? Dass De Santis ein Krimineller war? Der den illegalen Handel der Vu cumpra ’ kontrollierte?
    Lunau behielt sein Wissen für sich und bedankte sich.
    »Bitte sagen Sie niemandem, was Sie von mir erfahren haben«, bat Gianella.
    »Sie haben mir nichts gesagt, was Sie kompromittieren könnte, oder?«
    »Tun Sie mir trotzdem den Gefallen.«
    »Meinetwegen. Sie haben schon genug

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