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Der Tote am Lido

Der Tote am Lido

Titel: Der Tote am Lido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
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Schultern, setzte ihn auf und versuchte, ihn die Treppe hochzuziehen. Er bohrte Löcher in die Müllsäcke, um Lunau unter den Achseln zu fassen.
    Frischluft zog herein, die Wellen knallten gegen den Rumpf, während die Gischt sich als feiner Film auf Lunaus Gesicht legte. Tiefe Nacht, kein Lichtstrahl. Lunau lag nun an der Bordkante, direkt über dem Salzwasser. Er stellte sich vor, wie es in die Säcke eindringen würde, in denen er hilflos strampeln würde, den Knebel im Mund.
    Wie in dem Po-Wasser, in dem er, mit einem Eisengewicht an den Handgelenken, immer tiefer gesunken war, während seine Lungen zuckten. Damals hatte er ein perfektes System der Flusspiraterie aufgedeckt. Ferrareser Behördenchefs hatten ihre Position genutzt, um den Po in eine Gelddruckerei zu verwandeln. Und er hatte das System durchschaut.
    Aber nun? Sara war ein seelisches Wrack, Michael auf freiem Fuß, und De Santis würde die Kontrolle über den gesamten Muschelmarkt übernehmen. Lunau würde verschwinden, Silvia würde schweigen, niemand einen Zusammenhang erkennen. Sein Tod war vollkommen sinnlos.
    Doch dann spürte er Hände, die sich an den Kabelbindern zu schaffen machten.
    »Ganz ruhig«, sagte eine Stimme, die Lunau bekannt vorkam. »Er ist am Steuerrad.« Ein tiefes, sonores Timbre, Gennaro Tarantellas Stimme. Lunau schüttelte den Kopf, um auf den Knebel aufmerksam zu machen. Umsonst.
    Auf der Kommandobrücke brannte ein grünliches Licht, in dem man die Silhouette De Santis’ erkennen konnte.
    Lunau spürte, wie die Blutzirkulation wieder einsetzte. In seinen Füßen und Händen brannte es. Er bewegte die Finger, kämpfte gegen den Schmerz an und knotete mit verkrampften Gelenken den Knebel auf.
    »Haben Sie die Polizei verständigt?«, fragte er Tarantella.
    »Hier ist kein Empfang.«
    Lunau spürte etwas Kaltes, Metallisches in seinen Händen.
    »Was ist das?«, fragte er.
    »Ich glaube, jetzt brauchen Sie sie.«
    Lunau blickte auf eine halbautomatische Pistole.
    Es waren nur noch das Brummen des Motors und der klatschende Rumpf zu hören. Lunau riss den Sackmit den Händen auf und versuchte, sich zu orientieren. Er lag am Bug, neben der Ankerwinde. Vier Meter entfernt eine Kajüte mit Brücke und Sonnendeck. Er lag auf einer luxuriösen Motoryacht. Aber wieso hatte De Santis ihn nicht gesehen? Und wo war Tarantella?
    Der Motor verstummte, und die Yacht trieb, wie auf einer Kinderschaukel tanzend, durch die Wellen. Da tauchte eine Gestalt auf, De Santis. Er kam auf Lunau zu, der unbeweglich liegen blieb. Irgendetwas schien De Santis jetzt doch verdächtig vorzukommen, denn er hielt inne und griff unter seine Jacke. Er zog seine Pistole und schrie: »Was hast du mit ihm gemacht?«
    Wen meinte De Santis? Da er keine Antwort bekam, beugte er sich über Lunau und fasste ihn wieder unter den Achseln.
    »Sie werfen mich hier über Bord? Ist das der Plan?«, fragte dieser. »Man wird Sie drankriegen.«
    »Wieso hat er keinen Knebel mehr?«
    »Der ganze Kutter ist voll von organischen Spuren«, sagte Lunau.
    »Wir können uns eine Putzfrau leisten.«
    »Außerdem habe ich die Polizei informiert, dass ich Ihre Lagerhalle aufsuchen wollte.«
    »Jetzt halt endlich die Klappe. Man wird ganz meschugge von dem Gewäsch.«
    Lunau wurde hektisch. Er wollte weiterreden, aber plötzlich fiel ihm nichts mehr ein. Sein Hirn war wie gelähmt vor Angst. Er spürte die Waffe zwischen den Fingern, aber er wusste nicht einmal, wie man sie entsicherte. »Beantworten Sie mir wenigstens eine Frage«,sagte er und wartete darauf, dass Tarantella endlich etwas unternahm.
    De Santis hatte Lunau wieder unter den Armen gefasst und zog ihn an der Reling entlang.
    »Warum wurde Sara entführt?«
    De Santis schnaubte unter Lunaus Gewicht. »Da müssen Sie Michael Duhula fragen.«
    »Das habe ich. Wieso haben Sie ihn auf Sara losgelassen?«
    De Santis’ Ächzen steigerte sich zu einem heiseren Lachen. »Sie stellen sich die Welt ein bisschen zu einfach vor. Niemand hat ihn auf das Kind losgelassen.«
    »Aber er dachte, dass Joy bei mir ist. Wieso?«
    De Santis versuchte, Lunaus Oberkörper unter der Reling hindurchzuschieben, Lunau streifte den Sack ab, ließ die Arme nach oben schnellen und zog De Santis’ Kopf so heftig nach unten, dass er mit der Nase auf die Reling aufschlug. Er stieß einen Schmerzensschrei aus, und Lunau riss ihn zur Seite, kroch unter dem schweren Leib hervor, setzte sich auf ihn und presste beide Hände gegen seinen Kehlkopf: »Sie

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