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Der Tote im Eiskeller

Der Tote im Eiskeller

Titel: Der Tote im Eiskeller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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ist das?», fragte Helena. «Woher kennst du solche Leute?»
    «Ich kenne die doch gar nicht.» Maline ließ sich auf die Bank zurückfallen und beugte die Schultern vor, um sich hinter Titus zu verstecken. «Er muss mich verwechseln», murmelte sie, «ich kenne ihn wirklich nicht, ebenso wenig wie die beiden anderen.»
    «Du hast es gehört, Lineken.» Titus machte sich vor Malinebreit und warf den Männern einen düsteren Blick zu. «Sag den Kerlen, Pardon, den Herrschaften, wir kennen sie nicht. Nun geh schon.»
    Lineken sah verzagt auf Maline hinunter, die kleine Münze in ihrer Hand wurde feucht, und sie ließ sie in ihren Ausschnitt gleiten. Falls der Monsieur sie zurückforderte, wenn sie ohne Maline zurückkehrte, war sie dort am sichersten. Da roch sie säuerlichen Weinatem und fühlte sich von einer energischen Hand zur Seite geschoben.
    «Na, Mädchen?» Der Mann, der die Schankmagd geschickt hatte, verbeugte sich mit spöttischer Galanterie vor Maline. «Warum brauchst du so lange? Du wirst uns doch deine reizende Gesellschaft nicht vorenthalten. Wenn diese Herren», seine Hand strich eine vage Runde über den Tisch, «keinen Bedarf haben, bring deine Freundinnen gerne mit. Nun komm schon, sonst müssen wir uns woanders umsehen und dir entgeht – dies.» Er hielt eine silberne Münze hoch und ließ sie rasch zwischen den Fingern kreisen.
    Das hätte er nicht tun sollen. Spätestens jetzt begriffen alle, worum es ging. Titus und Jakobsen standen mit einem Ruck auf, Jean erwachte, gähnte und sah sich interessiert die Szene an, die ihn – wie meistens – an eines der Stücke erinnerte, in denen er als jugendlicher Liebhaber brilliert hatte.
    «Nur keine Aufregung!» Der Mann auf der Suche nach einer Hure hob abwehrend und mit nur mühsam verbindlichem Lächeln die Hände. «Nichts für ungut, meine – ähem – Herren. Man kann ja mal fragen. Ich habe mich gleich gewundert, warum sie heute hier ist und nicht   …»
    Mit jedem Satz zog er sich einen Schritt weiter zurück, wo er Maline sonst vermutete, war nicht mehr genau zu verstehen. Es klang nach ‹Madame Regina›.
    «Wer, zum Teufel, ist Madame Regina?», fragte Jean. Er war nun hellwach und sah Maline verwirrt an.
    «Das weiß ich doch nicht!» Maline, tief errötet, erschrak vor dem schrillen Ton ihrer Stimme; sie beugte sich hinunter, fand ihre Zeichenmappe unter der Bank und umklammerte sie. «Er hat mich verwechselt. Was sonst? Oder glaubt ihr etwa, ich sei – so eine?»
    «Quatsch!» Helena legte ihren molligen Arm um Malines schmale Schultern und strich ihr über die Wange wie einem grollenden Kind. «Das tun wir natürlich nicht. Reg dich nicht auf, Maline. So etwas passiert, es ist nicht das erste und gewiss nicht das letzte Mal. Du wirst dich daran gewöhnen, auch daran, die richtigen Antworten für solche Unverschämtheiten bereitzuhalten. Wenn nicht gerade», sie kicherte schadenfroh, «wenn nicht gerade Titus und Jakobsen in der Nähe sind. Die sind bei diesen Gelegenheiten natürlich die beste Antwort. Unschlagbar, sozusagen.»
    Jean schnaufte, leider fand er kein Argument gegen Helenas Versicherung, seine Talente lagen auf anderem Gebiet, und Servatius stand auf, um sich endlich zu verabschieden. Er schloss die Tür nur eine Minute nach den ‹Herrschaften›, die es vorzogen, ihre Bedürfnisse anderswo zu befriedigen.
    «Zu schade, dass sie zu dritt sind», knurrte Titus ihnen nach, «wer weiß, ob in diesen Zeiten jeder für sich alleine heil nach Hause käme.»
    Maline war still auf dem kurzen Heimweg vom
Bremer Schlüssel
zum Kröger’schen Hof und hinauf in die Kammer im ersten Stock. Als Rosina eine zweite Kerze anzündete, um damit in den Hof zu schleichen und endlich Magnus’ Brief noch einmal zu lesen, saß sie auf dem Schemel vor dem Arbeitstisch und blätterte in ihren Zeichnungen.
    «Geh schlafen, Maline», sagte Rosina, «es ist, wie Helenagesagt hat. Sie denken, weil wir herumziehen und uns gegen Geld auf dem Theater zeigen, seien wir auch sonst zu haben. Kennst du das nicht? Bevor du bei dem Optiker gelebt hast, bist du doch auch mit einer Komödiantengesellschaft durchs Land gefahren.»
    «Ja, eigentlich sollte ich daran gewöhnt sein.» Maline legte behutsam die Zeichnungen aufeinander, zupfte an einem Pinsel und rückte einen Rötelstift zurecht. «Es ist schon eine Weile her, das Unangenehme habe ich wohl vergessen. Du gehst noch einmal weg? Jetzt?»
    «Nur in den Hof hinunter.» Rosina hielt ihren Brief

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