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Der Tote im Grandhotel

Titel: Der Tote im Grandhotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Bellin
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breite Einfahrt war sichtbar, sehr großzügig und solide wirkend. Ein Tor öffnete sich automatisch. Sie fuhren eine breite Allee entlang, eine dieser wundervollen Alleen in den neuen Bundesländern mit Bäumen, deren Kronen sich wie gotische Spitzbogen zusammenfügten.
    Als der Wagen knirschend auf dem Kies anhielt, erblickte Britta eine Villa, eher ein Schloß, mit einer breiten Freitreppe und Fronten sehr hoher Fenster an beiden Seiten. Zwei Männer traten an ihren Wagen heran und öffneten die Türen.
    Beide Männer trugen helle Hemden, Jeans und schwarze Lederwesten. Der auf ihrer Seite verzog keine Miene, als sie herauskletterte in ihrer Wolke von Gestank.
    Der Alte war, erstaunlich behende, ebenfalls ausgestiegen und packte nun wieder ihren Arm. Er führte sie zu der Treppe, nahm die Stufen elastisch und so schnell, daß sie nur mühsam mithalten konnte in ihrem geschwächten Zustand. Die breite Flügeltür führte unmittelbar in einen riesigen Raum. Britta hätte ihn als Saal bezeichnet. Er sah wahrhaftig aus wie einer der Räume bei einer Schloßbesichtigung.
    Der Onkel sagte etwas zu einem der Männer, und es bestand kein Zweifel daran, daß er hier zu sagen hatte. Britta meinte den Namen Juri als Anrede herauszuhören. Juri – falls er wirklich so hieß –, nickte und ergriff nun anstelle des Alten ihren Arm. Er führte sie aus dem Saal hinaus, durch einen langen Korridor mit vielen Türen. Er sah aus wie der Gang in einem Hotel, und vielleicht war dies ja auch eins?
    Sie wurde in einen Raum geführt, der wirklich ein Hotelzimmer teuerster Kategorie hätte sein können. Die Tür zum Bad stand offen, ganz in Weiß, Marmor, Frottee, Flausch auf dem Boden, ein Riesenspiegel. Ein Wunder. Noch wunderbarer erschien ihr der weiße Bademantel auf der Lehne eines weißen Sessels, auf den ihr Begleiter zeigte.
    Nur jetzt nicht schwach werden. Nerven behalten. Der Mann drehte stumm die goldenen Wasserhähne über der Wanne auf, sie wagte zu sagen: »Danke, Juri.« Er nickte und ging hinaus.
    Er ging! Sie war allein! Sie lauschte, ob sich der Schlüssel im Schloß drehte oder ein Riegel vorgeschoben wurde. Nichts zu hören. Ihr fiel ein Film ein, den sie vor einiger Zeit gesehen hatte. Ein perverser Kerl hatte da in allen Wohnungen seines Mietshauses Kameras versteckt und konnte so jederzeit beobachten, was die Mieter taten.
    Wenn es hier so war, dann konnte sie es ja auch nicht ändern. Sie zog sich nackt aus, schüttete Badelotion ins Wasser, achtete auf die richtige Temperatur. Noch vor kurzem hatte sie sich dem Tode sehr nahe gefühlt, nun legte sie Wert auf parfümiertes Badewasser. Wie seltsam. Verrückt!
    Angst hatte sie immer noch. Aber sie erkannte, daß man eine Todeskandidatin wohl kaum noch würde baden lassen. Vielleicht wollte Onkelchen sich ihrer Talente als Kurier bedienen?
    Sie badete nur kurz, weil sie nicht nackt in der Wanne überrascht werden wollte, schrubbte sich energisch ab, ließ das Wasser ablaufen und duschte erst heiß und dann eiskalt. Sie fühlte sich besser.
    Der Bademantel war ihr viel zu groß, doch zu große Bademäntel sehen an einer Frau rührend und niedlich aus, wenn sie die Ärmel aufkrempelt und den Gürtel eng bindet. Das hatte Britta schon mehrmals ausprobiert.
    Ihre Kleidung rollte sie zu einem Bündel zusammen, die saubersten Sachen nach außen, weil sie der Gedanke genierte, irgendwer könne das Zeug sehen, anfassen, daran riechen gar. Sie kämmte sich mit einem grobzinkigen, weißen Kamm und spülte den Mund aus, versuchte auch, mit dem Zeigefinger reibend, die Zähne zu putzen.
    Es klopfte an der Tür, und Juri trat ohne weiteres mit einem Tablett ein, das er auf den Tisch stellte. Auf einem Teller waren zwei Brotschnitten mit Schinken und eine Weinrebe nett angerichtet. Eine kleine Kanne mit belebend duftendem Kaffee und ein Kännchen mit Kaffeesahne standen daneben. Tischlein deck dich.
    Juri war schon wieder gegangen, scheinbar ohne sie zu beachten. Brittas Vitalität siegte. Sie setzte sich und aß mit Appetit, ja, sie verschlang die ersten Bissen förmlich, verbrannte sich den Mund am Kaffee und verschluckte sich fast daran. Ihr Leben war aus der Bahn geraten, doch innerhalb ihrer unglücklichen Verfassung ließ ihr diese Mahlzeit den Spielraum für einen animalischen Genuß.
    Wieder öffnete sich die Tür; diesmal war vorher nicht angeklopft worden. Eigentlich hatte Britta die ganze Zeit geahnt, was nun kam. Der Alte trat ein. Er war in eine Art braunen Pyjama

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